Das High Island Reservoir im Osten Hongkongs ist das größte Wasserbecken der chinesischen Sonderverwaltungszone. Noch zu britischen Kolonialzeiten ließ die damalige Regierung hier Ende der Siebzigerjahre eine Meerenge zwischen der Halbinsel Sai Kung und High Island schließen, um in dem leer gepumpten Bereich fortan gut 270 Millionen Kubikmeter Süßwasser zu lagern.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Natur hat sich die Baustelle von einst längst zurückerobert. Rund um das gigantische Becken erstrecken sich heute mit Akazien, Pinien und Teebäumen renaturierte Hügel, von denen aus man einen perfekten Blick über die zerklüftete Landschaft in dieser Ecke Hongkongs hat – atemberaubende Sandstrände inklusive.

Die Gegend um das High Island Reservoir und den East Dam im Osten von Hongkong sind ein wahres Naturparadies.

Die Gegend um das High Island Reservoir und den East Dam im Osten von Hongkong sind ein wahres Naturparadies.

Wandernd von Ost nach West

Wir wandern einen Teil des MacLehose Trails, eines 100 Kilometer langen Weges, der den Norden Festland-Hongkongs – die New Territories – einmal von Ost nach West durchquert. Er beginnt in Pak Tam Chung unweit des High Island Reservoirs und endet in Tuen Mun Town. Der Name der Strecke erinnert an den früheren Gouverneur Sir Murray MacLehose, der mit seinem Engagement für den Naturschutz den Weg für Naturparks und Wanderwege in der damaligen Kronkolonie überhaupt erst ebnete. Uns kommt dies heute zugute: Ohne ihn hätte es diesen Weg womöglich nie gegeben.

Weiterlesen nach der Anzeige

Wege sind perfekt ausgebaut

Der Trail beeindruckt – nicht nur, weil er in diesem Bereich perfekt ausgebaut ist. Er bietet mal Meerblick, mal Hügellandschaften, er führt an den von der Natur schraffierten Basaltwänden der Küste entlang, an wild lebenden Kühen und – nicht zu verachten – immer mal wieder auch an öffentlichen Toiletten. Wandern ist, wie das meiste hierzulande, in vieler Hinsicht überaus durchdacht. Etliche Wege sind perfekt ausgebaut, oft genug asphaltiert oder ähnlich gut befestigt. Und wer nicht mehr weiter möchte, kann sich meist sehr einfach ein Taxi bestellen.

Einst dienten sie Bauern bei der Arbeit, dann wurden sie freigelassen: In vielen Bereichen der New Territories – wie hier im Sai Kung Geopark – leben heute Kühe wild.

Einst dienten sie Bauern bei der Arbeit, dann wurden sie freigelassen: In vielen Bereichen der New Territories – wie hier im Sai Kung Geopark – leben heute Kühe wild.

Die Sonderverwaltungszone ist grün

Wandern in Hongkong? Viele denken bei der Sonderverwaltungszone eher an die atemberaubende Skyline rund um den Victoria Harbour, an das Finanzviertel auf Hong Kong Island und an das quirlige Treiben auf den Nachtmärkten von Kowloon. Doch das ist nur ein kleiner Ausschnitt. „70 Prozent Hongkongs sind grün“, unterstreicht Gabi Baumgartner, Inhaberin von Walk Hong Kong, einem Anbieter von geführten Touren.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die besten Wandertouren durch Hongkong kennt Gabi Baumgartner, die 1996 in die Sonderverwaltungszone übergesiedelt ist und nun Besucherinnen und Besucher durch die Landschaft führt.

Die besten Wandertouren durch Hongkong kennt Gabi Baumgartner, die 1996 in die Sonderverwaltungszone übergesiedelt ist und nun Besucherinnen und Besucher durch die Landschaft führt.

Wahlheimat Hongkong

Die gebürtige Schweizerin kam 1996 nach Hongkong – eher durch Zufall, wie sie sagt, und eigentlich nur für ein, zwei Jahre, wie sie damals glaubte. Doch sie ist mit ihrer Familie geblieben und hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Nach Hongkong kommen und ein Geschäft gründen: Das ist keine so unübliche Lebensgeschichte in diesem Teil der Welt. Manch späterer Millionär habe sich hier schon von ganz unten nach weit oben gearbeitet, verdeutlicht es Sidney Luk, Tourguide beim Hongkong-Tourismusbüro. Ähnlich wie die berühmten Tellerwäscher in New York.

Kennt Hongkong wie seine Westentasche: Tourguide ­Sidney Luk.

Kennt Hongkong wie seine Westentasche: Tourguide ­Sidney Luk.

