München – Es war ein Nervenkrimi bis zum Schluss. Als die Beschäftigten von Galeria am Samstag zur Arbeit gingen, wussten sie nicht, ob sie an diesem Tag wirklich arbeiten würden – oder ob man sie gleich wieder nach Hause schickt.

Der Insolvenzverwalter der Kaufhauskette, die neuen Eigentümer in spe und die Galeria-Manager hatten die Mitarbeiter bis zuletzt im Ungewissen gelassen. Auf dem Weg zur Arbeit wussten die Beschäftigten Samstagfrüh nur, dass 16 der insgesamt 92 Filialen in Deutschland geschlossen werden. Ob ihr Kaufhaus dabei ist – das war die bange Frage.

Galeria in München: Alle vier Filialen bleiben

Alle Häuser, auch die vier in München – am Marienplatz, im OEZ, an der Münchner Freiheit und am Rotkreuzplatz – öffneten am Samstag nicht zur gewohnten Zeit, sondern blieben erst mal geschlossen. Die Mitarbeiter sollten es als Erste offiziell erfahren, in allen 92 Häusern wurden sie gegen 10 Uhr gleichzeitig informiert. “Es war spannend bis zum Schluss”, erzählt eine Verkäuferin bei Galeria (früher Kaufhof) am Rotkreuzplatz. “Es gab Tränen. Tränen der Erleichterung.”

Einige ihrer Kolleginnen arbeiteten seit 40 Jahren im Haus: “Die haben im Kaufhof ihre Lehre gemacht.” Für sie sei es besonders emotional gewesen, als die Nachricht verkündet wurde: Diese Filiale bleibt! Und die drei anderen in München auch.

Galeria-Filiale am Rotkreuzplatz galt lange als Wackelkandidat

Lange Zeit hatte es für das Haus am Rotkreuzplatz gar nicht gut ausgesehen. Bereits in der zweiten Insolvenz galt die Filiale als Wackelkandidat. Nun – in der dritten – erneut. Der Grund: Die hohe Miete, die die Filiale an ihren Vermieter, René Benkos Signa, zahlen musste: etwa 3,3 Millionen Euro im Jahr. Gemessen am Umsatz unverhältnismäßig viel.

“Wir standen schon auf der Streichliste”, so ein Insider zur AZ. “Es war ganz knapp!” Quasi auf den letzten Metern hätten die Signa und ihr Insolvenzverwalter doch nachgegeben und seien mit der Miete runtergegangen. Die Filiale in Würzburg habe dieses Glück nicht gehabt. Obwohl sie einen ähnlich guten Umsatz mache, wird sie geschlossen. Weil dort der Eigentümer nicht mit der Miete habe runtergehen wollen.

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Große Erleichterung bei den Beschäftigten: “Heute ist ein Glückstag”

Die Erleichterung und Freude bei den noch etwa 70 Beschäftigten in dem Kaufhaus am Rotkreuzplatz ist groß. “Heute ist ein Glückstag!”, sagt eine Kassiererin beim AZ-Besuch. Und auch viele Kunden, Passanten und Händler am Rotkreuzplatz freuen sich mit. Die gute Nachricht hat sich schnell herumgesprochen.

“Ich bin so froh!”, sagt etwa Bianca Thaler, die direkt vor dem Kaufhaus ein Standl betreibt. Von 11.15 bis 20 Uhr verkauft sie hier täglich außer sonntags Obst und Gemüse. “Es wäre eine Katastrophe geworden ohne Galeria. Das wär’s gewesen mit dem Hotspot hier”, sagt sie. “Der ganze Platz wäre nicht mehr das, was er mal war. Galeria zieht so viele Menschen an.” Hätte das Kaufhaus dichtgemacht, würde das alle Geschäfte runterziehen, ihres auch.

Zitterpartie überstanden

Die Standlbetreiberin hat die Nöte der Galeria-Beschäftigten täglich mitbekommen. “Ich kenne viele, die hingen so in der Luft”, erzählt Bianca Thaler. “Einige haben gekündigt oder waren oft krank, weil die Situation so belastend für sie war.”

Nun ist die Zitterpartie überstanden. Die Filiale bleibt. Wie genau es weitergeht, mit den neuen Eigentümern, dem US-Investor Richard Baker und dem Unternehmer Bernd Beetz, wissen die Beschäftigten nicht. Es heißt, die Filialen sollten lokaler werden, sich mit ihrem Angebot mehr nach den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner im Viertel richten.

Eine Galeria-Mitarbeiterin zur AZ: “Ich hoffe, wir werden dann auch wieder mehr Einfluss aufs Sortiment nehmen und selbst Ware ordern können. Früher, als wir noch Kaufhof waren, konnten wir das. Als Galeria wurden uns das Angebot von der Zentrale aufs Auge gedrückt.”

Diese Filialen machen zu

Das bange Warten hat ein Ende: Galeria schließt 16 seiner 92 Filialen zum 31. August. Das gab Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Samstag bekannt.

Besonders stark von Schließungen betroffen sind mit jeweils drei Häusern Berlin (Ringcenter, Spandau, Tempelhof), Nordrhein-Westfalen (Essen, Köln Breite Straße, Wesel) und Bayern (Augsburg, Regensburg Neupfarrplatz, Würzburg). Außerdem sollen diese Warenhäuser dicht machen: Chemnitz, Leonberg, Mainz, Mannheim, Oldenburg, Potsdam und Trier Fleischstraße.

Von den rund 12.800 Menschen, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11.400 demnach ihren Job behalten. 1400 werden gehen müssen. Nach Angaben von Galeria wurden mit dem Gesamtbetriebsrat am Freitag Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.

Der Sitz des Unternehmens soll von Essen in die Filiale Düsseldorf Schadowstraße umziehen.





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