Im Spätsommer, genauer gesagt nach den Landtagswahlen im Osten, soll es so weit sein: Dann plant die Union, ihren Kanzlerkandidaten auszuwählen. Auch wenn derzeit alles auf CDU-Chef Friedrich Merz zuzulaufen scheint, ist die K-Frage offiziell nicht entschieden. Das führt zu der mitunter merkwürdigen Situation, in der die potenziellen Kandidaten um konkrete Antworten herumtänzeln. Zeit, einen Blick auf die jüngsten Zitate von Merz, Hendrik Wüst und Markus Söder zu werfen und zu analysieren, welche Chancen sie haben.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Ich fühle mich fit, und mein Alter kann ich nicht ändern.

CDU-Vorsitzender Friedrich Merz

Mit diesem Satz im „Stern“-Interview signalisierte Friedrich Merz das erste Mal öffentlich Interesse an der Kanzlerkandidatur der Union. Von Selbstzweifeln, die der Parteichef noch vor wenigen Monaten geäußert hatte, ist keine Spur mehr. Mangelnde Popularität unter Frauen könne er nicht feststellen, sagte er. In einem Interview vom Dezember klang das noch ganz anders, als der CDU-Chef die eigene Popularität bei verschiedenen Wählergruppen anzweifelte sowie auf sein Alter hinwies. Kurz nach der nächsten regulären Bundestagswahl 2025 wird Merz 70 Jahre alt. Nun schlägt er diesbezüglich andere Töne an, was durchaus auf einen inneren Prozess in Richtung Kandidatur hindeuten könnte.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Wenn Friedrich es will, dann wird er es“

Nach derzeitigem Stand hat Merz die besten Chancen auf eine Kandidatur. „Wenn Friedrich es will, dann wird er es“, heißt es in der Union immer wieder. Dass ihm die Kandidatur nicht mehr zu nehmen sei, davon gehen inzwischen viele in den Landesverbänden aus. Denn die Union steht stabil und vor allem geschlossen da. Kritik von Parteikollegen ist in der Öffentlichkeit nicht zu hören. Große Fehler hat er sich zuletzt nicht geleistet.

Seit Ende Februar tourt die CDU-Führung durch Deutschland, um mit den Mitgliedern über das neue Grundsatzprogramm zu diskutieren. Die Veranstaltungen sind gut besucht, die Reden von Merz kommen im Großen und Ganzen gut an. Intern spricht man von den „Merz-Festspielen“. Auch für die Stuttgarter Konferenz am Freitagabend war fröhliche Stimmung erwartet worden.

Friedrich Merz bei der Grundsatzprogrammkonferenz in Köln: Seine Rede bekam Standing Ovations.

Friedrich Merz bei der Grundsatzprogrammkonferenz in Köln: Seine Rede bekam Standing Ovations.

Nicht wegzudiskutieren sind die Risiken, die die Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bergen. Sollte die in weiten Teilen rechtsextreme AfD ein starkes Ergebnis erzielen, wird die Regierungsbildung insbesondere in Thüringen zur großen Herausforderung. Kommt es zu einer Zusammenarbeit jeglicher Art der CDU mit den Rechtsradikalen – was der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt allerdings ausschließt – wird Merz in Bedrängnis geraten.

Ein zweites Mal ist das eher extremst unwahrscheinlich.

CSU-Chef Markus Söder

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hat eine erneute Kanzlerkandidatur in den vergangenen Monaten oft ausgeschlossen. Das klingt dann meist so: „Für mich ist das Thema erledigt.“ Und: „Meine Lebensaufgabe ist Bayern.“

Doch der ehemalige Journalist hat ein Händchen dafür, Botschaften zwischen den Zeilen zu platzieren. Das war etwa in der ARD zu beobachten, als Moderatorin Caren Miosga ihn nach seinen Ambitionen fragte und er ein „eher“ einbaute. Damit lässt sich Söder ein Hintertürchen offen. Führende CDU-Kreise haben nicht vergessen, dass Söder von seiner Aussage, sein Platz sei in Bayern, nichts mehr wissen wollte, als die Kandidatur 2021 möglich schien. Auch deshalb glaubt ihm in der CDU niemand, dass er sein Ziel komplett aufgegeben hat. „Wer das einmal wollte, will es weiterhin“, lautet die einhellige Meinung.

