JERUSALEM. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat den Antrag auf einen Haftbefehl kritisiert, den der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), Karim Kahn, gegen ihn gestellt hat. Jeglichen „Vergleich zwischen dem demokratischen Israel und den Massenmördern der Hamas mit Abscheu zurück“, teilte Netanjahu mit.

IStGH-Chefankläger Khan hatte Israels Regierungschef und seinem Verteidigungsminister Joaw Galant Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Konkret sprach er von „gezielter Tötung“, „Aushungern“ und nannte Israels Krieg gegen die Hamas „Vernichtung und/oder Mord“.

Netanjahu: „Kahn gießt Öl ins Feuer des Antisemitismus“

„Mit welcher Unverfrorenheit wagen Sie es, die Monster der Hamas mit den Soldaten der israelischen Armee zu vergleichen, der moralischsten Armee der Welt?“, fragte Netanjahu. Die Anklage sei, als würde im Zweiten Weltkrieg der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt mit Adolf Hitler moralisch gleichgestellt werden. Khan würde „kaltschnäuzig Öl ins Feuer des Antisemitismus zu gießen“.

Auch das deutsche Auswärtige Amt kritisierte die den IStGH-Chefankläger. „Durch die gleichzeitige Beantragung der Haftbefehle gegen die Hamas-Führer auf der einen und die beiden israelischen Amtsträger auf der anderen Seite ist der unzutreffende Eindruck einer Gleichsetzung entstanden“, sagte ein Sprecher.

US-Präsident: „Wir werden Israel immer zur Seite stehen“

Ebenso bemängelte Österreichs Regierungschef Karl Nehammer (ÖVP) Kritik am Vorgehen. „Daß die Anführer der Terrororganisation Hamas, deren erklärtes Ziel die Vernichtung des Staates Israels ist, in einem Atemzug genannt werden mit demokratisch gewählten Vertretern ebendieses Staates, ist nicht nachvollziehbar“, schrieb er auf X.

Unterstützung für Israel bekundete unterdessen das Weiße Haus in Washington. „Was auch immer dieser Ankläger andeuten mag, es gibt keine Gleichwertigkeit – keine – zwischen Israel und der Hamas“, sagte US-Präsident Joe Biden. „Wir werden Israel gegen Bedrohungen seiner Sicherheit immer zur Seite stehen.“

Drei Richterinnen entscheiden über Netanjahu

Die Anklage wird in einer Kammer des IStGH mit drei Richterinnen gehen. Den Vorsitz hat die Rumänin Iulia Motoc. Neben ihr sitzen die mexikanische Richterin Maria del Socorro Flores Liera und die Richterin Reine Alapini-Gansou aus Benin. Bisher entschieden die drei Richterinnen innerhalb eines oder mehrerer Monate. Eine Frist zur Urteilsfindung existiert allerdings nicht.

Stoppen könnten den Prozeß zwei Institutionen. Einerseits könnte Israel selbst Ermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen aufnehmen. Das internationale Gericht wird nur aktiv, wenn nationale Behörden dazu entweder nicht in der Lage sind oder sich weigern. Ebenso könnte der UN-Sicherheitsrat die Strafverfolgung mit einer Resolution für ein Jahr aufschieben.

Konsequenzen drohen Netanjahu nicht sofort. Anderen Politikern wäre es nach einer Verurteilung nicht untersagt, ihn zu treffen. Jedoch wären alle Mitgliedsstaaten des IStGH verpflichtet, den israelischen Regierungschef nach Den Haag, dem Sitz des Gerichtes, auszuliefern, sobald er sich in ihrem Land befindet. (sv)



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