Auf in die New Territories

So hohe Ziele haben wir uns nicht gesteckt – wir bleiben einstweilen beim Wandern. Auch die nächste Tour führt in die New Territories, die neuen Territorien. Sie machen rund drei Viertel der Fläche Hongkongs aus und bieten schon allein deswegen die meisten Naturwanderwege der Region.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Streng genommen war dieses Gebiet 1997 formell der Anlass der Rückgabe der einstigen Kronkolonie an China: Großbritannien verfügte zwar über „ewiges Besitzrecht“ für Hongkong Island und den gegenüberliegenden Stadtteil Kowloon – wobei es auch darüber unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt –, unterzeichnete 1898 jedoch nur einen 99 Jahre umfassenden Pachtvertrag für das Territorium nördlich von Kowloon bis zum Shenzhen-Fluss sowie für 235 kleinere Inseln. Es wäre nach Ablauf dieser Frist undenkbar gewesen, die Teile auseinanderzureißen: Hongkong als Ganzes war in diesen 99 Jahren längst zusammengewachsen.

Neues Leben in Lai Chi Wo

Unser nächstes Ziel ist Lai Chi Wo, ein 300 Jahre altes Dorf im Nordosten der New Territories. „Es war bereits dem Verfall freigegeben, wie viele andere Dörfer“, beschreibt es Raymond Poon Wing Yee, einer von 35 Wanderguides des Unesco Global Geoparks, der etwa rund 150 Quadratkilometer im Nordosten Hongkongs umfasst. Doch dann besannen sich einige ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner darauf, Lai Chi Wo neues Leben einzuhauchen.

Einst verlassen, dann wiederentdeckt: Das Dorf Lai Chi Wo in den New Territories wird nach und nach wieder aufgebaut.

Einst verlassen, dann wiederentdeckt: Das Dorf Lai Chi Wo in den New Territories wird nach und nach wieder aufgebaut.

Mit viel staatlicher Förderung ist der Ort derzeit dabei, sich wiederzubeleben. Die historische Mauer rund um das Dorf ist wieder aufgebaut, vor dem Eingang empfängt ein buddhistischer Tempel Besucherinnen und Besucher, und in der Ortschaft selbst sind bereits wieder etliche der insgesamt 200 Häuser restauriert worden. Einige werden vermietet, in anderen leben Forschende, die in der Gegend unter anderem testen, welche einst einheimischen Pflanzen sich heute wieder sinnvoll anbauen lassen.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Früher sei die ganze Region für ihren Reisanbau bekannt gewesen, erinnert sich Raymond Poon Wing Yee. Die Bewohnerinnen und Bewohner versorgten sich selbst – bis die günstigeren Importe aus anderen Ländern kamen. Seitdem liegen die Felder entlang des Wanderweges brach, immer wieder finden sich daneben verfallene Wohnhäuser. Die Einheimischen suchten in der Stadt ihr Glück – oder flogen gleich weiter ins Ausland, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Hinterhof Hongkongs

Entsprechend lässt sich hier im Nordosten der New Territories heute mitunter stundenlang wandern, ohne auch nur einem Menschen zu begegnen. Raymond Poon Wing Yee nennt den Geopark den „Hinterhof Hongkongs“ und meint dies durchaus bewundernd: Wer durch die Häuserschluchten Kowloons oder Centrals läuft, erwartet kaum eine solch grüne Lunge in der 7,4 Millionen Einwohner großen Region am Südchinesischen Meer.

Wandern kann man indes auch unweit jener viel befahrenen Straßen entlang der Bankentürme und der Gleise der alten Doppelstockstraßenbahnen, die sich seit der britischen Kolonialzeit parallel zum Victoria Harbour auf Hong Kong Island bewegen. „Ding Ding“ nennen sie die Bewohner, in Anlehnung an ihr typisches Klingelgeräusch.

Wer nicht laufen will, kann in Hongkong seit der britischen Kolonialzeit auch mit Doppelstockstraßenbahnen fahren.

Wer nicht laufen will, kann in Hongkong seit der britischen Kolonialzeit auch mit Doppelstockstraßenbahnen fahren.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Besuch des Peaks ist ein Muss

Fast jeder Reisende landet früher oder später auf dem Peak, jenem 552 Meter hohen Berg, auf dem sich einst die reichen Britinnen und Briten ansiedelten und der wohl vor allem deswegen bereits seit 1888 von einer Standseilbahn erschlossen ist. Die Fahrt mit einer Steigung von bis zu 27 Grad dauert nur ein paar Minuten, und oben bietet ein einstündiger Rundweg die wohl herausragendsten Blicke – vor allem auf die Skyline des Victoria Harbours.

Agnes Tam bewegt sich eher auf der anderen Seite des Hafens, im Küstenstadtteil Kowloon. Während der gegenüberliegende Stadtteil Central noch immer eher das Zentrum der Expats ist, der Ausländerinnen und Ausländer, die in Hongkong in den vielen Finanzfirmen arbeiten und abends oft genug in einen der zahlreichen Pubs, in die Pizzerien und Burgerläden gehen, ist Kowloon seit jeher eher traditionell geprägt. Auf den Nachtmärkten wie in der Temple Street kann man bis spät abends alles Mögliche kaufen, Kleidung, Technik, Souvenirs und vor allem jede Menge zu essen.

