Stralsund. Schon wieder! Die Zimmer vollgerümpelt mit Unrat, dazu beißender Geruch. Der kommt aber nicht nur vom Müll, der auf dem Wohnzimmerboden und der Couch liegt oder sich im Nebenraum säckeweise stapelt. Es riecht vor allem wegen der Exkremente der Tiere, die in diesem Chaos ihr Dasein fristen mussten. Zwei Katzen hat das Tierheim Stralsund kürzlich aus dieser verwahrlosten Wohnung im Stadtteil Knieper gerettet.

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Es ist der dritte Fall in diesem Jahr, den Tierheimleiterin Kathrin Scheurich auf Facebook öffentlich gemacht hat. Anfang Februar wurden völlig vernachlässigte Hunde und Schildkröten in einem Haus in Stralsund aufgefunden. Ende des Monats dann ein Einsatz in einem Haus in Richtenberg, bei dem Katzen und ein Hund aus einer „Hölle aus Ammoniak und altem Kot“ gerettet wurden, wie die Leiterin es beschrieb.

Mitleid für verwahrloste Tiere im Netz ist groß

Stets sind in den Kommentaren dazu die Betroffenheit und das Mitleid für die Tiere groß: „Sowas treibt mir die Tränen in die Augen“, steht da. „Man kann nur heulen, wenn man so was sieht.“ Oder: „Mein Gott, hört das denn nie auf?“

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Diese Frage muss aktuell mit Nein beantwortet werden – es nimmt offensichtlich sogar zu. Die drei krassen Fälle in so kurzer Zeit sind nicht mal alle. „Ich könnte bald jede Woche so etwas online stellen“, sagt Kathrin Scheurich und fügt an, dass sie erst vor einigen Tagen die nächste Katze aus so einem Haushalt geholt hat. „Sicher, wir wollen auf die Situation aufmerksam machen. Aber wenn einen das emotional mitnimmt, braucht man dafür viel Energie. So etwas macht ja auch was mit einem. Man braucht ein dickes Fell.“

Diese beiden Katzen aus der Knieper-Wohnung hat das Tierheim in Obhut genommen.

Diese beiden Katzen aus der Knieper-Wohnung hat das Tierheim in Obhut genommen.

Verwahrlosungen haben seit Corona zugenommen

Was steckt hinter dieser Häufung von Fällen? „Seit Corona hat es sehr zugenommen“, erklärt sie. „In der Zeit haben sich viele Menschen Haustiere angeschafft, ohne sie richtig versorgen zu können.“ Auch andere Tierheime machten diese Erfahrungen.

Wenn man die Fotos der Behausungen sieht, wird klar, dass die Besitzer offenbar mit allem überfordert sind. „Sie leben trotzdem in den Räumen“, gibt Scheurich zu bedenken. Was sind das für Menschen? „Wir haben in er Regel keinen direkten Kontakt zu Besitzern und sind in erster Linie für die Sicherstellung und Versorgung der Tiere zuständig.“ Es wäre in dem Moment wohl auch nicht der angemessene Zeitpunkt, ihnen ins Gewissen zu reden.

Besuch vorher abklären

Für die Vermittlung von Tieren bittet das Stralsunder Tierheim um vorherige Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon. Denn ein reduzierter Besucherverkehr sei im Sinne des Tierwohls, wie das Heim auf seiner Internetseite www.tierheimstralsund.de schreibt. Die offiziellen Besuchszeiten seien deshalb für die Annahme von Pensions- und Fundtieren, das ehrenamtliche Gassigehen, die Annahme von Spenden und eben die verabredeten Vermittlungstermine gedacht.

Adresse: Das Tierheim befindet sich weit im Stralsunder Süden in der Greifswalder Chaussee 62 U. Kontakt: 038 31 / 30 53 18 und info@tierheimstralsund.de. Wer dem Betreiberverein etwas spenden möchte, kann dafür das Konto DE03 1505 0500 0100 0742 43 nutzen.

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Fälle sind meist Zufallsfunde

Einerseits ist das Messi- beziehungsweise das Vermüllungssyndrom als Symptom einer Zwangsstörung anerkannt. Da ist es mit einem Gespräch in mahnendem Tonfall nicht getan. Andererseits wollen Besitzer wie im ersten Stralsunder Fall mit den Tieren einfach nur Geld machen, betrachten sie als Ware, ohne wirklich auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Oder wie Scheurich sagt: „Sie sind ihnen scheißegal.“

Was sie besonders ärgert: Es seien in der Regel nicht die Nachbarn, die sich wegen strenger Gerüche aus einer Wohnung melden. Sondern? „Bisher waren es Zufallsfunde. In einem Fall sollte das Haus verkauft werden, wodurch die Aufmerksamkeit darauf fiel. Bei der Sache in Richtenberg kam die Besitzerin wegen anderer Dinge mit der Polizei in Konflikt. Und nun war es ein Rohrbruch.“ Sie vermutet, dass noch hinter viel mehr Wohnungstüren solche Entdeckungen gemacht werden könnten, wäre das Umfeld aufmerksamer.

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Die Tiere aus den ersten beiden Fällen seien fast alle vermittelt worden – an hoffentlich liebevollere Halter. „Wir versuchen, bestmöglich einschätzen zu können, wie die neuen Besitzer mit ihnen umgehen“, sagt Kathrin Scheurich – und dass sie rigoros die Hunde und Katzen wieder zurückholt, sollten die Tiere schlecht gehalten werden.

OZ



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