Brüssel. Beim Weg auf die Bühne lächelte Ursula von der Leyen noch und winkte kurz in die Kamera. Doch schon nach wenigen Minuten geriet die amtierende EU-Kommissionspräsidentin erstmals unter Druck. „Ich bin enttäuscht von Ihnen“, ging der Konkurrent Sandro Gozi von den Liberalen zum Angriff über. Von der Leyen habe viel zu wenig Geld für die Verteidigung und Sicherheit mobilisiert, warf der 56-Jährige ihr vor. Ob sie offen für europäische Schulden sei? Es ist ein heißes Thema, dem die erfahrene Politikerin gekonnt auswich.

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Die Finanzierung der Verteidigung müsse überprüft werden, sagte sie, und fügte hinzu: „Es ist jetzt Zeit, über neue Mittel für die EU zu sprechen.“ Doch sie selbst sprach dann nicht darüber. Vielmehr müssten sich das Parlament und die EU-Staaten zusammensetzen und nach einer Lösung suchen. Es wird nicht das einzige Mal an diesem Nachmittag sein, an dem von der Leyen eine Antwort schuldig bleibt.

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Im Brüsseler Plenarsaal lag an diesem Donnerstag Spannung in der Luft, als das EU-Parlament zur Bühne für das größte europäische Wahlevent vor der Europawahl wurde. Es ist die einzige Debatte aller Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, die sich um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten bewerben. In der Regel kommt der Präsident oder die Präsidentin aus der Parteienfamilie, die bei der Europawahl am besten abschneidet. Vor fünf Jahren war das die Europäische Volkspartei, zu der auch CDU und CSU gehören.

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Anstieg der extremen Rechten stoppen

Von der Leyen forderte auf der Bühne schließlich ein Ende der Zersplitterung der Verteidigungsindustrie in Europa und sprach sich für eine gemeinsame Luftverteidigung für die gesamte EU aus. Allen voran müsse die Ukraine weiter unterstützt werden. Dies teilt ihr Konkurrent der Sozialdemokraten, Nicolas Schmit. „Wenn wir die Ukraine nicht unterstützen, werden die Russen demnächst vor unseren Grenzen stehen.“ Alle hätten gerne Frieden, sagte er. „Aber wollen wir uns die Friedensbedingungen von Putin diktieren lassen?“ Die Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke verknüpfte Sicherheit in Europa mit dem Kampf gegen Rechtsextremisten.

Man müsse den Anstieg der extremen Rechten stoppen und dürfe nicht den Sprecher von Wladimir Putin ins Parlament einziehen lassen. Derweil lehnen die Linken weitere Gelder für Verteidigung konsequent ab. „Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben“, mahnte Spitzenkandidat Walter Baier. In die Armeen fließe bereits genug Geld, er will mehr Mittel für Soziales und die Umwelt bereitstellen. Für die Liberalen ist klar: „Für jeden Euro für Verteidigung müssen wir auch einen Euro für Bildung ausgeben“, so Spitzenkandidat Gozi. Der große Schlagabtausch blieb allerdings aus – wohl auch, weil die Störenfriede der rechten Parteien gar keine Kandidaten für den Spitzenjob aufgestellt und daher auch nicht vertreten waren.

©Nicolas Landemard / Le Pictorium/MAXPPP - Bruxelles 19/04/2024 Nicolas Landemard / Le Pictorium - 19/04/2024 - Belgique / Bruxelles / Bruxelles - Arrivee et Allocution de Viktor Orban. Les 16 et 17 avril 2024 la fondation Edmund Burke organisait dans la capitale belge la National Conservatism Conference. Un symposium dont le panel d'invites etait varies et dont les positionnement intellectuels, sociaux ou politiques sont tres marques dans la ligne de la droite conservatrice voire de l'extreme-droite. La presse locale parlait d'un rassemblement des grandes figures de l'extreme-droite europeenne. Une conference qui a par 2 fois ete annulees par les lieux d'accueils puis par le bourgmestre de la commune de Saint Josse Emir Kir, alors que la conference commencait dans un 3eme lieu. Finalement, bien q'un arrete a ete pris, par peur d'un trouble a l'ordre public, la police n'a pas procede a l'evacuation des lieux mais simplement bloque les entrees et sorties des personnes.La decision du bourgmestre a declenche l'indignation de certains elus belges dont le liberal premier ministre qui y voit une atteinte a au debat democratique. - Valeurs ACtuelles out, no jdd, jdd out, RUSSIA OUT, NO RUSSIA #norussia / 19/04/2024 - Belgium / Brussels / Brussels - Arrival and speech by Viktor Orban. On April 16 and 17, 2024, the Edmund Burke Foundation organized the National Conservatism Conference in the Belgian capital. A symposium with a varied panel of guests whose intellectual, social and political positions are very much in the conservative right or even the extreme right. The local press spoke of a gathering of the leading figures of the European far right. A conference that was twice cancelled by the venues and then by the mayor of the commune of Saint Josse, Emir Kir, even though the conference was starting at a 3rd venue. In the end, although a decree had been issued for fear of disturbing public order, the police did not evacuate the premises, but simply blocked peopl

