Ahlbeck. Hart, aber herzlich ist sie, unsere zweite Regie-Assistentin. „Film läuft, bitte Ruhe“, ruft „Steff“ über den Platz. Oder: „Handys weg, keine Fotos vom Dreh.“ Und: „Nicht in die Kamera gucken“. „Steff“, die eigentlich Stefanie heißt, ist heute meine Chefin, denn sie leitet die Komparsen an während der aktuell auf der Insel laufenden Dreharbeiten für die neuen Usedom-Krimis.
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Beworben habe ich mich nicht als Pressevertreter, sondern das normale Procedere durchlaufen. Die Anfrage bei der Casting-Agentur von Catharina Schwarze aus Trassenheide erfolgte schon vor Wochen. Sie vermittelt Kleindarsteller und Komparsen für die ARD-Erfolgsreihe. Zwei Fotos musste ich einreichen: Porträt und Ganzkörper-Aufnahme. Ich brauchte keine Filmerfahrung, die Produktionsfirma hat mich akzeptiert.
Catharina Schwarze besetzt mit ihrer Agentur die Komparsen-Rollen beim Usedom-Krimi. Hinter ihr rechts: Die zweite Regie-Assistentin „Steff“.
Quelle: Alexander Loew
Usedom-Krimi: Der Drehtag beginnt früh
Und nun bin ich am Filmset an diesem sonnig-kalten Frühjahrstag. Gedreht wird im Seebad Ahlbeck. Gegen sieben Uhr ist unser Team vor Ort: zwei Kleindarsteller, die Mini-Rollen haben, und acht Komparsen, die schmückendes Beiwerk sind, aber auch „liefern müssen, damit das Gesamtkunstwerk stimmt“, wie „Steff“ sagt.
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Malte Heinrich, Tischler aus Greifswald, feiert wie ich Filmpremiere. Andere aus der Gruppe, wie Lutz Knäbel, sind „Profi-Komparsen“. Der Ex-Berufsschullehrer und Pensionär aus Wolgast war bereits bei mehreren Usedom-Krimis dabei. In der jüngsten Trilogie saß er zum Beispiel in der Freester Hafenkneipe, als es eine zünftige Schlägerei mit Verfolgungsjagd gab.
Gespannt: Meine Komparsen-Kollegen am Set in Ahlbeck.
Quelle: Alexander Loew
Kostümbildnerin am Filmset überprüft meine Kleidung
Noch bis Ende dieser Woche wird auf Usedom für die beiden neuesten Krimis gedreht: für Teil 23 „Am Scheideweg“ und für Folge 24 „Emma“. Vor Ort begutachtet die Kostümbildnerin Angelika zuerst meine Kleidung: „Nicht zu auffällig, kann so bleiben“, lautet ihr Urteil. Meine Agentin Catharina Schwarze hat mich gebrieft: „Keine plakativen Farben tragen!“
Meine braune Jacke, schwarze Hose und blaue Mütze kommen also durch den TÜV. Garderobiere Cordelia muss nur kleine Marken-Logos mit Klebeband abdecken, damit’s keine unbeabsichtigte Werbung gibt. Und schon geht’s los.
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OZ-Reporter darf bei drei Szenen im Krimi mitspielen
Bei drei Szenen darf ich mitwirken. Um kurz vor acht steht das „erste Bild“ an der Ahlbecker Konzertmuschel auf dem Plan. Kleindarsteller Dirk Mülling mimt bei sechs Grad Außentemperatur die Leiche mit freiem Oberkörper. Christina Kämmerer, die zweite Kleindarstellerin aus unserem Team, entdeckt ihn als Joggerin voller Schrecken.
Nun stehen wir als Schaulustige am Fundort und wollen wissen, was passiert ist. „Steff“ hilft uns, in die Rolle zu finden: „Ihr fragt euch, ob der Tote der Bruder des Nachbarn ist, der neulich bei euch im Mietshaus war“, gibt sie ein Szenario vor. Zwar wird man nichts von unseren Gesprächen hören, eventuell aber die passende Mimik im Bild sehen.
Dreharbeiten zum Usedom Krimi 2024: Nachdem Kleindarstellerin Christina Kämmerer aus Zinnowitz die Leiche gefunden hat, wird sie von Sanitäter Toralf Mieß, der tatsächlich in der Heringsdorfer Rettungswache arbeitet, versorgt.
