Er nennt sich „Natural Born Killer“. Unter diesem Namen hat er sich eine Homepage gebastelt. Die ersten Rubriken hat er bereits mit Fotos und Videos gefüllt. Weiteres Material soll folgen. Die Seiten sind noch nicht online gegangen. „Wir sind davon überzeugt, dass wir eine Serie gestoppt haben“, erklärt Anton Wegmaier von der Kripo Erding. Am 13. August 2002 findet der Vater seine 38-jährige Tochter tot in ihrer Wohnung. Eigentlich wollte er dort die Hecke schneiden. Aber nun liegt sein Kind nur mit BH bekleidet leblos im Wasser der Badewanne. Die Polizei stellt Spermaspuren sicher. „Es gibt Taten, die stechen heraus“, findet Moderator Rudi Cerne. „Auf der einen Seite ist der Täter ein liebender Familienvater, auf der anderen Seite ein skrupelloser Mörder, der seine Fantasien gnadenlos in die Tat umsetzt.“
5000 Speichelproben – kein Treffer
Die Wohnung der Toten liegt im Erdgeschoss einer Reihenhaussiedlung im Münchner Vorort Poing. Der Todeszeitpunkt wird auf die Samstagnacht des 10. August 2002 festgelegt, weil die Tote nicht zu ihrer Verabredung am darauffolgenden Sonntag gekommen ist. Die Leiche weist auch Spuren eines Elektroschockers, Würgemale und Messerstiche am Hals auf. Das Knochenmark ist durchtrennt. Polizeiliche Befragungen in der Siedlung ergeben, dass ein merkwürdiger Mann gesichtet worden sei. Profiler Alexander Horn wird hinzugerufen. Er konstatiert: „Der Täter hat Ortskenntnisse, schaut Gewalt- und Pornovideos und ist 17 bis 28 Jahre alt.“ Die Polizei glaubt, dass hier ein Spanner zum Mörder wurde. In der Siedlung wird Bayerns bis dahin größter DNA-Test durchgeführt. 5000 Proben – kein Treffer.
Eingeschweißte Damenunterwäsche und die Tatwaffe
Eine junge Mutter findet vier Monate nach der Tat bei ihrem Mann ein Video. Der Gatte präsentiert sich darauf stolz mit einer Leiche. Er sagt: „Heute ist es soweit, mein allererstes Video, lehnt euch zurück und genießt es.“ Es dauert zehn weitere Monate, bis die Frau zur Polizei geht und ihren Mann aktenkundig macht. Er hat sie mittlerweile aus der Wohnung geworfen und das Kind behalten. Das Video hat er mittlerweile verbrannt. Aber die DNA passt. In der Wohnung seiner Mutter stößt die Polizei auf 30 Stück eingeschweißte Damenunterwäsche und die Tatwaffe. Auch findet sie 14 Telefonnummern von Frauen, die im Erdgeschoss wohnen. „Heimlich beobachten, Unterwäsche stehlen, anrufen – er hat sich den Frauen immer mehr angenähert“, sagt Kriminalpsychologin Lydia Benecke. Der Täter begeht nach acht Jahren Haft im Gefängnis Selbstmord.
Französischer Forstbeamter findet einen Toten
Noch gruseliger ist wohl ein Fall, den Rudi Cerne als „teuflisch geplant und eiskalt durchgeführt“ bezeichnet. Im März 2005 ruft eine psychisch kranke Frau bei der Polizei an und erzählt von einem Mord an ihrem Vater. „Sie war nicht sehr glaubwürdig“, erinnert sich Dirk Finkler von der Kripo Trier. 1000 Kilometer mit einer Leiche im Kofferraum gemeinsam mit der Mutter quer durch Frankreich zu fahren, um eine Leiche zu entsorgen und ohne entdeckt zu werden, so die Angaben der jungen Frau, sei wenig realistisch gewesen. Ihre Mutter verweigert zudem die Aussage. Die Tochter zieht schließlich die Selbstanzeige zurück. Tatsächlich fand ein Forstbeamter bereits 2001 durch Zufall eine männliche Leiche in dem betreffenden Waldstück. Die Franzosen konnten den Toten aber nicht zuordnen. Später startet die deutsche Polizei eine Anfrage in Frankreich und alle Details am Fundort passen zur Aussage der Tochter.
Eine Leiche bezieht Rente
„Die Mutter schob der Tochter die ganze Verantwortung zu. Jede versuchte der anderen, größtmöglichen Schaden zuzufügen“, erinnert sich Polizist Finkler. Ein Toxikologe wird mit einer Untersuchung der Leiche beauftragt und findet zwei verschiedene Neuroleptika in hoher Konzentration. Was war passiert? Über Jahre hinweg terrorisierte der depressive Mann seine Familie, bis seine Gattin zur Tat schritt und ihn mit Medikamenten langsam töten wollte. Als er sich im Dämmerzustand befindet, überredet die Mutter ihre Tochter dazu, den Vater mit einem Strick zu erdrosseln. Gemeinsam entsorgten sie die Leiche in Frankreich. Die Familie wechselt mehrmals den Wohnort, um das Verschwinden des Mannes zu vertuschen. Da sein Tod nie gemeldet wird, wird seine Rente jahrelang mittels von der Ehefrau gefälschten Unterschriften weiter überwiesen.
Schlechtes Gewissen statt Schizophrenie
„Die Ehefrau will ihren Mann unbedingt loswerden“, analysiert Kriminalpsychologin Lydia Benecke. „Sie scheut allerdings die Tötung und instrumentalisiert ihre Tochter. Sie dachte, dass diese als Täterin nicht zur Polizei gehen würde.“ Die Mutter sei sehr dominant gewesen. Kurioserweise wird auch offenbar, dass die Tochter gar nicht an „paranoider Schizophrenie“ erkrankt war, sondern die nachfolgenden Ärzte schlicht eine dürftige Erstdiagnose ungeprüft übernommen hatten. Die Tochter habe lediglich ein schlechtes Gewissen als Reaktion auf die Tat gehabt. Im März 2008 wird die Tochter zu zehn Jahren wegen Totschlags und die Mutter zu zwölf Jahren unter anderem wegen Anstiftung zum Totschlag und Urkundenfälschung verurteilt. Mittlerweile sind beide Frauen wieder auf freiem Fuß.
Die neueste Folge „Aktenzeichen XY… gelöst“ lief am Mittwoch, 6. März, um 20:15 Uhr im ZDF. Sie ist auch in der ZDF-Mediathek verfügbar.