Washington. Die Botschaft klang ebenso kämpferisch wie vage: „Ich bin ein Vorsitzender in Kriegszeiten“, sagte Mike Johnson, der republikanische Chef des Repräsentantenhauses bei einer kurzen Pressekonferenz am Dienstag: „Ich trete nicht zurück!“

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Seither ist wieder einmal alles offen im dysfunktionalen US-Kongress. Plötzlich erscheint es nach einem halben Jahr der Sabotage durch die Trump-Republikaner möglich, dass in den nächsten Tagen doch noch ein neues Ukraine-Hilfspaket beschlossen wird. Doch mindestens so wahrscheinlich ist, dass Johnson von den eigenen Leuten gestürzt wird und das Parlament endgültig im Chaos versinkt.

Gesetzespaket steckt seit Februar fest

Im Februar hatte der Senat, die zweite Kammer des Kongresses, nach monatelangem Ringen ein Hilfspaket im Umfang von 95 Milliarden Dollar beschlossen, das Militärhilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan sowie humanitäre Unterstützung des Gazastreifens vorsieht. Wegen des Widerstandes von Donald Trump und seiner Anhänger gegen die Ukraine-Hilfen hängt das Paket jedoch seither im Repräsentantenhaus fest. Lange blieb Johnson, der nach dem Putsch rechter Hardliner gegen seinen Vorgänger Kevin McCarthy im vorigen Oktober ins Amt gekommen war, aus Sorge vor einer erneuten Revolte untätig.

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Nun hat er einen ebenso komplizierten wie heiklen Vorschlag gemacht, der nach Einschätzung von Beobachtern die Ukraine- und Israel-Hilfen theoretisch retten könnte: Er will über Bestandteile des Senatspakets einzeln abstimmen und Änderungen zulassen. Außerdem soll ein Verbot der Plattform Tiktok beschlossen werden. Anschließend will er die Gesetze als neu geschnürtes Paket an den Senat zurückschicken, der von den Demokraten beherrscht wird. Mehrheitsführer Chuck Schumer hält sich zwar bedeckt, hat den Plan aber nicht zurückgewiesen.

Drei Abweichler könnten Johnson stürzen

Die Sache hat freilich mehrere Haken: Angesichts einer hauchdünnen Mehrheit von nur noch 218 zu 213 Stimmen ist Johnson etwa bei den Ukraine-Hilfen mit Sicherheit auf die Unterstützung von Demokraten angewiesen. Eine Zusammenarbeit mit der Opposition aber dürfte bei den ultrarechten Hardliner seiner Fraktion, die ohnehin seinen Rücktritt fordern, das Fass zum Überlaufen bringen und einen Abwahlantrag auslösen. Wenn die Demokraten und nur drei republikanische Abweichler gegen ihn stimmen, ist Johnson seinen Job los.

Donald Trump (r), ehemaliger Präsident der USA und Bewerber auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, spricht während einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago.

Donald Trump (r), ehemaliger Präsident der USA und Bewerber auf die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, spricht während einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago.

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Seit Tagen laviert der „Speaker“ deshalb herum. Demonstrativ besuchte er in der vorigen Woche den Partei-Paten Donald Trump in Florida. „Ich komme mit ihm sehr gut klar“, sagte Trump anschließend gönnerhaft: „Er macht den Job so gut, wie es nur geht.“ Zum Hilfspaket aber äußerte er sich nicht. Die Trump-Anhänger in der Fraktion sind derweil gespalten: Während die ultrarechte Abgeordnete Marjorie Taylor Greene und der Libertäre Thomas Massie den Sturz von Johnson betreibt, weil er nach ihrer Meinung „Bidens Agenda“ durchdrückt, wollen andere Konservative eine erneute Führungskrise vermeiden. Sie wollen dem Gsetzesplan aber Maßnahmen zur Sicherung der US-Grenze hinzufügen und die Gaza-Hilfen streichen.

Dass Johnson sich auf Hinterzimmerverhandlungen mit diesen Republikanern einlässt, bevor er überhaupt einen schriftlichen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, halten politische Beobachter für einen Fehler: Sein ursprünglich klarer Plan drohe so zu zerbröseln. Hakeem Jeffries, der Fraktionschef der Demokraten, hat schon angekündigt, dass er ein Gesetz ohne die geplanten neun Milliarden Dollar Gaza-Hilfen nicht unterstützen wird.

Wie sich die Demokraten verhalten, wenn Greene und Massie ein Vertrauensvotum über den Parlamentschef erzwingen ist noch unklar. Denkbar wäre, dass einige der Abstimmung einfach fernbleiben und damit das Quorum für das politische Überleben von Johnson senken. Sollten sich die Republikaner, deren Mehrheit durch das Ausscheiden eines Abgeordneten am Freitag auf eine einzige Stimme schrumpft, aber weiter zerlegen, könnten die Demokraten auch versuchen, ihren eigenen Vormann Jeffries als neuen „Speaker“ durchzubringen.



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