Die Freude über den BVB-Einzug ins Champions League-Finale hielt am Mittwochabend nur kurz. Viel Zeit zum Jubeln blieb in 45 Minuten Sendezeit nicht. Jan-Henrik Gruszecki, früher selbst mal Ultra, heute die rechte Hand von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, musste sich schnell mit ernsteren Angelegenheiten befassen. Gewaltbereite Fans und sogenannte Hochrisikospiele bilden einen dunklen Schandfleck beim Thema Fußball. Nicht wegzurubbeln, egal wie fest man reibt.

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Hintergrund war ein Streit zwischen der DFL und dem Stadtstaat Bremen aus dem Jahr 2015. Bei einem Fußballspiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV entstanden Mehrkosten für einen aufwändigen Polizeieinsatz. Die wollte Bremen nicht allein tragen und reichte die Rechnung kurzum an die Deutsche Fußball Liga weiter. Fazit: Inzwischen kümmert sich das Verfassungsgericht um die Sachlage. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Die Frage, die das Gericht nicht klären wird: Wie kann man Gewalt beim Fußball grundsätzlich reduzieren?

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Gruszecki über Gästeverbot beim Fußball: „Hat was von Sippenhaft“

„So sieht es nicht jedes Wochenende in jedem Stadion aus“, wiegelte Gruszecki ab, nachdem die Redaktion Bilder eines aufgeheizten Fanblocks im Stadion gezeigt hatte. Dass sich die Vereine zukünftig an den Einsatzkosten der Polizei beteiligen könnten, sei für den Hamburger Innensenator Andy Grote lediglich die „Ultima Ratio“. Die Polizei als Dienstleister, das könne sich Gruszecki so gar nicht vorstellen. Dafür zahlen Fans und eben auch Nicht-Fans bekanntlich Steuern, so die Meinung des Ex-Ultras. Für Eva Quadbeck, Chefredakteurin vom „RedaktionsNetzwerk Deutschland“, spräche nichts gegen eine Beteiligung der Vereine an den Polizeikosten, sollte das Verfassungsgericht seine Zustimmung im Fall Bremen geben.

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Da war ja noch der Begriff „Gästeverbot“, den Lanz wohlweislich ins Spiel brachte. Ein Vorschlag der niedersächsischen Innenministerin Daniela Behrens (SPD), der bedeute, dass es erstmal keine Fan-Unterstützung mehr bei den nächsten Auswärtsspielen gäbe. „Hat was von Sippenhaft“, spitzte Gruszecki die Forderung der Politikerin zu und wirkte dabei wie ein beleidigter Junge, der auf dem Rasen vorm Haus nicht mehr bolzen darf. Nur weil einer sich daneben benähme, müsse man schließlich nicht alle bestrafen. „Ich halte es nicht für durchsetzungsfähig“, so der BVB-Mitarbeiter. Andy Grote dagegen schon, aber nur dann, „wenn wir es nicht anders in den Griff bekommen“. Wenn das „Miteinander reden“ nicht mehr helfe.

Zweite „Kalifat“-Demonstration für Samstag angekündigt

Apropos in den Griff bekommen: Die Demonstration der als islamistisch eingestuften Gruppe „Muslim interaktiv“ lief in Hamburg ziemlich aus dem Ruder. Die Forderungen nach einem Kalifat sollen bei der zweiten Demo am Samstag streng untersagt werden, kündigte Grote an. Die Umsetzung dürfte schwierig werden, schließlich würden die Veranstalter juristisch beraten. „Es kommt auf jeden Satz an“, erklärte Grote. Warum kommt es überhaupt zu einer zweiten Demonstration, möchte man fragen. Kalifat meint schließlich nichts anderes, als die Abschaffung der Demokratie. Ein grundsätzliches Demonstrationsverbot habe man nicht durchsetzen können, wich Grote den hartnäckigen Fragen von Lanz aus. Man würde den juristischen Rahmen ausschöpfen, so weit es eben gehe.

Dass die CDU bereits einen Verbotsantrag für Veranstaltungen dieser Art gestellt hatte, tat der Hamburger Innensenator als reinen „Schaufensterantrag“ ab. Zeitgleich ignorierte er die Ablehnung des Antrags von SPD und Grünen. „Da haben sich Grüne und SPD nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert“, intervenierte Journalistin Eva Quadbeck. Wenn die Politik „Muslim interaktiv“ rechtzeitig verboten hätte, müsse man diese Debatte jetzt auch nicht führen. Die Volksverhetzung fände überwiegend in den sozialen Netzwerken statt, woraufhin Grote versicherte, man würde nur jeden noch so kleinen Schriftzug überprüfen. Tatsächlich?

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1000 Leute auf einer Demonstration seien ja noch keine gefährdende Dimension, sagte Grote ein paar Sätze später. Als Zuschauender wurde man das Gefühl nicht los, er wollte sich mit diesem Satz selbst beruhigen. Ist das Warten auf die gefährdende Dimension tatsächlich die Lösung? Mitnichten, wie Eva Quadbeck erläuterte. Sich politisch für ein Verbot starkzumachen und damit ein wichtiges Signal zu setzen, müsse ein hohes Anliegen der Politik sein.

Die RND-Chefredakteurin forderte eine klare Kommunikation, beispielsweise auch im Fall der blauen Moschee in Hamburg, die seit 30 Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet werde und in der sich zahlreiche Gläubige radikalisiert hätten. Das Schlusswort wollte Grote ihr nicht überlassen. In vorgebeugter Haltung, die Hände zur mächtigen Merkel-Raute geformt, wiederholt der Hamburger Innensenator sein Mantra: „Alles, was wir tun können, wird auch gemacht.“



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