Osteuropa-Experte Ulrich Schmid hält es für unwahrscheinlich, dass die USA oder die Ukraine hinter dem Anschlag auf die Konzerthalle stecken. Die USA hatten Russland zuvor vor einem möglichen Anschlag gewarnt. Die Ukraine könne man nie ausschließen, so Schmid zu dem Schweizer Nachrichtenportal „20min“. „Der ukrainische Geheimdienst hat sich bisher aber auf Angriffe auf die Erdölindustrie in Russland konzentriert. Zudem gab es bisher keine Terroraktionen gegen zivile Großanlässe.“ Der Anschlag auf die Konzerthalle passe nicht zur Handschrift des ukrainischen Geheimdienstes, so Schmid.
19 Stunden bis zum Statement: „Putin war offenbar überrascht“
Und was mit Putin? Vor allem seine Reaktion auf den Anschlag wirft Fragen auf. Der russische Präsident reagiere normalerweise schnell, sagt Russland-Forscher Alexander Dubowy zu „20min“. „Dieses Mal hat er 19 Stunden lang mit der Ansprache gewartet. Er war offenbar überrascht und wollte sich seine Erzählung zurechtlegen. Dann werden Schuldige gesucht, die ihre Posten aufgeben müssen.“ Eine Inszenierung des Überfalls durch Putin hält Dubowy daher für sehr unwahrscheinlich.
Der Anschlag spiele Putin eher in die Hände. “Er kann sich als Retter des Vaterlands darstellen und seinen ohnehin harten innenpolitischen Kurs noch verschärfen“, so Schmid. Repressionen und Überwachungen könne Putin unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung noch besser rechtfertigen. Doch: „Sollte sich herausstellen, dass Russland den Anschlag hätte verhindern können, könnte es für Putins Machtstellung möglicherweise ein Problem werden“, so Dubowy. „Putin ist dann nicht mehr der starke Mann, der Russland schützen kann.“
Bei den Anschlag in Krasnogorsk im Nordwesten von Moskau im Veranstaltungszentrum Crocus City Hall starben mindestens 133 Menschen. Die Terrormiliz Islamischer Staat hat sich zu der Tat bekannt. Der Angriff habe laut einem Bekennerschreiben „Tausenden Christen in einer Musikhalle gegolten“.