30 Jahre war Daniela Klette auf der Flucht, bis Polizei und Ermittlungsbehörden das ehemalige RAF-Mitglied festsetzten konnten. Die Verfolgung von Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub geht weiter. Denn die zwei übrigen Mitglieder der dritten RAF-Generation sind immer noch auf der Flucht.

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Seitdem gibt es immer wieder Meldungen, dass die Polizei Personen festgenommen hat – die sich kurze Zeit später aber nicht als die gesuchten RAF-Terroristen herausstellen.

Darf die Polizei Menschen einfach festnehmen, obwohl sie kein Verbrechen begangen haben? Und was sind die psychischen Folgen einer unrechtmäßigen Haft?

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Sind die aktuellen Maßnahmen gerechtfertigt?

Ja, denn die Fahndung nach Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub erfolgt im Zuge der aktuellen Strafverfolgung. Die Anklagebehörde wirft dem Trio versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor, die Tatorte lagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Die Funde von schweren Waffen in der Kreuzberger Wohnung der festgenommenen Klette geben Hinweise darauf, wieso die Einsatzkräfte so schwer bewaffnet zu möglichen Aufenthaltsorten der übrigen zwei ehemaligen Terroristen ausrücken, warum Blend- und Rauchgranaten eingesetzt werden.

Für die Fahndung stehen der Polizei eine Reihe an Instrumenten zur Verfügung. Dazu gehören die Spurensicherung, die Zeugenbefragung und im Falle der RAF-Mitglieder auch die Öffentlichkeitsfahndung bei „Aktenzeichen XY“ und mit Fahndungsplakaten. Als Einsatzmittel in schwerwiegenden Fällen darf die Polizei auch auf Hubschrauber zurückgreifen, die von der Luft aus einen besseren Überblick haben und in der Regel mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet sind. Auch darf sie Personen kurzzeitig festsetzen, wenn ein Anfangsverdacht besteht.

Das aktuelle Original-Foto oben links zeigt nach Angaben des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Burkhard Garweg, die drei anderen Bilder sind technisch verfremdete Versionen.

Das aktuelle Original-Foto oben links zeigt nach Angaben des Landeskriminalamtes Niedersachsen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Burkhard Garweg, die drei anderen Bilder sind technisch verfremdete Versionen.

Wann dürfen Ermittlungsbehörden jemanden festnehmen?

Wenn die Polizei jemanden festnimmt, greift sie immer in die Grundrechte eines Individuums ein. In Deutschland ist das unter Artikel 2, Absatz 2 geregelt: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ Über dieses Recht dürfen sich Ermittlungsbehörden nur mit guter Begründung hinwegsetzen. Das ist gegeben, wenn „Gefahr im Verzug ist“, beispielsweise eine stark alkoholisierte Person auf der Straße unterwegs ist. Dann droht die Gefahr eines Verkehrsunfalls, sodass die Polizei sie in präventiven Gewahrsam nehmen kann.

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Abtauchen und unsichtbar bleiben, für Behörden, Freunde und Familie.

30 Jahre lang untertauchen: Wie geht das?

Nach drei Jahrzehnten auf der Flucht wurde das ehemalige RAF-Mitglied Daniela Klette festgenommen. Wie sie so lange unentdeckt bleiben konnte, erklärt ein ehemaliger FBI-Fahnder, der Menschen hilft, abzutauchen und eine andere Identität anzunehmen.

Im Zuge der RAF-Ermittlungen gibt es aber einen anderen Grund, wieso es immer wieder zu Festnahmen kommt – obwohl sich die Festgenommenen später nicht als die gesuchten RAF-Mitglieder entpuppen. Polizeibeamtinnen und -beamte dürfen Personen festnehmen, um deren Identität festzustellen. Denn nicht immer ist eine Person eindeutig und schnell zu identifizieren. Nach Daniela Klettes Festnahme stellte sich beispielsweise heraus, dass sie jahrelang unter falscher Identität als „Claudia Ivone“ in Berlin-Kreuzberg lebte – inklusive gefälschter Ausweispapiere.

Auch darf die Polizei jemanden festnehmen, wenn die Täterbeschreibung auf eine gesuchte Person passt. Das gilt als sogenannter Anfangsverdacht. Für eine Verhaftung reicht das aber noch lange nicht.

Was ist der Unterschied zwischen Festnahme und Verhaftung?

