„Um das Unmögliche zu erreichen, braucht man nur Mut, Kreativität und ein bißchen Phantasie.“ So lautet das Credo des elfjährigen Alfonso Quijote. Er selbst hat davon fast so viel wie sein berühmter Ururururgroßvater, der legendäre Möchtegernritter Don Quijote. Wie dieser muß der junge Monsterjäger seine Heimat La Mancha gegen unsichtbare Ungetüme verteidigen. Nicht aber Windmühlen, die zu Riesen werden, sind Alfonsos erklärte Gegner (die gibt es zwar auch, aber im Zeitalter der großen Transformation stehen die selbstverständlich auf der Seite der Guten), sondern ein extrem unökologisch denkender und nur auf profanen Profit ausgerichteter Geschäftsmann namens Carrasco und dessen technologisch ausgefeilte Geheimwaffen.

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Das Abenteuer beginnt mit einem jäh aufziehenden Sturm über Alfonsos Heimatort La Mancha und unnatürlich großen, dichten, dunklen Wolken, die unverkennbar etwas mit menschengemachtem Klimawandel zu tun haben, allerdings diesmal zum Glück nur in einer nicht-globalen Variante. Der progressive und proaktive Bauunternehmer Carrasco steckt dahinter. Sein Credo lautet: „Ihr könnt den Fortschritt nicht aufhalten!!“

Mit Freundschaft gegen den Investor

Der Technokrat möchte in La Mancha sein gewinnträchtiges Carrascoland errichten, und dazu müssen alle Einheimischen ihre Häuser verkaufen. Diese sollen den ökologisch bedenklichen Neubauten des von Carrasco anvisierten modernen Wohngebietes weichen. Das von dem Geldgeier unterbreitete verlockende Angebot haben die meisten Einwohner von La Mancha unter dem unerfreulichen Eindruck des neuerdings überraschend garstigen Wetters und infolge eines naturgegebenen Herdentriebs auch schon angenommen. Ausgerechnet die Quijotes jedoch weigern sich. Und so setzt der durchtriebene Carrasco eine unheimliche Wunderwaffe ein, die alle das Fürchten lehrt.

Alle? Nein, drei wagemutige Helden wappnen sich mit Verwegenheit und Unverdrossenheit, um dem mächtigen Gegner und seinem bedrohlichen Sturm-Monster die Stirn zu bieten. Und das sind Alfonso, dessen (un-)heimlicher Schwarm Victoria, ein rauflustiges Waisenmädchen mit herziger Augenklappe und natürlicher Aversion gegen Schnulzen sowie der dickfellige Nachbarsjunge Pancho Panza, Alfonsos einziger echter Freund. Auf dem Weg zur finalen Konfrontation geht es zunächst über die wackeligen Hängebrücken des zerklüfteten spanischen Hochlands und später ganz hoch hinaus in die Luft. Dabei erfahren die drei jugendlichen Ritter von der heiteren Gestalt, was auch in Krisenzeiten trägt: unverbrüchliche Freundschaft und unbedingte Loyalität.

Interesse an Don Quijote erwecken

Die deutsch-spanische Koproduktion von Regisseur Gonzalo Gutiérrez kommt im Gewand zeitgenössischer Ökoparabeln für Kinder daher, hält sich ansonsten aber mit politischen Botschaften zurück. Ein paar Anleihen beim Trickfilmklassiker „Ich – Einfach unverbesserlich“ (2010) sind unverkennbar, auch wenn dessen Kreativität, Alfonsos Eingangsbekenntnis zum Trotz, bei weitem nicht erreicht wird. Zu vieles bleibt in den eingefahrenen Gleisen einer gut geölten CGI-Trickfilmindustrie.

Trotz charmanter Figuren und handwerklich solider Animationen bleibt „Das Geheimnis von La Mancha“ generell hinter großkalibrigen amerikanischen Genrevorbildern zurück, punktet dafür aber mit vielen Verweisen auf der Welt besten Windmühlenjäger, der zwar bei deutschen Zuschauern bei weitem nicht so populär ist wie bei spanischen, sich aber immerhin als Einladung verstehen läßt, sich nach dem Filmtheaterbesuch vertiefend auf das Gesehene einzulassen. Daß selbst die Kleinsten auf diese Weise spielerisch mit einem Klassiker der europäischen Literatur bekanntgemacht werden, nämlich dem von Miguel de Cervantes (1547–1616) erdichteten Epos „Don Quijote de la Mancha“ (1605), ist auf jeden Fall ein Pluspunkt.

Ein nettes Bonbon für Feingeister, die ihre Kinder ins Kino begleiten (müssen), ist auch, daß Alfonsos Vater dem Don Quijote von Miguel de Cervantes nicht nur äußerlich ähnlich sieht; er ist auch selbst mit der Gabe der Poesie gesegnet und spricht ausschließlich in gereimten Versen. Das entschädigt immerhin etwas für die vielen Szenen, die aussehen wie neu verbaute Ersatzteile älterer Animationsfilmproduktionen, und dafür, daß ausgerechnet der Held der Geschichte, Alfonso Quijote, leider eine furchtbar blasse und langweilige Hauptfigur ist.



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