Trudering – Alle dreieinhalb Minuten würde ein Güterzug mit 100 Stundenkilometern an Wohnhäusern vorbeibrettern. Sehen würden die Anwohner die Züge wohl nicht. Schließlich soll eine etwa sechs Meter hohe und 4,5 Kilometer lange  Lärmschutzwand die Menschen schützen. 

All das könnte eintreffen, weil die Bahn plant, den Güterverkehr Richtung Italien auf die Schiene zu bringen. Ein Teil dieser Strecke des sogenannten Brenner-Nordzulaufs führt durch München, nah an einer Siedlung in Trudering vorbei. Diese Strecke will die Bahn viergleisig ausbauen.  

Lärmschutzwände soll verhindert werden

Doch hohe Lärmschutzwände will der Münchner Stadtrat unbedingt verhindern. Er hat deshalb die Bahn beauftragt, auch eine Studie für einen Tunnel zu erstellen. So wollte die Stadt sicherstellen, dass am Ende nicht von vornherein nur die oberirdische Variante mit den Lärmschutzwänden in Betracht kommt.  

Die Untersuchung der Bahn hat ergeben, dass ein Tunnel grundsätzlich auch möglich ist. Er würde sich über eine Länge von ungefähr 2,6 Kilometern erstrecken. Der dazugehörige Trog mit Rampe würde sich im Süden über zirka  720 Meter und im Norden zirka 340 Meter erstrecken.

Grob ist wohl mit 741 Millionen für den Ausbau an der Oberfläche und 1,77 Milliarden für den Tunnel zu rechnen. Allerdings stammen diese Zahlen aus dem Jahr 2022. Hinzu kommt zudem ein Risikoaufschlag von zirka  207 Millionen für die ebenerdige Lösung und  479 Millionen für den Tunnel. 

Im Osten wird ein großes Neubaugebiet geplant

Nicht nur teurer wäre der Tunnel, auch der Bau  würde länger dauern. Die Deutsche Bahn veranschlagt 13,5 Jahre für den Tunnel und sechs Jahre für den ebenerdigen Ausbau. Für die Stadt ist die Sache trotzdem klar: Sie will den Planungen nur zustimmen, wenn der Tunnel kommt. Das hat der Stadtrat am Dienstag im Planungsausschuss beschlossen. 

SPD-Stadtrat Andreas Schuster erinnerte daran, dass die Stadt im Osten ein großes Neubaugebiet plant: 30.000 Menschen sollen hier einmal leben, 10.000 arbeiten. Mit einer sechs Meter hohen Lärmschutzwand wäre der Nordosten Schusters Ansicht nach vom Rest der Stadt abgetrennt. 

Angelika Pilz-Strasser von den Grünen stört besonders, dass die Zahlen, mit denen der Lärmschutz berechnet wird, falsch sind. Denn inzwischen geht die Bahn von viel mehr Zügen aus. Laut Fabian Ewald (CSU) sollen rund 400 Züge am Tag, also alle dreieinhalb Minuten einer, durch München fahren. 

Stadtrat muss Forderung an den Bund richten

Michael Hatzel, der für die Bahn alle Projekte im Münchner Osten koordinierte, erklärte, dass er für neuere Berechnungen auf den neuen Bundesverkehrswegeplan warten müsse. Außerdem erinnerte er daran, dass die Bahn bloß einen Auftrag erhalte – nämlich vom Bund. Der Stadtrat müsse sich also mit seiner Forderung nach einem Tunnel an den Bund richten. 

Und genau das hat die Stadt vor. “ Eine parlamentarische Befassung des Bundestags bei diesem äußerst wichtigen Vorhaben halte ich für unabdingbar”, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Außerdem stört den OB, dass im Inntal die Strecke im Tunnel geführt werden soll – anders als in München.  “Es ist vollkommen unverständlich, warum in einer dicht besiedelten Großstadt wie München nur ein oberirdischer Ausbau mit städtebaulich absolut problematischen Lärmschutzwänden erfolgen soll”, sagt er. 





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