Markus Söder bei einer Plenarsitzung des bayerischen Landtags. Der CSU-Chef pocht auf den abgemachten Zeitplan für die K-Frage.

Markus Söder bei einer Plenarsitzung des bayerischen Landtags. Der CSU-Chef pocht auf den abgemachten Zeitplan für die K-Frage.

Eine weitere Aussage Söders, die aufhorchen ließ: „Es ist eine sehr, sehr lange Zeit.“ Und: „Es gibt noch andere in der CDU, die wollen.“ Der CSU-Chef dürfte darauf anspielen, dass die Landtagswahl noch einiges durcheinanderwirbeln könnte. Mit dem Hinweis auf andere Kandidaten in der CDU treibt er den Preis für seine Unterstützung eines Kanzlerkandidaten Merz in die Höhe. Die CSU drängt nicht ohne Grund auf den abgemachten Zeitplan. „Alle Bewertungen jetzt sind zu früh“, sagte auch der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, dem RND.

Bei den Christsozialen gibt es längst ernsthafte Überlegungen, welche Forderungen man stellen könnte – etwa mit Blick auf Kabinettsposten. Das zeigt aber auch, dass man sich bewusst ist: Für einen Kanzlerkandidaten Söder stehen die Chancen derzeit sehr schlecht, deshalb will man das Beste für sich herausholen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Ich bin gerne Ministerpräsident, und in Nordrhein-Westfalen gibt es viel Arbeit.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst

Wann immer der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst auf eine etwaige Kanzlerkandidatur angesprochen wird, verweist er auf die Arbeit in seinem Bundesland. Die Botschaft: Dort habe ich noch viel vor. Aber: Eine Kandidatur schließt er trotzdem nie aus – das war zuletzt in der Sendung „Maischberger“ zu beobachten. Auch Hannelore Kraft dürfte ihm im Gedächtnis geblieben sein.

Die ehemalige NRW-Ministerpräsidentin von der SPD versicherte „nie, nie“ Kanzlerkandidatin werden zu wollen und beschädigte damit ihr Profil. Wer das größte Bundesland regiere, müsse sich immer auch die bundespolitische Bühne zutrauen. Und mit ihrem Verzicht habe sie an politischem Gewicht verloren – so die damalige Interpretation. Merz selbst sagte einmal, er habe Wüst deshalb geraten, mit der Kanzlerkandidatur zu spielen. Spiel oder Ernst? Wüst nimmt sich jedenfalls nicht selbst aus dem Rennen. Und der CDU-Politiker ist bekannt dafür, Rivalen aus dem Weg zu räumen, um an die Macht zu kommen.

Ob Wüst tatsächlich schon bei der nächsten Bundestagswahl antreten will, ist unklar. Seine Anhänger und Gegner in der Partei verweisen darauf, dass aus Nordrhein-Westfalen derzeit nichts zu hören sei: keine Kritik an Merz, keine weiteren Angriffe in Form von Gastbeiträgen. Vor dem Parteitag 2023 hatte Wüst einen Namensbeitrag in der „FAZ“ veröffentlicht, der als Kritik am Merz-Kurs gewertet wurde. Auch in den Gremiensitzungen, so berichten Teilnehmer, sei er besonders freundlich.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst nimmt sich nicht aus dem Rennen um die Kanzlerkandidatur.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst nimmt sich nicht aus dem Rennen um die Kanzlerkandidatur.

Einerseits hat der 48-jährige Wüst noch Zeit und keine volle Amtszeit als Ministerpräsident hinter sich. Andererseits: Bis zur nächsten Wahl 2027 kann viel passieren. Noch regiert Schwarz-Grün recht harmonisch. Ob das so bleibt, weiß niemand. Wüst gilt als anschlussfähiger – bei jungen Leuten, Frauen und Wählern der Mitte. Das könnte ihm in die Hände spielen, da die CDU nicht noch einmal in der Opposition landen möchte. Dafür müsste er aber wohl langsam anfangen, im Hintergrund offensiver für sich zu werben.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Bis zur endgültigen Entscheidung Ende September werden noch einige Monate vergehen. Aber dann soll es schnell gehen. Merz’ Leute wissen, dass der Druck schnell steigen wird.



Source link www.ostsee-zeitung.de