Dubiose Treffen von Brüssel bis Budapest: Wie die Rechten die EU übernehmen wollen

Europas Rechte schmieden bereits Pläne für eine Machtübernahme im EU‑Parlament. Nach den Europa­wahlen im Juni wird ihr Einfluss Umfragen zufolge so groß wie nie zuvor sein. Können die Pro­europäer die Zerstörung der Europäischen Union von innen verhindern?

Einen weiteren Angriff musste von der Leyen abwehren, als sie gefragt wurde, mit wem sie rechts ihrer eigenen Parteienfamilie im künftigen EU-Parlament zusammenarbeiten will. „Schaffen Sie Klarheit“, erhöhte der 70-jährige Sozialdemokrat Schmit, selbst EU-Kommissar für Arbeit, den Druck auf die Kommissionspräsidentin. Die Position der Niedersächsin ist so klar und so schwammig zugleich. Von Parteien ganz rechts außen, wie AfD und Rassemblement National von Marine Le Pen, grenzte sie sich scharf ab. Mit Teilen der nationalkonservativen Rechtspopulisten in der EKR-Fraktion kann sie sich dagegen eine Zusammenarbeit vorstellen, beispielsweise mit Abgeordneten der Fratelli d’Italia von Postfaschistin und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni.

Dass diese in ihrem Land eine umstrittene Verfassungsänderung vorangetrieben und die Medien unter ihre Kontrolle bringen will, löst bei vielen Beobachterinnen und Beobachtern Sorgen aus. Pro Europa, pro Ukraine und pro Rechtsstaat seien ihre Maßstäbe, sagt von der Leyen, und Meloni erfülle diese. „Sie ist ganz klar proeuropäisch, gegen Putin und pro Rechtsstaat.“ Wenn das so bleibe, biete sie Meloni die Zusammenarbeit an. Zu Melonis Diskriminierung von LGBTIQ weicht von der Leyen erneut aus und lässt die Chance verstreichen, sich zumindest von der umstrittenen Innenpolitik der Postfaschistin zu distanzieren.

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Frische Ideen bleiben aus

Doch auch die Liberalen mussten Kritik einstecken. Dass Gozi in seiner Fraktion Abgeordnete hat, deren Kolleginnen und Kollegen Regierungsbündnisse mit den Rechten in den Niederlanden eingehen, ließ Reintke nicht durchgehen. Sie konnte mit eigenen Akzenten zu einer gemäßigten statt aktivistischen Klimapolitik punkten. Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit will sie verknüpfen. Als Tochter eines Landwirts kenne sie die Zukunftsängste der Bäuerinnen und Bauern. Das Deutschlandticket lobte sie als günstige und zugleich nachhaltige Erfolgsgeschichte. Die Grünen wollen in vielen Umweltschutzfragen pragmatisch sein, sagte sie, was als Angebot für eine künftige Zusammenarbeit aufgefasst werden kann.

Ebenso konnte sich Sozialdemokrat Schmit profilieren, der die Klimapolitik sozialverträglicher machen möchte. „Jeder muss ein Gewinner der Klimapolitik sein“, sagte er. Er will gut bezahlte Jobs in grünen Unternehmen und bessere Arbeitsbedingungen fördern. „Jugendliche brauchen Zukunftsperspektiven und hochqualifizierte Arbeit, und es muss ordentliche Sozialleistungen für alle geben.“

Blasser als bei alleinigen Auftritten auf großen Bühnen fiel dagegen von der Leyen auf, die ihre Amtszeit als ihren größten Erfolg zu verkaufen versuchte. Immer wieder sprach sie davon, was sie in den vergangenen Jahren alles für Europa getan habe. Frische Ideen und Konzepte stellte sie an diesem Nachmittag aber nicht vor. Das ließ dafür ihre Konkurrenten glänzen.



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