München – Die Liste an Trainerkandidaten war lang, der Favorit klar: Xabi Alonso sollte im Sommer die Zügel an der Säbener Straße übernehmen. Doch der Spanier erteilte dem FC Bayern eine Abfuhr. Damit geht die Trainer-Suche für Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund in die nächste Runde. Interesse an einem Comeback zeigt laut “Kicker” auch Sextuple-Coach Hansi Flick. Allerdings wurde mit dem 59-Jährigen, der im letzten September als Bundestrainer entlassen wurde, von Bayern-Seite noch kein Kontakt aufgenommen.
Intensiver diskutiert werden an der Säbener Straße aktuell vor allem drei Namen: Roberto De Zerbi, Ralf Rangnick und Julian Nagelsmann. Drei Trainer, die allesamt grundverschieden sind, doch durchaus das Potenzial besitzen, die Nachfolge von Thomas Tuchel anzutreten.
FC-Bayern-Option 1: Roberto De Zerbi, der bewunderte Perfektionist
Roberto De Zerbi (44): Der Italiener steht laut Sky vor allem bei Eberl hoch im Kurs. Mit ihm würde man sich den Trainernewcomer schlechthin angeln. Zwar rangiert De Zerbi mit Brighton & Hove Albion derzeit nur auf Tabellenplatz neun in der Premier League, doch selbst Startrainer wie Pep Guardiola schwärmen vom 46-Jährigen: “Sie sind eines der Teams, von denen ich versuche, viel zu lernen.”
Damit ist der Coach von Manchester City nicht alleine. “Sebastian Hoeneß und auch Fabian Hürzeler schauen viele Brighton-Spiele an. Er dient da schon als Vorbild”, verrät Trainer-Insider Anselm Küchle der AZ. Der promovierte Sportmanager und Vize-Chef des Internationalen Fußball-Instituts (IFI) mit Sitz in München hat sich in seiner Doktorarbeit intensiv mit Trainerkompetenzen im Spitzenfußball auseinandergesetzt und steht mit zahlreichen Bundesligatrainern im Austausch.
Was viele Kollegen an De Zerbi bewundern, ist der extreme Ballbesitzfußball, den er seine Teams spielen lässt. “Das Merkmal schlechthin bei ihm sind seine einstudierten Spielzüge und sein Perfektionismus”, so Küchle: “Ich erinnere mich an Szenen, wo die Spieler durch den Strafraum passen, was extrem provokant wirkt.”
Diese dominante Spielweise könnte dem FC Bayern durchaus neues Leben einhauchen. Der Vorteil dabei: De Zerbi lässt im bei Bayern präferierten 4-2-3-1-System spielen. Doch ganz ohne Risiko wäre die Verpflichtung nicht. De Zerbi hat bisher keine Erfahrung mit Top-Teams. In seiner Vita stehen Vereine wie Sassuolo und Donezk. Auch würde der Brighton-Trainer (Vertrag bis 2026) nicht zum Nulltarif in die bayerische Landeshauptstadt wechseln. De Zerbi selbst ließ seine Zukunft zuletzt offen: “Ich habe einen Vertrag, aber ich möchte mit meinem Verein sprechen, um ihre Pläne zu verstehen.”
Angeblich hat Bayern mittlerweile auch Konkurrenz durch den FC Liverpool bekommen. Dort sucht man im Sommer bekanntlich einen Nachfolger für Jürgen Klopp. Große Fußstapfen aber auch ein verlockender Job, für einen Coach, der sich auf der Insel wohlfühlt.
FC-Bayern-Option 2: Ralf Rangnick, der Projektmanager für Erfolg
Ralf Rangnick: Den “Fußball-Professor” kennt vor allem Sportdirektor Freund bestens aus gemeinsamer Zeit beim FC Red Bull Salzburg. “Ich glaube, dass man bei Ralf Rangnick das Paket Alpha-Männchen bekommen würde, das Paket Macher”, erklärt Küchle. Vor allem in Hoffenheim und bei Leipzig hat der 65-Jährige gezeigt, dass er als Projektmanager das Fundament für Erfolg legen kann. “Er ist jemand, der die Zügel über das normale Trainersein in der Hand haben will.” Das zeigt Rangnick auch aktuell beim ÖFB (Vertrag bis 2026), wo er keinen Stein auf dem anderen lässt.
Für die Bayern würde das bedeuten, dass man Rangnick ein Mitspracherecht bei Transfer und Infrastrukturprojekten einräumen müsste. Dass der derzeitige Österreich-Coach so viel Beinfreiheit an der Säbener Straße bekommen würde, scheint unwahrscheinlich. Immerhin wird der Bayern-Kader seit jeher von den Verantwortlichen zusammengestellt.
“Ich glaube nicht, dass Rangnick authentisch agieren kann, wenn er nicht in anderen Bereichen das Mitspracherecht hat”, so Küchle. Weiterer Minuspunkt: Auch für Rangnick müssten die Münchner eine Ablösesumme zahlen.
FC-Bayern-Option 3: Julian Nagelsmann, der selbstbewusste Lernwillige
Julian Nagelsmann: Immerhin wäre der 36-Jährige nach dem Turnier im eigenen Land zum Nulltarif zu haben. Wird der FC Bayern da schwach? Für Küchle würde ein Comeback passen: “Die Dinge, die er ausstrahlt, sind Selbstbewusstsein, Innovation und fachliche Stärke. Damit sollte sich Bayern auseinandersetzen.”
Zu den Befürwortern einer Rückholaktion zählt Klub-Patron Uli Hoeneß, der jüngst klar machte: “Den Trainer habe nicht ich ausgetauscht. Der Verein hat den Trainer ausgetauscht, was nicht unbedingt klug war.” Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Nagelsmann laut AZ-Informationen nicht nur in der Führungsetage prominente Gegenstimmen hat.
Küchle glaub jedoch, dass Nagelsmann aus seiner ersten Amtszeit beim FC Bayern Lehren gezogen hat: “Jeder Trainer hat eine Lernkurve, aber bei ihm ist sie schon relativ steil.” Problem für Bayern: Diese Entwicklung hat man längst auch beim DFB bemerkt, weshalb man der Verband den Vertrag mit dem Bundestrainer rasch über die EM hinaus verlängern möchte.