Sich bekifft hinters Steuer zu setzen, ist keine kluge Idee. Einerseits, weil man sich und andere dabei gefährden kann. Andererseits aber auch, weil das Autofahren unter Drogeneinfluss in Deutschland verboten ist – das ist ganz eindeutig im Straßenverkehrsgesetz geregelt. Doch noch der Verabschiedung des Cannabis-Gesetzes könnten bald neue Grenzwerte gelten.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Was sagt das Straßenverkehrsgesetz?

Bislang gibt es wenig Spielraum – die Gesetze sind eindeutig. Wer nach dem Konsum von Cannabis und ab einem bestimmten THC-Grenzwert im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, handelt nach Paragraph 24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG) ordnungswidrig. Konsequenzen können – je nachdem, wie oft jemand erwischt wurde – von einem Entzug des Führerscheines bis zu einer Freiheitsstrafe reichen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Der aktuelle Bußgeldkatalog sieht für eine Autofahrerin oder einen Autofahrer, die oder der zum ersten Mal mit Cannabis am Steuer erwischt wurde, 500 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat vor. Außerdem muss bislang auch schon beim ersten Vergehen mit der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) gerechnet werden.

Was soll sich künftig ändern?

Die „fahreignungsrechtlichen Regelungen zu Cannabis“ sollen sich laut Bundesgesundheitsministerium aber schon bald ändern. Die Fahrerlaubnis soll künftig nur noch entzogen werden, „wenn eine Cannabisabhängigkeit oder -missbrauch vorliegt“. Die Regelungen nähern sich so der Bestimmungen für Alkohol an – ein Missbrauch sei demnach nur dann anzunehmen, wenn „die Betroffenen nicht zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeugs und einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum hinreichend sicher trennen können“.

Auch die Grenzwerte werden sich wohl ändern (siehe unten). Der Spielraum für Cannabis-Konsumenten wird also größer. Damit dies gilt, muss allerdings das Straßenverkehrsgesetz geändert werden, bis dahin gelten die aktuellen Vorgaben.

Wie ist der THC-Grenzwert im Straßenverkehr?

Um beurteilen zu können, ob eine Autofahrerin oder ein Autofahrer nach dem Konsum von Cannabis in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen, gibt es einen sogenannten THC-Grenzwert (Tetrahydrocannabinol ist ein Wirkstoff von Cannabis). Dieser liegt bislang bei einem Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum (1 ng/ml). Wer von der Polizei angehalten wird und einen höheren Wert aufweist, muss also mit Konsequenzen rechnen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Das Problem: „Dieser Wert wurde vor Jahrzehnten festgelegt und etabliert – und er ist nicht mehr zeitgemäß“, bemängelte Sven Gottschling, Chefarzt des Zentrums für altersübergreifende Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie im Universitätsklinikum des Saarlandes schon vor einiger Zeit im Gespräch mit dem RND. Dabei handele es sich Gottschling zufolge nämlich um keine richtige Grenze. Die Zahl zeige auf den alten Messgeräten demnach den untersten Wert an, ab dem man Cannabis überhaupt feststellen könne.

Welche Grenzwerte könnten zukünftig gelten?

Nach der Verabschiedung des Cannabis-Gesetzes hat eine unabhängige Expertengruppe im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums eine Empfehlung für einen THC-Grenzwert im Straßenverkehr vorgelegt. Der vorgeschlagene neue Grenzwert solle den Fachleuten zufolge bei 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum liegen. Der bisherige Wert soll aus Sicht der Fachleute also verdreifacht werden.

„Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille,“ teilt das Bundesverkehrsministerium mit. Die Fachleute empfehlen für Cannabiskonsumenten gleichzeitig ein absolutes Alkoholverbot am Steuer, „um der besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol gerecht zu werden“.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Das Leben und wir

Der Ratgeber für Gesundheit, Wohlbefinden und die ganze Familie – jeden zweiten Donnerstag.

Wann habe ich den THC-Grenzwert erreicht?

Das kann man kaum sagen. Denn: Die Wirkungsdauer ist etwa von der Menge des THC-Gehalts, von der Konsumform und von von individuellen Faktoren wie der persönlichen Tagesform oder körperlichen Verfassung abhängig. „Wer einen Joint geraucht hat, ist in der Regel nach vier bis fünf Stunden wieder fahrtüchtig“, sagt Gottschling. Darauf verlassen sollten sich Konsumierende allerdings nicht.

Gelten die Regeln schon ab dem 1. April?

Auch wenn der Konsum von Cannabis ab dem 1. April teilweise legal ist: „Ohne Grenzwert und Anpassung im Gesetz wird es vorerst keine großen Änderungen beim Fahren unter THC-Einfluss geben können“, sagt Heiner Sothmann von der Deutschen Verkehrswacht (DVW).

Denn: Der neue Grenzwert muss noch vom Bundestag beschlossen werden. Bevor das Straßenverkehrsgesetz geändert ist, gelten noch die alten Regelungen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Welche Folgen sind zu erwarten?

„Mit der Legalisierung wird sehr wahrscheinlich der Konsum steigen und damit auch die Fahrten unter THC-Einfluss“, sagt Sothmann. Der Experte geht davon aus, dass die Unfallgefahr steigen wird. Auch deswegen sei es enorm wichtig, „unverzüglich eine intensive Aufklärungsarbeit zu starten und für die Risiken zu sensibilisieren“. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene sollten dabei im Fokus stehen.

Darf man bekifft Fahrrad und E-Scooter fahren?

Wer glaubt, sich selbst einen Gefallen zu tun und bekifft das Auto, aber nicht das Fahrrad stehen zu lassen, unterliegt einem Trugschluss. Denn: Wer nach dem Konsum von Cannabis mit dem Fahrrad fährt, dieses aber nicht mehr sicher führen kann, verstößt gegen das momentan geltende Straßenverkehrsgesetz (StVG). „Cannabis ist aktuell noch eine illegale Droge“, sagt Sothmann. „Wenn ich bekifft auf dem Fahrrad unterwegs bin, kann unter Umständen auch der Führerschein bedroht sein“.

Nach der Legalisierung sehe das anders aus – da komme es dann auf die Grenzwerte an und wo diese gelten. „Im Auto und auf dem E-Scooter kann es analog sein, da es sich um Kraftfahrzeuge handelt“, sagt Sothmann. Wie die Auswirkungen auf dem Fahrrad sein werden, kann der Experte der Deutschen Verkehrswert allerdings noch nicht abschätzen. „Beim Alkohol gibt es beim Radfahren keinen klaren Grenzwert als Ordnungswidrigkeit“, sagt Sothmann. „Kommt es aber beispielsweise zu einem Unfall, ist ein Cannabis-Rausch in jedem Fall folgenreich“, warnt er.



Source link www.ostsee-zeitung.de