Am Ende stellte Caren Miosga eine rhetorische Frage, die stellvertretend für die ganz Sendung stand. „Helfen Sie uns“, sagte Caren Miosga zu ihrem Gast Elisabeth Niejahr. Doch leider konnte Niejahr die Sendung auch nicht mehr retten. Warum? Weil es an diesem Sonntagabend bei Caren Miosga in der ARD keine Debatte gab. Es wurde viel geredet, allerdings kein Punkt herausgearbeitet oder heiß diskutiert.

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Doch der Reihe nach: Eingeladen waren als Gäste der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, Geschäftsführerin des Bereiches „Demokratie stärken“ der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung Elisabeth Niejahr und der Historiker und Publizist Ilko-Sascha Kowalczuk. „Hilft Reden gegen Radikale, Herr Kretschmer“, war die Frage des Abends. Denn der Ministerpräsident ist dafür bekannt, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern seines Bundeslandes zu suchen.

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Miosga wählte einen anderen Einstieg als sonst

Der Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden am Samstag überschattete dabei auch die Sendung am Sonntagabend. Immerhin ist Kretschmer sächsischer Ministerpräsident. Er besuchte kurz vor der Sendung die Solidaritätsdemonstration für Ecke in Berlin.

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Völlig verständlich also, dass Miosga Kretschmers Besuch und den Vorfall als Einstieg für die Sendung wählte. Doch war diese Ernsthaftigkeit zu Beginn der Sendung neu. Sonst begann die Moderatorin eher mit persönlichen Themen oder versuchte über Humor einzusteigen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) ließ sie zum Beispiel von ihrem Motorradlehrer erzählen, Tino Chrupalla (AfD) musste verraten, wie viel Bargeld er dabei hat. Diesmal war das anders. Diese Sendung musste notgedrungen mit diesem schweren Thema beginnen. „Wir stellen uns dem gemeinsam entgegen“, sagte Kretschmer über die Reaktionen auf den Angriff auf Ecke.

Schwer wurde es im Laufe der Sendung auch Miosga gemacht. Denn Kretschmer ist es gewohnt, sich zu streiten. Die meisten Fragen ließ er an sich abprallen oder unbeantwortet.

Ein Beispiel: Miosga konfrontierte ihn mit seinen vergangenen Aussagen über die Grünen und die Leistung der Ampel-Koalition. Kretschmer habe mal „Wir müssen die Grünen loswerden“ und „Die Bundesregierung zerstört die Demokratie“ gesagt, so Miosga und fragte: „Denken Sie persönlich, an solchen Tagen: Ich müsste auch ein bisschen behutsamer mit den politischen Gegner umgehen?“ Doch statt einer klaren Antwort verlor sich der CDU-Politiker erneut in einem Monolog über das Versagen der Ampel und hängte seine Definition für Demokratie hinten dran: „Demokratie heißt, einen Diskursraum zu haben, Beteiligung zu haben.“ Eine Antwort auf die Frage war das nicht und Miosga ließ es ihm einmal mehr durchgehen. Eine interessante Debatte kam so nicht auf.

Kretschmer guckte lieber „Ally MacBeal“ statt „Sex and the City“

Mehr noch. Kretschmer übernahm betont gelassen für kurze Zeit die Führung der Sendung. Er wies Miosga völlig richtig darauf hin, dass unter einem Zitat von Kurt Biedenkopf (CDU) eine falsche Quellenangabe stehe.

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Auch korrigierte er Miosga nach der Frage, ob die Serie „Sex and the City“ gegen Heimweh helfe. Denn er habe früher zu seinen Lebzeiten in Berlin nicht „Sex and the City“ zusammen mit den Parteikollegen Jens Spahn und Julia Klöckner geguckt, sondern „Ally MacBeal“. „Ich steh dazu und das finde ich viel cooler“, sagte er und schmunzelte einer Miosga entgegen, die sich daraufhin sortieren musste und die Zettel ordnete. Zwischenfazit: Miosga hatte Kretschmer nicht im Griff. Sie schaffte es nicht, ihn zu provozieren oder aus seiner Komfortzone zu holen.

Beschädigungen oder Zerstörung von Plakaten sind Alltag im Wahlkampf geworden – hier ein auch in Leipzig präsentes Europawahl-Motiv  von Grünen-Kandidatin Terry Reintke in Berlin.

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Hat die CDU den Rechtsextremismus in Sachsen zu lange ignoriert?

Denn für Provokation war ein anderer an diesem Abend zuständig. Kaum saß er auf seinem Platz, machte der Historiker und Publizist Ilko-Sascha Kowalczuk Kretschmer und der sächsischen CDU Vorwürfe, im Umgang mit Rechtsextremismus versagt zu haben. „In Sachsen gibt es dieses Problem seit 1990 sehr massiv“, sagte der Historiker. Außerdem warf er der CDU mit Blick auf die Vorwürfe gegen insbesondere den Grünen vor, „politische Gegner zu politischen Feinden“ zu erklären.

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Dieser Vorwurf schien Kretschmer zu ärgern. Plötzlich wirkte er nicht mehr so gelassen. Plötzlich war sein Ton härter. So zu tun, dass eine demokratische Partei wie die CDU die AfD ignoriere, sei nicht in Ordnung. „Das lasse ich mir nicht anhängen“, wetterte er über den Tisch Richtung Kowalczuk. „Das ist eine Frechheit.“

Doch dieser Moment war der einzig spannende in dieser Stunde mit Caren Miosga. Danach tröpfelte das Gespräch wieder dahin. „Hilft Reden gegen Radikale?“, war die Frage des Abends. Geredet wurde an diesem Abend viel. Eine Antwort gab es allerdings nicht.



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