Die Klimaschutzverträge kommen – in Deutschland können sich Firmen um Subventionen bewerben. Die Bedingung? Sie müssen ihren CO2-Ausstoß reduzieren.

Blick aus dem Fenster auf die qualmenden Schornsteine von Thyssen Krupp in Duisburg Maxloh

Dreckschleuder: das Stahlwerk von Thyssenkrupp in Duisburg-Marxloh Foto: Marco Stepniak/imago

BERLIN taz Die hiesige Industrie arbeitet größtenteils mit fossilen Energien. Doch in gut 20 Jahren soll sie überwiegend klimaneutral sein. Damit die Unternehmen diesen Übergang schaffen und nicht abwandern, wird ihnen der Staat ab jetzt zusätzliche finanzielle Unterstützung anbieten. Das Instrument der sogenannten Klimaschutzverträge, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag präsentierte, geschieht auch mit Blick auf die Subventionen an die Wirtschaft, die in den USA gezahlt werden.

In Deutschland produzierende Firmen, beispielsweise der Stahl-, Zement-, Chemie- oder Glasindustrie, die viel Energie verbrauchen und hohe Emissionen verursachen, können sich ab jetzt im Rahmen von Ausschreibungen um staatliche Zuschüsse bewerben. Die günstigsten Gebote für die Einsparung von klimaschädlichem Kohlendioxid erhalten den Zuschlag. Unternehmen bekommen eine Förderung, wenn sie in der Produktion etwa Erdgas durch grünen Wasserstoff ersetzen. Der Staat übernimmt dabei vorübergehend die im Vergleich zur konventionellen Herstellung höheren Kosten. Sinken die Produktionsausgaben unter eine vorher vereinbarte Schwelle, müssen die Firmen Geld zurückzahlen. Habeck sprach von einem „superkosteneffizienten“ Verfahren – der Staat werfe kein Geld zum Fenster hinaus.

Dieser Mechanismus der staatlichen Förderpolitik ist neu. Im vergangenen Jahr nahmen knapp 100 Firmen an einem Vorverfahren teil. Diese können sich nun an der ersten Ausschreibungsrunde beteiligen. Voraussichtlich drei weitere Runden mit anderen Unternehmen werden folgen. Die Verträge zwischen Staat und Wirtschaft haben eine Laufzeit von 15 Jahren.

Vier Milliarden Euro in der ersten Runde

Für die erste Runde stehen vier Milliarden Euro zur Verfügung. 19 weitere Milliarden Euro sind im Haushaltsplan 2024 für die Zukunft schon festgelegt. Da es auch in früheren Bundesetats bereits Verpflichtungen für dieses Programm gab, konnte Habeck von einem „mittleren zweistelligen“ Milliardenbetrag sprechen, der im Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung insgesamt für die Klimaschutzverträge zur Verfügung stehe. Für das Wirtschaftsministerium genießt das Programm eine hohe Priorität – anscheinend hat es deshalb die jüngsten Kürzungen in Klimafonds und Haushalt mehr oder weniger unbeschadet überlebt.

Nach Ansage von Habeck ist Deutschland das „erste Industrieland“ weltweit und der „erste EU-Staat, der dieses innovative Instrument zur Dekarbonisierung seiner Industrie einsetzt“. Weil es sich um Subventionen handelt, die Unternehmen anderer Staaten benachteiligen können, brauchte es eine Genehmigung durch die Europäische Kommission.

Die Klimaschutzverträge richten sich an Großunternehmen, aber auch an mittlere Firmen. Diese können sich zu Konsortien zusammenschließen, um an den Ausschreibungen teilzunehmen. Bis 2045 soll das Programm den Ausstoß von etwa 350 Millionen Tonnen Kohlendioxid vermeiden helfen. Das ist ungefähr die Hälfte der derzeitigen Gesamtemission Deutschlands in einem Jahr.

Obwohl es sich um ein massives Subventionsprogramm handelt, hat auch die FDP ihren Segen erteilt. Lukas Köhler, Fraktionsvize der Liberalen im Bundestag, nannte die Verträge mit Blick auf die Ausschreibungen ein „wettbewerbskonformes Instrument“. Außerdem sei die „Technologieoffenheit“ gewährleistet. Soll heißen: Nicht nur neue Produktionsverfahren mit grünem Wasserstoff erhalten Geld, sondern auch solche mit blauem Wasserstoff, welcher aus fossilem Erdgas gewonnen wird. Diesen Punkt kritisiert dagegen die Umweltorganisation Greenpeace. Deutschland-Chef Martin Kaiser fordert, dass nur mit Wind- oder Solarenergie erzeugter, grüner Wasserstoff eingesetzt werden dürfe.

„Fairer Deal zwischen Industrie und Staat“

„Es ist höchste Zeit, dass vor allem die energieintensive Industrie mit Maßnahmen unterstützt wird, die Planungssicherheit zu stabilen und wettbewerbsfähigen Preisen gewährleistet“, sagte Jürgen Kerner, der Zweite Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall. „Die Bundesregierung muss sich stärker um den Erhalt von gefährdeten Industriearbeitsplätzen bemühen.“ Zustimmung zu den Klimaverträgen signalisierte auch der Geschäftsführer des Verbandes der Chemieindustrie, Wolfgang Große Entrup: „Es wäre klug, sie als langfristiges Instrument zu etablieren.“ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin lobte das Verfahren als „fairen Deal zwischen Industrie und Staat“.

Neben den Klimaschutzverträgen existieren weitere EU-genehmigte Subventionsprogramme. Aus diesen soll Thyssenkrupp in Duisburg 2 Milliarden Euro erhalten, um Stahl mittels grünen Wasserstoffs herzustellen anstatt mit Kokskohle. Die Firma Northvolt bekommt fast 1 Milliarde Euro für eine neue Fabrik für E-Auto-Batterien in Schleswig-Holstein – mittels eines Programms, das die Subventionen Chinas und der USA in diesem Sektor ausgleichen soll.



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