In Kiel zeigt die Formkurve spürbar nach oben. Nicht so
schwer, einerseits, weil die Wacken-Sause
vom letzten Mal zwar tolle Tourismuswerbung gemacht hat,
als ARD-Sonntagabendkrimi aber entsprechend lau ausfiel. Und nicht so
überraschend, andererseits, weil das Drehbuch zum neuen Abenteuer Borowski
und der Wiedergänger (NDR-Redaktion: Christian Granderath, Sabine
Holtgreve) von Sascha Arango stammt.
Denn Arango gehört zu den wenigen Tatort-Autoren, die
sich für die Genrelogiken des Kriminalfilms jenseits des Whodunnit
interessieren und nach unkonventionellen Lösungen für die Spannung suchen. Die Täterin
steht meist fest, wie
beim letzten Mal vor – auf den Tag genau – fünf Jahren, weil die tödlichen
Konflikte eh im engsten Umfeld stattfinden; Nachbarschaft als Ort des Verdachts ist beliebt.
Oder Familie, nicht zu sagen Ehe. Denn das Opfer in Borowski und der
Wiedergänger ist Tobias Exner (Pétur
Óskar), der Ehemann der Hauptfigur Greta Exner (Cordelia Wege). Los geht
es mit einem Vorgucker nach dem Vorspann – Greta Exner, Unternehmerin des
Jahres, schreckt auf im Bett und folgt verdächtigen Geräuschen im Keller, wo
schließlich schemenhaft ein Mann aus einer Tür tritt. Auf den prügelt Exner
ein, und zwar mit der Unternehmerin-des-Jahres-Trophäe. Man denkt, man habe die
Tat gesehen, aber das ist eine Täuschung.
Dann fängt der Tatort richtig an – Empfang bei
Exners, Anlass ist die Auszeichnung als Unternehmerin des Jahres. Und das ist
schon mal witzig, weil der klobige Pokal eben noch das Werkzeug für die
Gewalttat war – ein gutes Bild dafür, dass der ganze Erfolgsschmonz bei Exners
eben nur Schmonz ist. Denn Greta stammt aus einer reichen Unternehmerfamilie mit
besten Verbindungen zu Polizei und Presse, die Auszeichnung verdankt sie dem
Einfluss ihrer Mutter (Karin Neuhäuser). Kunst, also die Fotografie, in der
Greta sich versucht, ist hier das Hobby von Leuten, die nicht gut sein müssen,
weil sie Bildbände und Vernissagen einfach selbst finanzieren können.
Tobias Exner will in dieses Setting nicht passen, ein
Emporkömmling und Frauenheld, den Greta als Animateur in einem Hotel getroffen
hat. Wie Tobias so drauf ist, erfährt man im Film immer wieder in Schwarz-Weiß-Szenen, die Zeugenaussagen sein sollen. Leute, die ihn kannten, berichten da, dass er etwa Segeltörns
mit einem Freund vorgeschoben hatte, wenn er Greta mit anderen Frauen betrog.
Borowski und der Wiedergänger führt das
kontaktfreudige Leben von Tobias vor, wenn der mit einer unbekannten Frau
chattet und mit ihr Pläne schmiedet, Greta durch Mord loszuwerden. Hinter der
Unbekannten, das zeigt der Tatort bald, steckt natürlich Greta selbst –
und dann ist irgendwann Tobias verschwunden, er ist eben nicht auf Segeltörn, sondern
weg. Und Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bağrıaçık) suchen, aber
finden nix.
Dieser Tatort kommt also sehr lange ohne das aus, was
in den meisten anderen ARD-Sonntagabendkrimis von Beginn an rumliegt: die
Leiche. Und nicht nur das: dieser Tatort kommt auch sehr lange ohne
Mörderin aus und die ganze Zeit ohne Erklärung dafür, wie Greta Exner das genau
gemacht hat, den eigenen Mann umbringen.
Diese Verweigerung von Krimikonventionen ist der Clou im
Spiel mit dem Format, das Borowski und der Wiedergänger betreibt. Nach
knapp 70 Minuten packen Mila Sahin und Boro ihre Sachen zusammen, weil sie
nicht beweisen können, was sie vermuten. “Läuft die Kamera eigentlich
noch?”, fragt Mila Sahin den Kollegen, der mit Papieren und Kaffeetassen
unterm Arm das Gerät abstellt und bescheidet: “Das war’s,
Feierabend.”
In Kiel zeigt die Formkurve spürbar nach oben. Nicht so
schwer, einerseits, weil die Wacken-Sause
vom letzten Mal zwar tolle Tourismuswerbung gemacht hat,
als ARD-Sonntagabendkrimi aber entsprechend lau ausfiel. Und nicht so
überraschend, andererseits, weil das Drehbuch zum neuen Abenteuer Borowski
und der Wiedergänger (NDR-Redaktion: Christian Granderath, Sabine
Holtgreve) von Sascha Arango stammt.
Denn Arango gehört zu den wenigen Tatort-Autoren, die
sich für die Genrelogiken des Kriminalfilms jenseits des Whodunnit
interessieren und nach unkonventionellen Lösungen für die Spannung suchen. Die Täterin
steht meist fest, wie
beim letzten Mal vor – auf den Tag genau – fünf Jahren, weil die tödlichen
Konflikte eh im engsten Umfeld stattfinden; Nachbarschaft als Ort des Verdachts ist beliebt.