Berlin. Angesichts hoher Umfragewerte für die in Teilen rechtsextreme AfD hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Vorschlag für eine Grundgesetzänderung zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts vorgelegt. Verhindert werden sollten Bestrebungen, „die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit infrage zu stellen, wie sie seit einiger Zeit in einzelnen europäischen Ländern zu beobachten waren“, heißt es in als Arbeitsentwurf titulierten Gesetzentwurf, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Es sei Ziel, „das Gericht tagespolitischer Auseinandersetzung dauerhaft zu entziehen“.

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Versuche rechtspopulistischer Regierungen, die Unabhängigkeit der Gerichte zu beschneiden, gab beziehungsweise gibt es unter anderem in Polen und Ungarn.

Auch Altbundespräsident Joachim Gauck für bessern Schutz

Auch Altbundespräsident Joachim Gauck plädiert für eine stärkere Absicherung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zum Schutz vor Extremisten. „Ich wünschte mir, dass dies nicht nötig wäre“, sagte Gauck dem RedaktionsNetzwerk Deutschland auf die Frage, ob das Karlsruher Gericht etwa durch eine Wahl seiner Richterinnen und Richter mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag besser geschützt werden sollte. Er betonte aber: „Es erscheint mir sinnvoll, die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz zu stärken, damit es durch eine Zweidrittelmehrheit besser abgesichert ist gegen etwaige extremistische Einflussnahme.“

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Höhere Verbindlichkeit für Richterwahlregeln

Buschmann schlägt vor, dafür die Artikel 93 und 94 des Grundgesetzes zu ergänzen und umzustrukturieren, die sich schon bisher mit Aufgaben und Struktur des Bundesverfassungsgerichts befassen.

Das höchste deutsche Gericht würde demnach in der Verfassung künftig ausdrücklich als „ein allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbstständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes“ definiert. Diese Festlegung ist bisher bereits im Bundesverfassungsgerichtsgesetz enthalten. Durch die Aufnahme ins Grundgesetz bekäme sie eine deutlich höhere Verbindlichkeit. In der Verfassung festgeschrieben würde auch die Verbindlichkeit von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für staatliche Instanzen.

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Zudem würde nach Buschmanns Vorschlag im Grundgesetz die Zahl der Senate auf die bisherigen zwei, sowie die Zahl der Richter und Richterinnen auf jeweils acht pro Senat festgeschrieben. Aufgenommen würde demnach auch die maximale Amtszeit der Bundesverfassungsrichterinnen und -richter von zwölf Jahren, die Altersgrenze von 68 Jahren sowie die weitere geschäftsführende Tätigkeit eines Richters oder einer Richterin nach Ablauf seiner oder ihrer Amtszeit bis zur Bestimmung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin. Dies ist bisher in Gesetzen geregelt, die einfacher geändert werden können als die Verfassung, für deren Änderung Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig sind. Für die Funktionsfähigkeit des Gerichts habe sich diese Struktur bewährt, heißt es im Gesetzentwurf des Ministeriums.

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Über den Gesetzentwurf soll nun mit der oppositionellen Unions-Bundestagsfraktion beraten werden. Diese müsste der Grundgesetzänderung zustimmen, damit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kommt. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, kündigte eine ausführliche Prüfung der Vorschläge an. „Wir werden uns die Vorschläge aus dem Justizministerium natürlich gründlich anschauen“, sagte der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Auch wenn wir keine akute Gefahr für das Bundesverfassungsgericht sehen, stehen wir zu konstruktiven Gesprächen bereit und können uns eine stärkere grundgesetzliche Verankerung der Regeln über das Gericht grundsätzlich vorstellen.“ Zu inhaltlichen Einzelheiten wollte Krings zunächst nichts sagen.



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