„Es knirscht an allen Ecken und Enden. Das geht so nicht weiter. Und der Kanzler wird seinem eigenen Anspruch, im großen Stil abzuschieben, in keiner Weise gerecht“, sagte Wüst dem „Stern“. „Nicht ansatzweise werden gerade ausreichend Migrationsabkommen geschlossen, die Rückführungen erleichtern würden.“

Wüst forderte eine Debatte über Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Drittstaaten. „Wir wissen, dass der Migrationsdruck hoch bleibt und Deutschland ein attraktives Ziel bleibt. Daher müssen wir uns auch solchen Lösungen öffnen“, sagte er mit Blick auf Großbritannien und Italien, die in Ruanda beziehungsweise Albanien solche Aufnahmezentren einrichten wollen. „Ich verstehe die Skepsis, stelle aber die Gegenfrage: Was, wenn wir das nicht tun?“, so Wüst weiter: „Eine Migrationspolitik, die ignoriert, was in unserer Gesellschaft los ist, legt die Zündschnur an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Allein nach Nordrhein-Westfalen kämen derzeit jeden Monat bis zu 5000 Flüchtlinge.  „Die Kommunen sind am Limit.“

Wüst knüpft Kanzlerkandidatur an beste Siegchancen

Trotz der klaren Wiederwahl von Friedrich Merz als CDU-Chef hält Hendrik Wüst die Kanzlerkandidatur in seiner Partei für offen und knüpft sie an die Frage, wer in der Union die besten Siegchancen hat. „Entscheidend ist, dass die Union die nächste Regierung anführt“, sagte Wüst dem „Stern“. „Bei der Kandidatenfindung wird natürlich eine Rolle spielen, welcher Kandidat mit welchem Programm die besten Chancen hat. Der Erfolg bei möglichst breiten Bevölkerungsgruppen macht die Stärke von CDU und CSU als Volksparteien aus.“ Wüst sagte weiter: „Es ist doch ein Zeichen von Stärke, dass es mehrere geeignete Persönlichkeiten in der Union gibt. Und jeder wäre besser als der amtierende Kanzler.“

Eine frühzeitige Klärung der Frage lehnte der Christdemokrat ab. „Die Frage der Kanzlerkandidatur wird, wie verabredet, nach den Landtagswahlen in den ostdeutschen Ländern geklärt. So wollen es auch die dortigen Wahlkämpfer.“ Über Parteichef Merz sagte Wüst: „Er ist populär. Und übrigens: Das Geschichtsbuch ist voll mit Wahlsiegern, die in dieser Kategorie nicht vor dem Amtsinhaber standen.“

Wüst setzt zudem auf die Hilfe von Altkanzlerin Angela Merkel im nächsten Bundestagswahlkampf. „Ich würde mich freuen“, sagte er dazu. Er mahnte seine Partei, dass sich Merkels Politik auch künftig im Kurs der CDU wiederfinden müsse. „Wir zeigen doch gerade in unserem Grundsatzprogramm: Die CDU ist breit aufgestellt und wenn wir in Zukunft erfolgreich sein wollen, dann sollten wir das auch bleiben. Unter dem Dach des christlichen Menschenbildes vereinen wir Liberales, Christlich-Soziales und Konservatives. Das war so und bleibt auch in Zukunft so – jedenfalls wenn wir schlau sind.“





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