Am Sonntag steht der 1. FC Union Berlin vor einem Endspiel um die Bundesligazugehörigkeit, der Tabellen-14. aus Köpenick empfängt den punktgleichen Tabellen-15. VfL Bochum. Er befindet sich, in anderen Worten, in einer Lage, in der zusätzliche Unruhe als kontraproduktiv angesehen wird. Am Mittwoch war sie gleichwohl da. Das Fußballmagazin Kicker verkündete ohne nähere Quellenangaben, dass der 1. FC Union und Trainer Nenad Bjelica am Ende der Saison “getrennte Wege” gehen werden. Dem 52-Jährigen werde “nicht zugetraut, die Mannschaft auf lange Sicht spielerisch weiterzuentwickeln. Hinzu kommt, dass seine Spielvorbereitung – etwa der Verzicht auf Videoanalysen – im Kader kritisch gesehen werden soll.”
Offiziell wollte Union den Bericht “nicht kommentieren, dementieren oder bestätigen”. Bei Quellen, die bei Union mit dem Vorgang vertraut sein müssten, und im Umfeld Bjelicas wurde am Mittwoch die Stichhaltigkeit des Artikels in Zweifel gezogen. Unabhängig voneinander hieß es, dass es die klare Verabredung gebe, nach dem Ende der Saison ein bilanzierendes Gespräch zu führen – und dann eine Entscheidung zu treffen. Ausgang offen. Dieser von Bjelica auch öffentlich verkündete Fahrplan gelte weiterhin. Dem Vernehmen nach würde sich Bjelicas Vertrag beim Abstieg um ein Jahr, im Falle eines Klassenverbleibes um zwei Jahre verlängern. Auch soll Bjelica zwar zu Beginn seiner Union-Zeit zeitweise bewusst keine Videoanalysen durchgeführt haben, mittlerweile setze er sie aber wieder ein, wenn auch dosierter als sein Vorgänger Urs Fischer.
Bjelica hatte das Traineramt bei Union im November 2023 vom Schweizer Kulttrainer übernommen, der nach jahrelangen Erfolgen einen schrecklichen Saisonstart hingelegt hatte. Seinerzeit schrieb der Kicker, dass Fischer von der früheren Real-Madrid-Ikone Raúl beerbt werden sollte. Es kam dann anders.
Nach dem Zwischenfall mit Sané musste Bjelica um seinen Job fürchten
Bjelica gelang es in den ersten Monaten seines Schaffens, die Mannschaft insbesondere defensiv zu stabilisieren. Nach dem berühmten Zwischenfall mit dem FC-Bayern-Flügelstürmer Leroy Sané aus dem Januar musste der kroatische Coach dennoch um seinen Job fürchten. Er war am Spielfeldrand gegen Sané handgreiflich geworden. Nachdem es der Deutsche Fußball-Bund bei einer Dreispielesperre gegen Bjelica belassen hatte, wurde die Debatte um eine mögliche sofortige Trennung umgehend beendet. Der Klub wies im Nachgang Berichte zurück, wonach eine Gruppe Spieler mit Bjelica nicht mehr zusammenarbeiten wollte. Zu den wichtigsten Fürsprechern Bjelicas soll in jenen Wochen Präsident Dirk Zingler gezählt haben.
Gleichwohl blieb Bjelica gewissermaßen unter Beobachtung. Das dürfte sich in den vergangenen Wochen verstärkt haben, da Union wieder in den Tabellenkeller rutschte. In den zurückliegenden fünf Partien kam Union auf nur ein Tor – beim 1:5 gegen den FC Bayern München. Zuletzt hatte Union beim 0:0 in Mönchengladbach viel Pech. Aber ob ein Beschluss über die Zukunft Bjelicas ergangen ist, stand am Mittwoch mindestens infrage.