Mitglieder der Initiative 2. Mai mit einem Protest vor dem Landgericht Mannheim.

Mitglieder der Initiative 2. Mai mit einem Protest vor dem Landgericht Mannheim.

Foto: dpa | Bernd Weißbrod

Wieder gibt es keine Gerechtigkeit für ein Opfer tödlicher Polizeigewalt. Mit dem heutigen Urteil zum Ersticken von Ante P. in Mannheim geht immerhin ein Angeklagter nicht straffrei aus. Jedoch bleibt die verhängte Strafe mit 120 Tagessätzen deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine sechsmonatige Gefängnisstrafe auf Bewährung wollte. Die Täter kommen also größtenteils ungeschoren davon – gut, dass die Nebenklage vermutlich in Revision geht.

Das Urteil tritt den letzten Willen von Ante P. mit Füßen. Die letzten überlieferten Worte des unter einem Polizeiknie auf dem Marktplatz Sterbenden waren »Ich will einen Richter!«. Den hat das Opfer zwar bekommen; der mit dem verzweifelten Ausruf ausgedrückte Wunsch nach Ahndung des Verbrechens wurde jedoch nicht erfüllt. Auch die Angehörigen dürften das Urteil als Schlag ins Gesicht empfinden: Sie hatten als Nebenkläger ein so hohes Strafmaß gefordert, dass die Beamten wenigstens aus dem Polizeidienst entlassen werden müssten.

Polizeigewalt trifft vor allem rassifizierte Menschen, Menschen in einer psychischen Ausnahmesituation sowie Armutsbetroffene. All dies traf auf Ante P. zu, deshalb steht sein Tod symbolhaft für das deutsche Polizeiproblem. Das milde Urteil und der eilige Prozess stehen aber auch für ein ein ebenso großes Justizproblem: Kaum ein Fall von tödlicher Staatsgewalt landet überhaupt vor Gericht, noch seltener gibt es ein Urteil.

Alle Augen müssen sich deshalb nach Dortmund richten. Dort verhandelt das Landgericht gegen fünf Polizisten, die den jugendlichen Geflüchteten Mouhamed Dramé mit einer Maschinenpistole regelrecht hingerichtet haben. Auch diese Täter sollen nicht davonkommen.

Kontext: Im Prozess um den Tod eines Manns nach einem Polizeieinsatz in Mannheim ist ein Polizeibeamter zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Mannheim verhängte gegen den Angeklagten am Freitag wegen Körperverletzung im Amt eine Geldstrafe von insgesamt 6000 Euro. Ein weiterer Beamter, der wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen angeklagt war, wurde freigesprochen. Ein psychisch kranker 47-Jähriger war im Mai 2022 nach einem Polizeieinsatz gestorben. Der Hauptangeklagte soll ihn mit Pfefferspray besprüht und dem Mann vier Faustschläge versetzt haben. Insbesondere die Faustschläge waren nach Ansicht der Richter nicht vom Polizeirecht gedeckt und damit nicht gerechtfertigt. Allerdings lasse sich die konkrete Todesursache nach dem Einsatz auf dem Mannheimer Marktplatz nicht aufklären. Deshalb sprach das Gericht den Hauptangeklagten vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge frei, auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung schied demnach aus. Grundsätzlich seien der Polizeieinsatz und die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den sich widersetzenden Patienten gerechtfertigt gewesen, befand das Gericht. Die dem Mann unter anderem gegen den Kopf versetzten Faustschläge seien allerdings nicht von Notwehr gedeckt gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer sechs Monate Haft gefordert. Die Verteidigung verlangte Freispruch. Die Nebenklage, welche die Angehörigen des Toten vertritt, beantragte dreieinhalb Jahre Haft für den Hauptangeklagten Beamten. Im Verfahren war die Todesursache strittig. Laut dem Gutachten der Staatsanwaltschaft erstickte der Mann infolge einer blutig geschlagenen Nase, nach dem Gutachten der Verteidigung starb er wegen einer schweren Vorerkrankung an Herzversagen. Nach dem Polizeieinsatz kam es in Mannheim zu Protesten und Solidaritätskundgebungen mit dem Verstorbenen. AFP

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