„Bevor sie mich gefeuert haben, wollten sie mich umbringen.“ Eine hochbrisante Aussage, die Pav Gill mit dem ZDF teilt. Gill arbeitete als Justiziar für Wirecard Asien und war schließlich der erste Whistleblower, der den Skandal in der „Financial Times“ aufdeckte.

Bereits im Jahr 2018 fand Gill heraus, dass das Wirecard Asien Gelder über Drittfirmen verschiebt. „Finanziell ergaben die Dinge alle keinen Sinn. Jede einzelne Tochtergesellschaft in der asiatischen Region machte Verluste“, sagt der Whistleblower gegenüber dem ZDF . „Aber jedes Mal, wenn die vierteljährlichen Ergebnisse bekannt gegeben wurden, waren die Einnahmen immer mehrere hundert Millionen.“

Gill meldete 2018 diesen Vorgang der Firmenzentrale in München. Nur einige Monate später wurde er vom Finanzchef Edo Kurniawan zu einem Essen eingeladen. Dabei habe dieser ihm eine Geschäftsreise nach Jakarta abgeboten. „Dann erhielt ich anonyme Anrufe aus Deutschland. Sie fragten: ‘Hallo? Ist das Pav Gill? Wir haben gehört, dass dir gesagt wurde, nach Jakarta zu reisen’“, erinnert sich der Whistleblower. „Fahre nicht, denn du wirst nicht mehr zurückkommen.“

„Niemand wollte etwas unternehmen“

Aus Angst tauchte Gill unter und übergab schließlich seine belastenden Beweise der „Financial Times“. Auch der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft  Ernst & Young , der BaFin und der Staatswanwaltschaft München leitete er die Dokumente weiter. „Aber aus irgendeinem Grund wollte niemand etwas unternehmen. Das war verrückt“, betont Gill. Die Worte Gills könnten damit auch Ernst & Young und die BaFin in Erklärungsnot bringen.

Wirecard war im Jahr der Aufnahme in den Dax-Leitindex der Frankfurter Börse 2018 zeitweise über 20 Milliarden Euro wert. Seit Dezember 2022 muss sich Ex-Vorstandschef Markus Braun wegen Betrugsverdachts gemeinsam mit zwei weiteren ehemaligen Wirecard-Managern in einem Strafprozess verantworten, hinzu kommen zahlreiche Zivilklagen von Insolvenzverwalter, Gläubigern und Aktionären. Braun weist sämtliche Vorwürfe zurück. Diese Aussagen des Whistleblowers könnte im weiteren Verfahren noch von Bedeutung sein.

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