Der seit 2021 regierende General Déby lässt sich im Mai zum zivilen Präsidenten wählen. Nun hat er seinen Hauptgegner aus dem Weg geräumt.

Ein Mann in weißen Gewand sitzt

Räumt vor den Wahlen nochmal kräftig auf: Mahamat Déby Foto: Sputnik/reuters

BERLIN taz | Tschad wird am 6. Mai einen neuen Präsidenten wählen, und der Amtsinhaber, General Mahamat Déby, wird kandidieren. Knapp drei Jahre nachdem eine Militärjunta ihn zum Nachfolger seines ermordeten Vaters Idriss Déby ernannt hatte, vollendet der 39-jährige General somit nun den Bruch sämtlicher Versprechungen, mit denen er 2021 die Hinnahme seiner ungesetzlichen Machtergreifung durch Tschads militärische Schutzmacht Frankreich und durch die Afrikanische Union durchgesetzt hatte.

Ursprünglich war noch von einer kurzen Übergangszeit bis hin zu freien Wahlen die Rede gewesen, bei denen Mahamat Déby nicht antreten werde. Dann wurde erst die Übergangszeit verlängert, und jetzt ist auch die Macht Débys garantiert und damit des Déby-Familienclans, der seit 1990 Tschad beherrscht.

Idriss Déby hatte 1990 an der Spitze einer Rebellenarmee Tschads Hauptstadt N’Djamena erobert und der Schreckensherrschaft des Diktators Hissein Habré ein Ende gesetzt, bevor er einen eigenen Tyrannenstaat errichtete. Mahamat Déby verdankte 2021 die Macht den Generälen im Umfeld seines Vaters und wurde daher zunächst nicht wirklich ernst genommen, weder im Land noch in der eigenen Familie.

Im Land weiß man das spätestens seit 2022 besser, als Déby Proteste gegen seine Herrschaft brutal zusammenschießen ließ – nach Oppositionsangaben starben bei Massakern an unbewaffneten Demonstranten am 20. Oktober 2022 bis zu 300 Menschen. Der junge Präsident konnte sich daraufhin leisten, den außer Landes geflohenen radikalen Oppositionsführer Succès Masra zurückzuholen und zum Premierminister ab 1. Januar dieses Jahres zu ernennen.

Déby hat seinen eigenen Cousin töten lassen

Vergangene Woche hat Mahamat Déby außerdem die Machtverhältnisse in der eigenen Familie endgültig geklärt und seinen zur Opposition tendierenden Cousin Yaya Dillo umbringen lassen – das dürfte ihm freie Hand geben, um in den kommenden zwei Monaten den Eindruck eines „Übergangs zur Demokratie“ erzeugen zu können, sofern sich überhaupt irgendein Politiker mit Statur ­gegen ihn zu kandidieren traut.

Yaya Dillo, Führer der Oppositionspartei PSF (Sozialistische Partei ohne Grenzen), galt als potenzieller Hauptgegner Débys bei den kommenden Wahlen. Er wurde nach Regierungsangaben am Mittwoch bei einem „Schusswechsel“ mit der Präsidialgarde in seinem Parteisitz getötet. Am Dienstag war der Wahltermin verkündet worden, in der Nacht zum Mittwoch hatten Bewaffnete in N’Djamena die Geheimdienstzentrale angegriffen. Die Regierung hatte hierfür sowie für einen angeblichen Mordanschlag auf den Präsidenten des Obersten Gerichts die PSF verantwortlich gemacht. Die Armee setzte sich damals in Bewegung, was Putschgerüchte aufkommen ließ.

Die Opposition nennt den Tod von Oppositionschef Yaya Dillo eine „Hinrichtung“

Die Opposition nennt Dillos Tod eine „Hinrichtung“ durch die Präsidialgarde, die ihn per Kopfschuss getötet habe. Die PSF-Parteizentrale wurde zudem nach der Erstürmung mit Bulldozern niedergewalzt. Das alles geschah, genau drei Jahre nachdem Sicherheitskräfte schon einmal Dillos Haus gestürmt und dabei unter anderem seine Mutter erschossen hatten – kurz bevor der damalige Präsident Idriss Déby selbst unter nicht einwandfrei geklärten Umständen zu Tode kam. Offiziell starb er an der Front gegen­ aus Libyen eingedrungene Rebellen, es gibt aber auch Gerüchte über eine Eliminierung aus den eigenen Reihen.

Yaya Dillo war als Cousin Mahamat Débys auch der Neffe von Idriss Déby. Ebenfalls zu Dillos Partei PSF gehört Idriss Débys Bruder Saleh Déby, der Onkel von Präsident Mahamat Déby. Er wurde am Donnerstag ebenfalls von Soldaten festgenommen.

Wahlgang nun nur noch Formsache

Nun sind die Familienverhältnisse also bereinigt, und am Samstag konnte Mahamat Déby ungestört seine Kandidatur zu den Wahlen vom 6. Mai verkünden. Bei einer Feier im Außenministerium nahm er den entsprechenden Appell einer Koalition von 221 Parteien namens „Für ein einiges Tschad“ an. Extra für ihn wurde zuvor das gesetzliche Mindestalter für Staatschefs von 45 auf 35 Jahre gesenkt.

Der Wahlgang an sich dürfte jetzt nur noch eine Formsache sein. Alle Angehörigen der Wahlbehörde, alle Richter und alle Abgeordneten des Parlaments sind vom Präsidenten ernannt.



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