Berlin. Die Bürgerinnen und Bürger in der Mehrzahl der Bundesländer wählen am Sonntag nicht nur das EU‑Parlament, sondern auch Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage oder Bezirksversammlungen. In acht Bundesländern werden Kommunalwahlen abgehalten. In Thüringen, das bereits vor zwei Wochen wählte, finden mehrere mit Spannung erwartete Stichwahlen um Landräte und Oberbürgermeister statt.

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Gewählt werden Kommunalvertretungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg sowie die Bezirksvertreter im Stadtstaat Hamburg.

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Spannung in den ostdeutschen Bundesländern

Insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg gelten die Kommunalwahlen als mit Spannung erwarteter Stimmungstest für die Landtagswahlen im September. In Thüringen konnte vor zwei Wochen als einzige Partei die AfD hinzugewinnen – sie landete mit 26 Prozent landesweit 8 Prozent vor ihrem Ergebnis von 2019, aber hinter den extrem hohen Umfragewerten für die Landtagswahl. In neun Landkreisen zog die in Thüringen als „gesichert rechtsextrem“ vom Verfassungsschutz beobachtete Partei in die Stichwahl um das Landratsamt ein.

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Ihr werden aber nur geringe Chancen eingeräumt, im zweiten Wahlgang in einem der Landkreise vorne zu liegen. Denn Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott betonte, dass die Union auch dort, wo sie selbst nicht in die Stichwahl gekommen ist, die Kandidaten der demokratischen Parteien unterstütze. Das mag heutzutage wie eine Selbstverständlichkeit klingen, erregt aber aus zwei Gründen Aufmerksamkeit: Herrgott war Anfang des Jahres nur durch die Unterstützung von SPD, Grünen und Linken gelungen, bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis in der Stichwahl den favorisierten AfD-Bewerber zu schlagen.

Wichtiger aber war, dass er mit dem Wahlaufruf seinem eigenen Kreisverband in Hildburghausen widersprach. Der hatte darauf verzichtet, in der dortigen Stichwahl zwischen einem Kandidaten der Freien Wähler und einem erklärten Neonazi Position zu beziehen. Herrgott stellte nun klar: „Ein Neonazi wie in Hildburghausen ist unter keinen Umständen eine Wahl.“

In Sachsen wird bei den Kommunalwahlen interessant, wie Sahra Wagenknechts BSW bei seiner zweiten Wahl abschneidet. In Thüringen erreichte das Polit-Start‑up in drei Kreisen mehr als 10 Prozent und gewann einen Ortschaftsbürgermeister. Auch in Sachsen-Anhalt will das BSW in einigen Landkreisen antreten. Dort und in Brandenburg gibt es zudem BSW-nahe Listen, die meist „Vernunft und Gerechtigkeit“ im Namen tragen. Weil sich der BSW-Landesverband Brandenburg erst Ende Mai gründete, konnte die Partei nicht fristgerecht unter ihrem Label antreten.

Ebenfalls in Sachsen treten erstmals in vielen Regionen die rechtsextremen Freien Sachsen an. Das löst Befürchtungen aus, ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter könnten dann von innen die kommunale Demokratie gefährden. Experten trauen den Rechtsextremen in ihren Hochburgen Ergebnisse zwischen 10 und 15 Prozent zu.

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Immer mehr Parteilose auf den Listen

Bundesweit könnten die Kommunalwahlen einen weiteren Trend verstärken – weg von parteigebundenen Kandidierenden und hin zu lokalen Listen und Unabhängigen. Dabei gilt: Je weiter weg von den Metropolen, desto unwichtiger werden Parteizugehörigkeiten. Ein Beispiel aus Brandenburg: Bei der Bürgermeisterwahl in Angermünde (Uckermark) treten fünf Parteilose gegen einen AfD-Bewerber an. CDU, SPD und Linke haben niemanden gefunden, der für sie ins Rennen gehen wollte.



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