Ückeritz. Ein kleiner Waldhang und 100 Stufen einer Strandtreppe liegen zwischen der Wohnung von Francesco Joeks und dem Meer. „Das Schönste hier ist die Ruhe“, sagt der Ückeritzer. Der 34-Jährige wohnt in erster Reihe und bester Lage.

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Wer jetzt von einer schicken Villa oder einem Haus mit modernen Eigentumswohnungen an der Küste ausgeht, den muss Francesco Joeks enttäuschen. Er wohnt in einer DDR-Platte und das mit gefühlt 30 weiteren Parteien.

Francesco Joeks wohnt seit knapp zehn Jahren in dem Wohnblock am Ückeritzer Steilufer.

Francesco Joeks wohnt seit knapp zehn Jahren in dem Wohnblock am Ückeritzer Steilufer.

Ein Viergeschosser am Meer, umgeben von Wald – auf Usedom wohl einzigartig. Hier gibt es einen Wäscheplatz, Spielgeräte für Kinder und eine kleine Grillecke für die Mieter.

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600 Euro Kaltmiete für 60 Quadratmeter in Ückeritz

Knapp 600 Euro Kaltmiete zahlt Joeks für seine 60 Quadratmeter große Dreiraumwohnung. „Du hast hier keinen Tourismusstress, lebst aber an der Küste. Das ist noch immer was Besonderes“, sagt der Ückeritzer, der bei den örtlichen Fußballern den Nachwuchs trainiert.

Vor neun Jahren zog er in die Wohnung im ersten Obergeschoss. „Damals lag die Kaltmiete noch bei rund 400 Euro“, erzählt Joeks, der sich im Oktober als Personaltrainer selbstständig machen will. Dazu absolviert er gegenwärtig eine Ausbildung, die von der Bundeswehr gefördert wird.

Wohnblock am Ückeritzer Steilufer: Das steckt dahinter

Der Wohnblock am Ückeritzer Steilufer ist noch ein Relikt aus sozialistischen Tagen und lange Bestandteil der benachbarten Reha-Klinik gewesen. Das Reha-Zentrum „Klinik Ostseeblick“ unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung war bis zur Wende ein Erholungsheim der NVA. In dem benachbarten Plattenbau waren die Mitarbeiter untergebracht. Bis 2016 blieb die Rentenversicherung Eigentümer, ehe der Block – 1997 wurde er saniert – an eine Firma in Bayern verkauft wurde. Verwalter ist heute ein Unternehmen aus Zwickau.

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Wenn Joeks und die anderen Mieter Besuch bekommen, fahren sie in eine Sackgasse. Am Waldrand gibt es Parkplätze. Vorsicht ist geboten, wenn man den Küstenradweg quert, der direkt am Steilufer-Wohnblock und der Reha-Klinik vorbeiführt. Das Gelände des Viergeschossers ist Privatgrundstück. „Betreten auf eigene Gefahr!“

Wohnungen im Obergeschoss haben Meerblick

„Leerstand gibt es hier nicht“, sagt Frank Schmidt, der seit 2006 in dem Block lebt. Anfangs bewohnte er mit seiner Familie eine Fünfraumwohnung in der obersten Etage. „Das war schon Luxus. Man konnte gut über den Hang aufs Meer schauen. Und im Sommer ist es besonders schön, wenn die Sonne aufgeht.“

Lebte früher mit seiner Familie in einer Fünfraumwohnung in der obersten Etage mit Meerblick: Frank Schmidt.

Lebte früher mit seiner Familie in einer Fünfraumwohnung in der obersten Etage mit Meerblick: Frank Schmidt.

Inzwischen wohnt er mit seinem Sohn im ersten Obergeschoss. „Das Schönste ist die Nähe zur Natur. Ich gehe aus dem Haus und stehe im Wald. Mein Hobby ist das Pilzesammeln. Und hier an der Küste gibt es viele Steinpilze“, sagt der 52-Jährige.

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Wohnen in Ückeritz: Wald, Meer und Arbeitsplatz in der Nähe

Von der Küstennähe profitieren vor allem die, die gerne Wald- und Strandspaziergänge machen. Schmidts Nachbar ist gerade mit dem Hund unterwegs. Noch immer sind einige Mieter in der benachbarten Reha-Klinik beschäftigt. So wie Anke Brosowski, die 1998 in eine Dreiraumwohnung einzog. Bei ihr liegen nicht nur Wald und Meer in der Nähe, sondern auch der Arbeitsplatz.

Der Plattenbau aus DDR-Zeiten liegt direkt am Küstenradweg in Ückeritz.

Der Plattenbau aus DDR-Zeiten liegt direkt am Küstenradweg in Ückeritz.

„Mal sehen, wie lange ich dort noch wohnen kann“, sagt die Ückeritzerin. „Für neun Jahre ist in unserem Haus eine Sozialcharta, so etwas wie eine Mietpreisbremse, eingeführt worden. Die läuft demnächst aus. Wer weiß, ob wir uns das dann noch leisten können?“

Das beschäftigt auch Frank Schmidt. „Als ich eingezogen bin, habe ich für 118 Quadratmeter 750 Euro warm gezahlt. Das zahle ich noch immer, allerdings jetzt für 60 Quadratmeter. Wenn die Miete weiter erhöht wird, kann ich mir das nicht mehr leisten.“ Dann hat er die Steinpilze nicht mehr vor der Tür.

OZ



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