Stralsund. Wer Sieglinde und Janina Henze nach ihren Lebensläufen fragt, sollte viel Zeit mitbringen. Denn ihre Vergangenheit spielte sich an sehr unterschiedlichen Orten der Welt ab – in Altefähr und Addis Abeba, in Irland und Ägypten. Nun haben Mutter und Tochter zurück zu ihren Wurzeln in Stralsund gefunden.

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Das Wohnhaus, in dem Mutter Sieglinde Henze einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat, kennt jeder Hansestädter: „Fährt man nach Rügen, steht hinter der Brücke auf der linken Seite ein Gebäude mit dem großen Schriftzug ,Hansa Zone’“, erzählt die 74-Jährige. Es tue ihr in der Seele weh, wie es heute aussieht.

„Wir entdecken jeden Tag etwas Neues in Stralsund“

Damals ging die gebürtige Rügenerin erst in Altefähr zur Schule, dann aufs Hansa-Gymnasium in Stralsund. Heute wohnt sie nahe dem Alten Markt. „Es ist toll. Wenn ich aus der Tür trete, bin ich sofort im Herzen der Stadt. Hier ist viel modernisiert worden. Wir entdecken jeden Tag Neues.“

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Tochter Janina Henze bekam sie in Berlin. Die heute 49-Jährige erzählt: „Weil meine Großeltern und Verwandten in Stralsund lebten, war die Stadt immer Teil meines Lebens.“ Als sie im vergangenen Jahr überlegte, wie es weitergehen sollte, stellte sich ein Umzug an den Sund als beste Option heraus. Seit Oktober lebt sie im Bürgermeisterviertel, arbeitet von zu Hause für eine japanische Firma und koordiniert Projektmanager, die jungen Unternehmen assistieren. Sie genießt das neue Leben. „Nur das Wetter könnte besser sein“, sagt sie. Aber aus Irland sei sie einiges gewohnt.

Stralsunderin war als Großmutter im Aupair-Einsatz

Dort zog Janina Henze der Liebe wegen hin, blieb mehr als 22 Jahre. „Adare ist mehrfach zum schönsten Dorf Irlands gewählt worden“, erzählt sie über die Idylle ihrer einstigen Wahlheimat. Mit ihrem Mann bekam sie zwei Töchter. Doch als diese das Elternhaus verließen, die Partnerschaft auseinanderging, das Leben immer teurer wurde und sie auf der Suche nach einem neuen Job war, fragte sie sich, ob der Zeitpunkt für eine Rückkehr gekommen sei.

Zur selben Zeit war ihre Mutter in Kairo. „Ich habe mich bei ,Granny Aupair’ angemeldet. Dabei lebt man in Familien im Ausland und kümmert sich um deren Kinder. Wie Jugendliche auch, nur eben als Großmutter“, erklärt Sieglinde Henze.

Von Damaskus in die DDR und weiter nach Äthiopien

Berührungsängste mit fremden Kulturen hatte sie noch nie. Schon zum Studieren ging sie fünf Jahre nach Moskau. Später arbeitete sie mit ihrem Mann für einige Jahre in Syriens Hauptstadt Damaskus als Diplom-Ingenieurin für Vermittlungs- und Elektrotechnik, lernte die arabische Kultur und den Islam kennen. Damals war Tochter Janina Henze noch klein. „Als Kind nimmt man das alles nicht so wahr“, sagt sie. „Aber ein paar Erinnerungen habe ich noch.“

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Kurz nach der Rückkehr in die DDR erhielt Sieglinde Henze die Anfrage, ob sie nicht auch bei der Polizei in Addis Abeba als Nachrichtentechnikerin arbeiten könnte. Also machte sich die Familie auf in die äthiopische Millionenstadt. Sie führten ein gutes Leben, erzählen von Janina Henzes Einschulung, von Kontakten zum Chef der Marine und von Ausflügen in beeindruckende Nationalparks.

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Werden Mutter und Tochter für immer in Stralsund bleiben?

Nach der Wende zog es Sieglinde Henze und ihren Mann für ein paar Jahre nach Kirgisien und Kasachstan, ehe sie sich ohne ihn in Baden-Württemberg niederließ. Dass sich ihre Tochter für Stralsund entschied, war für sie ausschlaggebend, auch herzuziehen. Die beiden unternehmen viel miteinander.

Ob sie bleiben? Bei diesen Lebensläufen ist nichts ausgeschlossen. „Wir waren schon immer neugierig auf neue Menschen und Umgebungen“, sagt Sieglinde Henze und fügt an: „Ich habe über ,Granny Aupair’ wieder Anfragen aus Kalifornien und aus London. Aber dieses Jahr bleibe ich auf jeden Fall hier.“

OZ



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