Mit einer neuen „Übergangscharta“ verlängert Militärherrscher Ibrahim Traoré seine Amtszeit. In Mali, Niger und Guinea sieht es ähnlich aus.
BERLIN taz | Der Militärherrscher von Burkina Faso bleibt länger an der Macht. Per Unterschrift hat Militärdiktator Ibrahim Traoré am Samstag eine neue „Übergangscharta“ in Kraft gesetzt, die ihn ab 2. Juli 2024 für weitere 60 Monate im Amt lässt, also bis Mitte 2029. Armeekapitän Traoré hatte sich im September 2022 im Alter von 36 Jahren an die Macht geputscht, nachdem Anfang 2022 ein erster Militärputsch der zivilen Demokratie in dem Sahelstaat ein Ende setzte. Eine erste Übergangscharta im Oktober 2022 hatte das Ende der Militärherrschaft auf den 1. Juli 2024 festgesetzt.
Burkina Faso befindet sich im Bürgerkrieg zwischen der Armee und islamistischen Gruppen, die teils aus dem nördlichen Nachbarland Mali eingedrungen sind, teils ein Eigenleben im Länderdreieck zwischen Burkina Faso, Mali und Niger entwickelt haben. Wegen der grenzüberschreitenden Unsicherheit hat seit 2020 erst in Mali, dann in Burkina Faso und schließlich in Niger das Militär die gewählten Regierungen gestürzt, eine Abwendung von der Ex-Kolonialmacht Frankreich vollzogen und Schritte zur Bildung eines eigenen Staatenbunds in Aussicht gestellt.
Der Krieg in Burkina Faso gilt als der verheerendste der Sahelregion, mit rund 20.000 Toten und zwei Millionen Vertriebenen seit 2015. Weite Landesteile sind von der Außenwelt abgeschnitten, die Versorgungslage der Bevölkerung ist katastrophal. Die Armee führt immer wieder blutige Militärschläge durch, die laut Menschenrechtsorganisationen manchmal mehrere Hundert Zivilisten töten.
Um das zu verschleiern, sind mittlerweile fast alle westlichen Medien in Burkina Faso verboten. Eine im April 2023 verfügte einjährige Geneneralmobilmachung, die dieses Jahr verlängert wurde, ermöglicht den Behörden das willkürliche Einziehen von Jugendlichen und Erwachsenen zum Militärdienst, was zu Entführungen und Fällen von Verschwindenlassen geführt hat.
Vor diesem Hintergrund sollte eine zweitägige Konferenz am 25. und 26. Mai die politische Zukunft des Landes nach Ablauf der Übergangszeit am 1. Juli 2024 beraten. Schon am ersten Tag war die neue „Übergangscharta“ verabschiedet worden. Ibrahim Traoré ist jetzt offiziell nicht mehr „Übergangspräsident“, sondern „Präsident der Republik“. Er regiert per Dekret, bis er ein nicht gewähltes Parlament einsetzt, für das er 20 der 71 Abgeordneten selbst ernennt.
Auch in Mali fünf Jahre im „Übergang“
Nur zwei Wochen zuvor hatten die seit 2020 in Mali herrschenden Militärs ähnliche Weichen gestellt. Ein „nationaler Dialog“ in der Hauptstadt Bamako empfahl eine fünfjährige Übergangszeit für Militärherrscher Assimi Goita, der in den Rang eines Generals zu erheben sei und zum Abschluss der Übergangszeit zu Präsidentschaftswahlen antreten solle.
Goita hatte sich 2021 an die Macht geputscht und 2022 eine zweijährige „Übergangszeit“ mit Wahlen Anfang 2024 versprochen. Die wurden später abgesagt, nun steht 2027 als Wahljahr im Raum. Vergangene Woche reiste Malis Wahlkommission zu Beratungen nach Burkina Faso, weil „unsere beiden Länder eine Dynamik teilen“.
In Niger hat das seit 2023 herrschende Militär dieses Jahr eine dreijährige „Übergangszeit“ vorgeschlagen. In Guinea soll das seit 2021 herrschende Militär noch dieses Jahr Wahlen organisieren, aber davon ist nichts zu sehen.