Quelle: Alexander Loew
Gedreht werden muss die Szene etwa 15 Mal. Die Hauptdarsteller Till Firit (Kommissar Rainer Witt) und Rainer Sellien (Polizeiobermeister Holm Brendel) beraten sich, während die Komparsen Andre Freyer und Michael Goosmann aus Wolgast, auch im echten Leben Bestatter, die Leiche abtransportieren. Regisseur Matthias Tiefenbacher, eigentlich entspannt und gar nicht dem „Diven-Klischee“ entsprechend, geht das nicht schnell genug: „Das ist ja Slapstick, unfreiwillig“, ruft er.
Dreharbeiten zum Usedom Krimi 2024: Die Komparsen Andre Freyer und Michael Goosmann aus Wolgast, auch im echten Leben Bestatter, transportieren an der Ahlbecker Konzertmuschel die Leiche ab.
Quelle: privat
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Passant meckert: „Bisschen Film und so’n Haufen Leute“
Das zweite Bild führt uns nach dem Mittag (für die Komparsen gibt’s Reispfanne und Rote-Beete-Feldsalat) einige hundert Meter weiter zu „Uwes Fischerhütte“. Hier soll ich mit dem Handy am Ohr vor dem Eingang entlanglaufen, während „Polizeiobermeister Brendel“ das Lokal verlässt. „Steff“ hat mich wieder gut eingestellt: „Du telefonierst mit deinem Chef, der ein Computer-Problem hat und dich an deinem freien Tag in den Betrieb beordert.“
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Einige Spaziergänger wollen durchs Bild laufen, aber „Steff“ hält sie konsequent zurück. „Bisschen Film und so’n Haufen Leute“, brummt ein Passant, Typ Usedomer Seebär. Kurz darauf tritt Kult-Schauspieler Walter Plathe in Erscheinung, der einen Zeugen spielt. Meine Mit-Komparsin Kerstin Klauk aus Altentreptow ist glücklich. Sie kann ein Erinnerungsfoto mit Plathe machen, als auch diese Szene nach vielen Wiederholungen im Kasten ist.
Schönes Erinnerungsfoto: Komparsin Kerstin Klauk mit Schauspieler Walter Plathe an der Ahlbecker Promenade.
Quelle: privat
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Die große Frage: Wie viel wird von uns tatsächlich zu sehen sein?
Inzwischen sind sieben Stunden vergangen – und es wird kalt. Wir stehen ja auch viel zwischen den Aufnahmen. Die letzte Einstellung des Tages ist angesagt, in und vor der Ahlbecker Apotheke. Als Hauptkommissar Witt dort auf die Straße tritt, stehe ich einige Meter entfernt mit Malte (der gern mal eine größere Rolle hätte), Lutz und Kamila Goldmann (die im echten Leben eine Massagepraxis in Bansin führt). Wir spielen Freunde, die sich hier verabredet haben. Um 17 Uhr – nach fast zehn Stunden – ist schließlich alles im Kasten. Regisseur und Crew applaudieren.
Jetzt stellt sich für die Komparsen die große Frage, wie viel von ihnen tatsächlich in den beiden neuen Usedom Krimis (Ausstrahlung im November 2024) zu sehen sein wird. 125 Euro haben sie auf jeden Fall verdient (das ist der Tageshöchstsatz). Kleindarsteller bekommen 250 Euro. Wichtiger als das Geld sind den meisten aber die Eindrücke am Set.
Bei den zwei neuen Folgen des Usedom-Krimis dabei: Rikke Lylloff, Till Firit, Elsa Krieger, Regisseur Matthias Tiefenbacher und Katrin Sass.
Quelle: Florian Kaposi
Es ist interessant zu sehen, wie so ein Film entsteht. Auch den Stars kommt man nah. Serienheldin Katrin Sass (alias Ex-Staatsanwältin Karin Lossow) ist an diesem Drehtag zwar nicht dabei, dafür aber viele andere Hauptdarsteller – und ein kurzes Gespräch mit den Promis ist für die Fans unter den Komparsen auch drin.
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Selbst wenn ich persönlich jetzt nicht von der Filmkarriere träume, hätte eine Rückkehr zum Usedom-Krimi durchaus Reiz für mich. Hoffentlich dann wieder mit „Steff“ und ihren klaren Regie-Ansagen.
OZ