Waren. Der Virologe Christian Drosten hat am Dienstag als Zeuge vor dem Amtsgericht Waren (Müritz) die Pöbel-Attacken gegen ihn auf einem Campingplatz bei Wesenberg (Mecklenburgische Seenplatte) vor zwei Jahren geschildert. „Ich fühlte mich bedroht“, sagte er.

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Ein Mann und zwei Frauen aus Berlin wurden nach dem Vorfall wegen verschiedener Delikte angeklagt. Die Hoffnung der Verteidigung, Drosten könnte seine Strafanträge gegen die Angeklagten zurückziehen, erfüllte sich nicht. Stattdessen wurde Drosten von den drei Verteidigern arg in die Mangel genommen.

Mann stellte sich ihm in den Weg und sagte: „Du gehörst in den Knast“

Zunächst forderte der Staatsanwalt Drosten auf, die Ereignisse aus seiner eigenen Sicht zu schildern. Der Virologe, der während der Corona-Pandemie die Bundesregierung und mehrere Landesregierungen beriet, berichtete, dass er an einem Wochenende im Sommer 2022 mit seiner Familie auf dem Campingplatz am Ellbogensee in der Müritz-Region zeltete.

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Auf diesem Campingplatz bei Wesenberg wurde der Virologe Drosten im Sommer 2022 beschimpft.

Auf diesem Campingplatz bei Wesenberg wurde der Virologe Drosten im Sommer 2022 beschimpft.

Am Abend, auf dem Rückweg vom Zähneputzen mit seinem vierjährigen Sohn, habe sich ihm ein Mann in den Weg gestellt und sinngemäß gesagt: „Du gehörst in den Knast“ sowie weitere Schmähungen und Beleidigungen geäußert. „Es ging darum, mir Schuld zuzuweisen für Dinge, die in der Pandemie geschehen sein sollen“, so Drosten.

Dabei habe der Mann seinem Eindruck nach bewusst in „grölendem Ton“ sehr laut gesprochen, um die Aufmerksamkeit der anderen Camper auf sich zu ziehen. Dafür, dass Drostens Sohn dies mit anhören musste, entschuldigte sich der Angeklagte im Verfahren.

Angeklagte soll „Flut von Fäkalausdrücken“ ausgeschüttet haben

Am nächsten Tag habe er vor seiner Abreise den Mann noch einmal darauf ansprechen wollen, um die Dinge zu „glätten“, wie es Drosten beschrieb. Doch dabei sei die Situation wieder eskaliert und eine Frau, die er eindeutig als die zweite Angeklagte identifizierte, habe sich eingemischt und ihn sofort mit einer „Flut von Fäkalausdrücken“ überschüttet. Angesichts dieser Zuspitzung habe er dann die Polizei gerufen, weil er sich bedroht gefühlt habe.

Angeklagt ist auch eine zweite Frau, die Drosten ebenfalls beleidigt haben soll. Die ihr vorgeworfenen Delikte sind aber nach Ansicht des Richters so geringfügig, dass er eine Einstellung des Verfahrens gegen die junge Frau anbot. Die Angeklagte erbat sich allerdings noch Bedenkzeit. Sie spekuliert offenbar auf einen Freispruch.

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Angeklagte: Drosten trägt Schuld am Tod von Kindern

Nach dem Staatsanwalt befragten die drei Verteidiger Drosten. Dabei ging es teilweise hoch her: Die ältere Angeklagte soll zu Drosten wegen dessen Rolle als Berater gesagt haben, er habe „Kinder auf dem Gewissen“. Ihr Anwalt zitierte aus dem Sachverständigenbericht zu den Pandemie-Folgen an den Bundestag, um die Aussage seiner Mandantin zu untermauern. Darin heißt es unter anderem, dass die Suizidrate unter Jugendlichen während der Pandemie deutlich zugenommen habe.

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Das versetzte Drosten in Rage: „Überlegen Sie mal, was Sie hier verbreiten!“ Später sagte er in anderem Zusammenhang: „Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen vorwerfen würde, Sie hätten Kinder auf dem Gewissen?“

Drosten giftet gegen Verteidiger: „Sie sind schlecht informiert“

Als der Verteidiger aus Zeitungsberichten zitierte, in denen Drostens Standpunkte zu Corona kritisiert wurden, schlug Drosten zurück: „Sie sind schlecht informiert und Sie zitieren falsch.“ Einer der zitierten Berichte sei später korrigiert worden, in dem anderen sei eine Einzelmeinung wiedergegeben worden, die in der Fachwelt von niemandem geteilt werde.

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Ein weiterer Vorwurf gegen die Angeklagte lautet, sie habe Drosten als „korrupten Wissenschaftler“ bezeichnet. Ihr Verteidiger fragte Drosten: „Haben Sie finanziell von den Corona-Maßnahmen profitiert?“, und zählte dann einige prominente Förderer von Drostens Institut in Berlin auf. Drosten entgegnete: „Ich habe nicht einen Cent erhalten.“ Und die Förderung für sein Institut sei ganz normale Drittmittelfinanzierung gewesen, wie sie in der deutschen Forschungslandschaft üblich ist.

Skurriler Vorwurf gegen Drosten

Skurrile Züge nahm dieser zweite Verhandlungstag an, als der männliche Angeklagte nachweisen wollte, dass Drosten seinen Doktortitel zu Unrecht trage. Auch diese Aussage wird ihm von der Anklage vorgeworfen.

Der Mann behauptete, Drosten habe sich vor mehr als 20 Jahren als Doktor bezeichnet, obwohl er seine Ernennung erst einige Monate später erhalten habe. Belegen konnte er dies jedoch nicht. Nun soll im weiteren Prozessverlauf dazu ein Zeuge gehört werden. Am 2. April wird die Verhandlung fortgesetzt.

OZ



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