Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das trifft auch auf Kosmetika zu. Hunderte Produkte, die sich alle irgendwie ähneln, stehen in den Drogerien bereit und warten darauf, im Einkaufskorb zu landen. Aber nicht nur die riesige Auswahl macht es Verbraucherinnen und Verbrauchern schwer. Die Aussagen zur Qualität auf den verschiedenen Produkten werden häufig falsch interpretiert – denn diese versprechen oft viel mehr, als sie wirklich halten können.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Der Markt für sogenannte Schönheitspflegemittel ist riesig. Allein im Jahr 2023 lag der Inlandsumsatz mit Körperpflege und Kosmetika bei 15,8 Milliarden Euro, heißt es beim Industrieverband Körperpflege und Waschmittel (IKW). Im Vergleich zum Vorjahr 2022 war der Markt sogar um mehr als zehn Prozent gewachsen. Kein Wunder also, dass Hersteller von Körperpflege und Kosmetika das eigene Produkt besonders ansprechend für Verbrauchende gestalten wollen. Neben Farbe, Verpackung und Co.: Was darf eigentlich auf den Produkten stehen – und was nicht?

Einige Aussagen sind „fragwürdig“

„Was die Kosmetikhersteller zu den Inhaltsstoffen und Produkteigenschaften auf ihre Produkte schreiben, muss laut der EU-weit geltenden Claims-Verordnung für Kosmetikprodukte auch stimmen“, sagt Lea Sophie Lukas von der Stiftung Warentest. Diese Verordnung legt etwa fest, dass Werbeaussagen wahr sein müssen und durch den Hersteller auch durch Beweise belegt werden können. Das Problem: „Wenn es um die Belege geht, sollte man sich als Verbraucherin oder Verbraucher klar machen, dass die Vorgaben nicht sehr spezifisch sind“, erklärt Lukas. Die Hersteller können viele Kriterien demnach selbst festlegen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Stiftung Warentest hat sich die Aussagen auf Kosmetika angeschaut und kommt zu dem Ergebnis, dass manche davon „fragwürdig“ seien. „Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher haben in den letzten Jahren sicherlich gelernt, dass nicht alles, was auf Kosmetikprodukten steht, für bare Münze genommen werden sollte“, sagt Lukas. In den Tests sei aber klar geworden, dass manche Claims falsche Erwartungen wecken können. „Das sehen wir kritisch und es ist uns wichtig aufzuklären, was wirklich dahintersteckt“, sagt Lukas.

Kosmetik wird dermatologisch getestet

Wenn die Aussagen laut EU-Verordnung stimmen müssen, wieso können sie trotzdem falsche Erwartungen wecken? Ist das nicht ein Widerspruch? Nicht unbedingt. Zu den vielversprechenden, aber wenig aussagekräftigen Hinweisen auf Produkten etwa gehört „augenärztlich getestet“, häufig auf Augencremes oder Make-up zu finden. Lukas zufolge müsse laut EU-Verordnung zwar ein Augenarzt bei der Testung anwesend sein, wenn das Produkt dies verspreche. Das bedeute aber nicht, dass ein Augenarzt bei der Entwicklung des Produkts beteiligt war. „Es könnte sein, dass der Arzt vielleicht nur bei den Probanden eine Befragung durchgeführt hat oder ähnliches“, sagt Lukas. Laut Untersuchung der Stiftung Warentest sei durch diese Aussage auch keine Verträglichkeit des Produktes garantiert.

Die Verbraucherzentrale Hamburg kommt zu einer ähnlichen Bewertung der Claims. Bei der Testung von Pflegeprodukten mit Aloe Vera etwa beanstandet der Verein die Aussage „Dermatologisch getestet“. Diese sei nichtssagend, da dabei mit Selbstverständlichkeiten geworben werde. Fakt ist nämlich: Sämtliche Körperpflegeprodukte oder Kosmetika werden dermatologisch getestet, bevor sie auf den deutschen Markt kommen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Werbeaussagen sind keine Gütesiegel

Der Teufel steckt im Detail, das bestätigt auch der Bundesverband der Verbraucher Initiative. Der Verein bemängelt etwa die Verwendung der Werbeaussage, ein Kosmetik- oder Körperpflegeprodukt sei „hypoallergen“. Verbraucherinnen und Verbraucher vermuten hinter einem Produkt mit dieser Bezeichnung, dass es besonders gut für Menschen sei, die mit Allergien zu kämpfen haben. Das Problem: Der Begriff ist rechtlich nicht geschützt – und laut dem Bundesverband der Verbraucher Initiative könne jeder Inhaltsstoff Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen – Verbrauchende sollten sich auf diese Aussage also lieber nicht verlassen. Denn auch wenn die Aussagen auf Körperpflege und Kosmetika sich noch so vielversprechend anhören: Es handelt sich um Werbeaussagen, erklärt Lukas von der Stiftung Warentest.

Aber worauf sollten Verbraucherinnen und Verbraucher vor dem Kauf von Kosmetika oder Körperpflegeprodukten achten? Wichtig sei, die Aussagen auf keinen Fall mit Gütesiegeln zu vergleichen, meint Lukas. „Wenn auf einem Produkt steht, dass es der natürlichen Schönheit dient, darf das nicht mit einem Naturkosmetiksiegel gleichgesetzt werden“, sagt die Expertin der Stiftung Warentest. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten demnach kritisch hinterfragen, wenn ein Produkt zu viel verspricht.

Öfter mal den eigenen Konsum hinterfragen

Das trifft aber nicht nur auf die Werbeversprechen zu, die Produkte wegen ihrer angeblich hypoallergenen Inhaltsstoffe oder vermeintlich ausführlicher Testung als besonders gut darstellen sollen. Mit einigen Aussagen wird auch auf das Fehlen von gewissen Stoffen hingewiesen – „frei von Fluorid“ oder „frei von Parabenen“ etwa. „Damit kann vermittelt werden, dass es besser ist, wenn diese Stoffe nicht enthalten sind“, erklärt Lukas. Verbrauchende könnten dazu neigen, Produkte wegen dieser Claims zu kaufen. Dabei müsse das Fehlen der Stoffe gar nicht unbedingt etwas Positives sein. „Bei Fluorid etwa ist wissenschaftlich klar belegt, dass es vor Karies schützt“, sagt die Expertin der Stiftung Warentest. Um Inhaltsstoffe zu überprüfen, gibt es mittlerweile verschiedene Apps, die diese nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bewerten. Verbrauchende können so schnell und einfach herausfinden, wie gut oder schlecht ein Stoff und damit ein Produkt wirklich zu bewerten ist.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Kosmetikhersteller spielen mit dem schönen Schein – das sollte man sich als Verbraucherin oder Verbraucher immer wieder klar machen“, sagt Lukas. Denn: Mit dem Produkt solle auch ein gutes Gefühl verkauft werden. Und was kann man tun, um darauf nicht hereinzufallen? Verbraucherinnen und Verbraucher könnten Lukas zufolge öfter einmal den eigenen Konsum hinterfragen: „Braucht man ein Produkt und kann es wirklich leisten, was es verspricht?“



Source link www.ln-online.de