Verhaftung und Festnahme werden häufig synonym genutzt. Dabei gibt es zwischen den beiden Maßnahmen große rechtliche Unterschiede. Mit einer Festnahme ist erst mal nur das Festhalten einer Person auf rechtlicher Grundlage gemeint. Im deutschen Strafprozessrecht ist ausschließlich eine vorläufige Festnahme vorgesehen. Strafverfolgungsbehörden und auch Privatpersonen dürfen Menschen unter bestimmten Voraussetzungen festnehmen.

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Privatpersonen dürfen Menschen festsetzen, wenn sie jemanden auf frischer Tat ertappen und die Identität des Täters oder der Täterin nicht feststellen können. Der einzige Zweck der Festnahme darf jedoch sein, den Täter oder die Täterin der Strafverfolgung zu übergeben. Niemand dürfte also einen Einbrecher tagelang im eigenen Haus einsperren, um sich zu rächen.

Die Polizei hat maximal 24 Stunden Zeit, um die Sachlage und die Identität des Festgenommenen zu prüfen. In dieser Zeit muss die Staatsanwaltschaft informiert, Aktenmaterial gesichtet und juristische Texte geprüft werden. Wer in Gewahrsam genommen wird, muss außerdem unverzüglich einem Richter vorgeführt werden. Ergeht nach Ablauf von 24 Stunden kein richterlicher Beschluss und besteht keine Verfahrensgewalt, muss der Festgenommene auf freien Fuß gesetzt werden. In absoluten Notfällen kann der Verhaftete auch für 48 Stunden festgehalten werden.

Verhaftungen können nur von Behörden durchgeführt werden, da die Grundlage ein Haftbefehl ist. Privatpersonen können keine Haftbefehle erlassen. Mit der Verhaftung beginnt eine durch einen Haftbefehl angeordnete Haft. Die betroffenen Personen werden gefangen genommen und/oder behördlich verwahrt.

Was sind die Folgen, wenn jemand unrechtmäßig festgenommen wird?

Je nachdem, wie die Behörden bei der Festnahme vorgegangen sind, sind die Folgen sehr unterschiedlich. Opfer unrechtmäßiger Festnahmen berichten immer wieder von psychischen Folgen, wie Angstzuständen oder einer posttraumatischen Belastungsstörung. Wenn bei der Festnahme Gewalt angewendet wurde, sind auch körperliche Schäden möglich. Beispielsweise, wenn ein Beamter zur Sicherung einer Person sein Knie auf den Kopf drückt oder der Festgenommene mit übermäßiger Kraft auf dem Boden fixiert wird. Das zu beweisen, ist für die Betroffenen aber ein schwieriger Punkt. Fälle von Polizeigewalt werden laut einer umfassenden Studie in Deutschland selten aufgeklärt – die wenigsten kommen zur Anzeige und von den Angezeigten schafft es nur ein Bruchteil vor Gericht.

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Fahndung in Berlin: Suche nach zwei Ex-RAF-Terroristen dauert an

Am Sonntagabend rücken Beamte zu einer Wohnung in Friedrichshain aus. Doch festgenommen wird niemand.

Grundsätzlich muss das polizeiliche Handeln verhältnismäßig sein, die Intensität eines Eingreifens also der abzuwendenden Gefahr entsprechen. Wenn sich eine Person aber weigert, sich zu identifizieren, darf die Polizei sie auch länger festsetzen. Aber: Die Maßnahme darf nur so lange andauern, solange sie auch nötig ist.

Gibt es ein Recht auf Entschädigung?

Ja. Wer aufgrund eines Irrtums Opfer von Polizeigewalt oder einer anderen behördlichen Maßnahme wird, dem steht neben Schadenersatz auch eine Zahlung von Schmerzensgeld durch das zuständige Bundesland zu. Das entschieden Richter des Bundesgerichtshofs bereits 2017.

Gründe für eine Entschädigung sind: Diskriminierung, kein ausreichender Tatverdacht oder wenn sich jemand am Ende nicht als der oder die Verdächtige herausstellt („Error in persona“). Ein Anwalt kann in so einem Fall über eine sogenannte Verwaltungsklage das Verhalten der Polizei überprüfen lassen. In einigen Fällen kann es dann zu Schadensersatz kommen. Beispielsweise, wenn Eigentum oder die eigene Gesundheit geschädigt wurden oder es zu Verdienstausfall durch die Festnahme gekommen ist. In solchen Fällen kann ein Gedächtnisprotokoll direkt nach der Festnahme hilfreich sein.



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