Christian Sievers ist ein Nachrichtenmann durch und durch. In der neuen Sendung „Wie geht’s, Deutschland? Die ungerechte Republik“ (Dienstag, 7. Mai, 20.15 Uhr, ZDF) lotet der 54‑Jährige aus, wie es um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland bestellt ist. Seit 1997 arbeitet Sievers fürs ZDF, er war von 2009 bis 2014 Leiter des ZDF-Auslandsstudios in Tel Aviv. Von 2014 bis 2021 moderierte er die Hauptausgabe der „heute“-Nachrichten, seit 2022 ist er Hauptmoderator des „heute journals“.

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Herr Sievers, normalerweise kennt man Sie aus dem „heute journal“, jetzt moderieren Sie eine Liveshow, in der es um das Thema soziale Gerechtigkeit geht. Liegt da in Deutschland was im Argen?

Wir sind ein reiches Land, aber es gibt eine Menge Ungerechtigkeiten. Oder, um es etwas vorsichtiger zu formulieren: ungleich verteilte Chancen.

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Wo sehen Sie diese Ungleichheiten?

Zum Beispiel bei der Bildung, bei der es immer noch eine große Rolle spielt, in welche Umstände man hineingeboren wird. Auch bei Themen wie Arbeit und Wohnen. Ganz wichtig ist auch der Komplex Erbe: Wer erbt, hat meist deutlich mehr als all die anderen – etwa zwei Drittel der Bevölkerung. Alleine von Erwerbsarbeit wird man in den seltensten Fällen reich. Es gibt also viel zu besprechen.

Sie sprechen in der Sendung nicht nur mit Politikern, sondern auch mit ganz normalen Bürgern.

Genau, wir waren im Vorfeld in ganz Deutschland unterwegs, um in der Sendung konkrete Fälle zeigen zu können. Wir haben zum Beispiel eine Familie begleitet, die nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs aus ihrer Wohnung rausmuss und nicht weiß, wie sie eine bezahlbare neue Bleibe finden soll. Wir haben mit einer Verkäuferin gesprochen, die jeden Tag hart arbeitet, aber uns erzählt, wie sie jeden Cent umdrehen muss. Sie muss wirklich jede Ausgabe außerhalb der Reihe ganz genau überdenken. Eine von sehr vielen in Deutschland, die keinerlei finanzielles Polster haben.

Gibt es in der Sendung nur eine Bestandsaufnahme, oder geht es auch um Lösungen?

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Aber klar. Deshalb machen wir das ja in erster Linie. Wir haben Politikerinnen und Politiker im Studio, denen ich genau diese Frage stellen werde: Was sind eure Angebote zur Lösung dieser Probleme, wie wollt ihr die vom Tisch bekommen? Das ist das Anliegen der Sendung – wir wollen nicht nur zeigen, wo was im Argen liegt, sondern auch die verschiedenen Möglichkeiten, da rauszukommen.

Aber erhalten Sie von den Politikern dann nicht die altbekannten Antworten, die sie immer geben?

Ich werde alles tun, um sie nicht vom Haken zu lassen. Das Schöne an dieser Livesendung ist ja: Wir können die Antworten sofort „abklopfen“ mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, die auch dabei sind. Ich verspreche mir spannende Diskussionen zwischen Politik und Wählern. Mir ist sehr wichtig, dass wir tatsächlich Antworten bekommen und das Ganze nicht nach dem Motto abläuft: Jeder Politiker sagt mal was. Außerdem soll es natürlich spannend werden. Deshalb haben wir uns für die Politikerinnen und Politiker auch ein paar kleine Überraschungen ausgedacht. Darauf freue ich mich ganz besonders.

Armut

Ein reiches Land muss investieren

Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – in einer starken Volkswirtschaft ein Unding. Strukturelle Probleme müssen gelöst werden. Und Sozialleistungen müssen als Errungenschaft begriffen werden, nicht als lästiges teures Beiwerk.

Bekommen Sie als gut verdienender ZDF-Moderator von sozialen Nöten überhaupt etwas mit?

Soziale Not ist ja mittlerweile etwas, was man im Straßenbild tagtäglich sehen kann. Ich spreche mit vielen Menschen. Zu erleben, wie jemand hart arbeitet, es aber vorn und hinten nicht reicht und einfach nichts Unvorhergesehenes mehr dazwischenkommen darf, das geht mir nah. Die Inflation spüren wir alle – wenn die Pizza plötzlich 15 Euro kostet. Ich war gerade in Berlin in einem italienischen Restaurant, da begannen die Nudelgerichte auf der Karte bei 24 Euro. Ich bin gleich wieder raus. Da koche ich lieber zu Hause.

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Ist Deutschland für Sie trotz aller sozialen Probleme nach wie vor ein gutes Land?

Ich lebe gerne hier. Aber es gibt eine ganze Reihe von Problemen, die wir anpacken müssen. Manches ist strukturell bedingt, manches politisch, manchmal stehen wir uns selbst im Weg. Ein bisschen mehr Gelassenheit täte uns allen gut. Und da nehme ich mich nicht aus.

Könnten Sie sich vorstellen, woanders zu leben?

In einem langen deutschen Winter mit viel Nebel und Regen kommt regelmäßig der Traum vom kleinen Häuschen auf einer griechischen Insel. Meeresbrise, Sonnenschein, weiß, blau. Aber es ist nur ein Traum.



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