Im Stadtteil West-Kowloon ist ein neuer Kulturdistrikt entstanden, unter anderem mit dem Hong Kong Palace Museum, dem Kunstmuseum M+ und dem Xiqu-Zentrum.

Im Stadtteil West-Kowloon ist ein neuer Kulturdistrikt entstanden, unter anderem mit dem Hong Kong Palace Museum, dem Kunstmuseum M+ und dem Xiqu-Zentrum.

Auf Zeitreise in Kowloon

Auf der zentralen Nathan Road reiht sich Geschäft an Geschäft. Doch Tam versucht auch, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihrer Rundgänge für ein paar Stunden in die Vergangenheit Kowloons zurückzuführen – zu alteingesessenen Geschäften, zu Straßenmärkten und zum Mei Ho House, jenem Gebäude mit dem Grundriss eines H, das einst für den sozialen Wohnungsbau Hongkongs stand wie kein anderes.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

„Früher war die ganze Gegend hier mit solchen Gebäuden bebaut“, verdeutlicht Tam es anhand von alten Aufnahmen. Heute existiert nur noch ein einziges Beispiel für diesen sieben Stockwerke hohen Gebäudestil – rundherum sind viel höhere Wohnhochhäuser hochgezogen worden. Neben einer Jugendherberge ist hier inzwischen ein Museum untergebracht – denn das Mei Ho House steht für eine ganze Epoche der Kronkolonie.

Beengte Wohnverhältnisse

1953 entstanden insgesamt 29 dieser Gebäude auf dem Gebiet, auf dem zuvor ein verheerendes Feuer fast einen ganzen Stadtteil weggefegt hatte. Die Wohnverhältnisse waren überaus einfach: In den elf Quadratmeter großen Wohnungen lebten ganze Familien. „Toiletten und Waschräume wurden zentral von allen genutzt“, beschreibt es die Stadtführerin. Hongkong war damals für viele die Brücke zwischen China und der westlichen Welt – da nahm man auch beengte Wohnverhältnisse in Kauf.

Ganz Hongkong war einst von der Natur geprägt, heute entstehen an immer mehr Orten in der Sonderverwaltungszone Wohnhäuser – wie hier in den New Territories.

Ganz Hongkong war einst von der Natur geprägt, heute entstehen an immer mehr Orten in der Sonderverwaltungszone Wohnhäuser – wie hier in den New Territories.

Führerin Tam zeigt weitere Aufnahmen: Auf einer ist ein Berg zu sehen, wo jetzt Hochhäuser dicht gedrängt stehen. Was einmal mehr verdeutlicht: Hongkong („duftender Hafen“) war als Ganzes einst von Natur geprägt. Um in dieser bergigen Gegend jedoch überhaupt bauen zu können, mussten Hügel abgetragen und musste Land aufgeschüttet werden – wie etwa für den Flughafen der Sonderverwaltungszone, dem heute größten Frachtflughafen der Welt. Für dessen Bau wurde in den Neunzigerjahren die komplette Insel Chek Lap Kok abgetragen.

„Hongkong ist eine sehr dynamische Stadt“, sagt Wanderführerin Gabi Baumgartner. „Sie erfindet sich immer wieder neu.“ Umso mehr freut man sich vor Ort über die zahlreichen dennoch erhalten gebliebenen Gegenden zum Wandern.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Tipps für deine Reise nach Hongkong

Anreise: Mit dem Flugzeug direkt ab Frankfurt am Main und München nach Hongkong, mit Umsteigen auch von den meisten anderen deutschen Airports.

Beste Reisezeit: Von Oktober bis April ist es in Hongkong eher trocken und warm, von Mai an nimmt der Regen zu und es kann heiß werden.

Sicherheit: Hongkong gilt als eine der sichersten Regionen der Welt, man kann sich fast überall auch nachts bedenkenlos bewegen. Das Sicherheitsgesetz von 2020 setzt jedoch Grenzen auch bei politische Äußerungen, die in den meisten anderen Ländern problemlos möglich wären.

Reisen vor Ort: Hongkong verfügt über eines der besten Nahverkehrsnetze der Welt – die U-Bahn fährt viele Ecken der Sonderverwaltungszone an, Busse und Minibusse nahezu alle weiteren. Taxifahren ist verglichen mit Deutschland erheblich günstiger, Taxis sind leicht zu finden oder per App zu bestellen (HK Taxi).

Wandern: In Hongkong gibt es etliche Wanderwege. Viel Natur finden Wanderer und Wanderinnen vor allem in den New Territories sowie auf Lantau Island. Aber selbst auf Hong Kong Island gibt es atemberaubende Strecken. Zahlreiche Anbieter haben Touren durch diese Gegenden im Programm. Wanderungen durch die New Territories sind unter anderem möglich bei Walk Hong Kong und dem Geopark. Walk in Hong Kong bietet unter anderem Rundgänge durch Kowloon an.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Reise wurde unterstützt vom Hong Kong Tourism Board. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.

Mehr Inspiration gesucht? Tipps für alle Top-Reiseziele findest du beim reisereporter.



Source link www.ln-online.de