Trotz der lahmenden Unterstützung macht die Ukraine Geländegewinne und trifft das russische Hinterland. Die Partner sollten der Ukraine vertrauen.
Die Debatten über Kriegsverlauf oder gar Kriegsende in der Ukraine nehmen dieser Tage international merkwürdige Wendungen an. Der Papst rät den Ukrainer:innen, die weiße Flagge zu hissen, der deutsche Kanzler Olaf Scholz verstrickt sich in einem nicht enden wollenden Debakel um die Nichtlieferung von Taurus-Marschflugkörpern, der ungarische Präsident Victor Orbán plaudert nach einem Besuch bei Ex-US-Präsident Donald Trump aus, dass dieser keinen Cent für die Ukraine ausgeben will. Sofern er erneut Präsident der USA werden würde.
Während diese Akteure suggerieren, das Kriegsgeschehen könnte sich an ihren Äußerungen entscheiden, werden Tatsachen in der Ukraine selbst geschaffen. Einmal mehr wird klar, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht darauf warten will, ob ihm die Verbündeten, die EU oder gar die Weltgemeinschaft vertrauen und entsprechend handeln oder sich lieber in Verzögerungsdiskussionen suhlen.
Es ist ein äußerst geschickter Schachzug, dem Aggressor Putin nur wenige Tage vor den sogenannten Präsidentschaftswahlen in Russland zu zeigen, dass die Ukraine noch immer zu strategisch wichtigen Angriffen in der Lage ist. Bestes Beispiel sind Bilder einer brennenden Ölraffinerie in der russischen Region Nischni Nowgorod, verursacht offenbar durch einen ukrainischen Drohnenangriff.
Die Strategie der kleinen Nadelstiche, wie sie über den Kriegsverlauf hinweg mehrfach zum Einsatz kam, scheint aufzugehen.
Russland ist verwundbar. Auch wenn internationale Partner dies in den vergangenen Wochen häufig anders darstellten. Braucht es noch mehr Vertrauensbeweise aus der Ukraine?
Die vollmundigen Ankündigungen, etwa seitens der EU-Partner, Waffen sowie Munition zu schicken, sollten dringend an Fahrt aufnehmen. Die USA haben am Dienstagabend deutscher Zeit bekanntgegeben, der Ukraine Waffen im Wert von rund 300 Millionen US-Dollar aus den Pentagonbeständen bereitzustellen. Das ist nicht genug, doch das 60-Milliarden-Dollar-Paket von Joe Biden wird von den Republikanern blockiert. Innenpolitischer Zwist dieser Art sowohl in Deutschland als auch in den USA muss zu einem Ende kommen. Unwägbarkeiten gibt es an der tatsächlichen Front genug.