Rund eine halbe Stunde war das GPS-Signal des Regierungsfliegers des britischen Verteidigungsministers Grant Shapps am 13. März gestört – gerade als die Maschine an der russischen Exklave Kaliningrad vorbeiflog. Das berichtete der „Guardian“. Die britische Regierung bestätigte den Vorfall. Es sei nicht ungewöhnlich, dass „Flugzeuge in der Nähe von Kaliningrad, das ja russisches Territorium ist, GPS-Störungen ausgesetzt sind“.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Immer wieder gibt es Meldungen über gezielte Störungen der Satellitennavigation und immer wieder steht Russland unter Verdacht, der Verursacher der Vorfälle zu sein. Anfang Februar wurde etwa bekannt, dass Sicherheitsexpertinnen und -experten bereits seit Dezember 2023 Störungen im nordöstlichen Bereich des deutschen Luftraums verfolgen. Einem Bericht zufolge sollen auch mehrere Tausend Flieger von Fluggesellschaften wie etwa Ryanair von den Störungen betroffen gewesen sein.

Jamming und Spoofing

Welche GPS-Attacken sind überhaupt möglich? Wie gefährlich sind die Störungen für Flugzeuge wirklich? Und welche Schutzvorrichtungen gibt es? „Denkbar sind Attacken gegen alle Systeme beziehungsweise Anwendungen, die sich auf eine Positionierung auf Basis der Signale von Satellitennavigationssystemen (GNSS) stützen“, sagt Florian David, Direktor des Instituts für Kommunikation und Navigation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Weil GNSS-Signale nicht nur zur Positionierung, sondern auch zur Synchronisierung von Systemen eingesetzt werden, können auch Stromnetze, Finanzsysteme oder Telekommunikationsnetze betroffen sein.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

GPS-Störungen können etwa durch eine „Jamming“- oder „Spoofing“-Attacke verursacht werden. Bei ersterem werden starke Störsignale ausgesendet, die die Navigationssignale überdecken. Der Empfänger oder die Empfängerin wird sozusagen „geblendet“, erklärt David. Ein Empfang der Signale sei dann nicht mehr möglich. Beim „GPS-Spoofing“ werden dagegen falsche, aber authentisch aussehende Signale ausgesendet. Konventionelle Navigationsempfänger würden diese nicht als Fälschung erkennen und mitverarbeiten. So werde die Position falsch bestimmt.

Die Wärme der Haut spüren – Prothesen der Zukunft sollen fühlen können

Künftige Hightechprothesen könnten Menschen mit Amputationen nicht nur die Funktion von Beinen oder Armen zurückgeben, sondern auch das Gefühl. Ideen für Anwendungen gibt es viele, doch die technische Umsetzung ist alles andere als einfach.

Ein System mit doppeltem Boden

Wenn GPS-Signale gestört werden, kann das verheerende Auswirkungen haben. Deswegen gibt es – für den Fall der Fälle – einen doppelten Boden. „In Systemen, bei denen die genaue Positionierung und Navigation kritisch für Leib und Leben sein kann, werden stets mehrere Sensoren zur Positionsbestimmung eingesetzt“, sagt David. Der Ausfall der Satellitennavigation sei daher zwar unangenehm, aber nicht als gefährlich einzustufen. Das gilt für Regierungsflieger ebenso wie für Urlaubsflieger. So griff die Besatzung der Maschine des britischen Verteidigungsministers während der Signalstörung auf „alternative Methoden zur Standortbestimmung zurück“, hieß es aus Verteidigungskreisen.

„Bei punktuellem GPS-Ausfall können Flugzeuge auch mit anderen Mitteln sicher navigiert werden“, sagt ein Sprecher des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr dem RND. Luftfahrzeuge würden ihre Position fortwährend mithilfe mehrerer voneinander unabhängiger Systeme bestimmen. „Hierzu zählen unter anderem bodengestützte Navigationsanlagen und bordseitige Trägheitsnavigationssysteme“, sagt der Sprecher. Außerdem bestünde in für Streckenflüge üblichen Höhen eine mehrfache Radar- und Funkabdeckung. Dadurch könnten Luftfahrzeuge unabhängig von den Navigationssystemen grundsätzlich ebenfalls sicher geführt werden. „Die sichere Abwicklung des Luftverkehrs in Deutschland ist zu jeder Zeit gewährleistet.“

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Dennoch werden derzeit alternative Systeme für Positionierung, Navigation und Timing beispielsweise für Luftfahrt und Schifffahrt entwickelt, um Rückfalloptionen zu bieten. „Eine sehr leistungsfähige Gegenmaßnahme sind sogenannte robuste Empfänger, die Jamming und Spoofing erkennen und wirksam unterdrücken können.“ Solche Empfänger würden etwa am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt.

Detaillierte Karten über Angriffe

Wo aber gibt es die meisten Attacken auf GPS-Signale? Eine der detailliertesten Übersicht liefert die interaktive Karte des Open-Source-Projektes GPSJam.org. Die Daten liefert ADS-B Exchange, eines der größten globalen Flugdatennetzwerke. Kürzlich hat Flightradar24 mit der GPS Jamming Map ein ähnliches Projekt gestartet. Dieses steckt jedoch noch in der Entwicklung.

„Derzeit sind Störungen vor allem in aktuellen Krisen- und Kriegsgebieten zu beobachten“, sagt David. Gezielte Attacken beispielsweise gegen die zivile Luftfahrt wie Urlaubsflieger seien nicht bekannt. Teils ließen sich jedoch sehr starke Störungen beobachten. Diese werden von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit EASA derzeit aber nicht als kritisch bewertet.

Das bestätigt auch die Bundesnetzagentur auf Nachfrage. „Aktuell sind vermehrt Beeinflussungen von Satellitennavigationsanwendungen im nordöstlichen Luftraum der Bundesrepublik Deutschland zu erkennen“, sagte eine Sprecherin dem RND. Das Gebiet, in dem Ursachen liegen können, gehe weit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus. „Wir nehmen die Störungen ernst. Gefahren für den sicheren Luftverkehr ergeben sich nach Informationen der Bundesnetzagentur nicht.“

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Im engen Austausch mit der Deutschen Flugsicherung und der Bundeswehr würden mögliche Ursachen untersucht werden. Störquellen auf deutschem Boden und im Grenzgebiet zu den Nachbarländern könnten ausgeschlossen werden. Wenn Ursache und Ort einer Störung festgestellt werden könne, gelte ein festgelegter Meldeweg: Über die Internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union) werde der zuständige Staat zur Ergreifung von Maßnahmen aufgefordert.



Source link www.ln-online.de