Nach dem vorzeitigen Scheitern der Verhandlungen bei der Bahn stehen die Zeichen wieder auf Streik. Aber bis Sonntag gilt noch die Friedenspflicht.
BERLIN dpa/taz | Noch ein Wochenende lang können Fahrgäste der Deutschen Bahn beruhigt sein: Bis einschließlich Sonntag gilt im festgefahrenen Tarifkonflikt eine selbstauferlegte Friedenspflicht der Lokomotivführergewerkschaft GDL. Nach dem vorzeitigen Scheitern vierwöchiger Verhandlungen hinter verschlossenen Türen am Donnerstag hatte die GDL angekündigt, sich an diese Absprache zu halten. Doch ab kommender Woche drohen wieder lange Arbeitskämpfe und damit weitreichende Beeinträchtigungen im Fern-, Regional und Güterverkehr.
Einen ersten Hinweis darauf könnte die GDL am Montag geben. In einer Pressekonferenz will Gewerkschaftschef Claus Weselsky über die zurückliegenden Gespräche informieren und das weitere Vorgehen besprechen. Für die GDL gebe es keinen Grund, sich bis dahin nicht an die Verabredungen zu halten, teilte sie mit. Damit sind Arbeitskämpfe zumindest an diesem Wochenende noch ausgeschlossen.
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte am Freitag das Scheitern der wiederaufgenommenen Gespräche. „Die Belastungsgrenze für Fahrgäste ist erreicht“, sagte Verbandschef Detlef Neuß der Deutschen Presse-Agentur. „Wir plädieren für eine Schlichtung. Es muss dringend eine Einigung her.“ Der seit Monaten dauernde Tarifkonflikt sei eine Zumutung für Passagiere und diesen nicht mehr vermittelbar. „Die Fahrgäste sind keine Tarifpartner, leiden aber am meisten unter dem Konflikt.“
Dabei saßen in den vergangenen Wochen der Deutschen Bahn zufolge bereits zwei Schlichter mit am Verhandlungstisch. Die Bahn hatte den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière hinzugerufen. Für die GDL vermittelte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther. Doch selbst die erfahrenen christdemokratischen Schlichter konnten keinen Kompromiss vermitteln.
Damit tritt der Tarifstreit auf der Stelle. Eine erste Verhandlungsphase hatte Weselsky Ende November für gescheitert erklärt. Über Wochen gab es daraufhin keine Gespräche, dafür aber eine Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern und zwei Streiks im Januar. Anfang Februar kamen beide Seiten wieder zu Gesprächen zusammen. Rund vier Wochen lange wurde intensiv verhandelt. An die Öffentlichkeit drang nichts. Beide Seiten hatten Geheimhaltung bis einschließlich 3. März vereinbart.
Knackpunkt Wochenarbeitszeit
Dieses Schweigen brach am Donnerstag vorzeitig die Deutsche Bahn. Trotz angeblich weitreichender Zugeständnisse und trotz des Einsatzes der externen Moderatoren habe die GDL die Gespräche frühzeitig platzen lassen, teilte der Konzern mit.
Gescheitert sind die Verhandlungen der Deutschen Bahn zufolge an der Kernforderung der Gewerkschaft nach einer stufenweise Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter:innen von 38 auf 35 Stunden ohne finanzielle Einbußen, wie es die GDL bereits mit einer Reihe kleinerer Verkehrsunternehmen für die Zeit bis 2028 vereinbart hat. Die Deutsche Bahn lehnt das ab, hatte in den Wochen zuvor nur Angebote im Rahmen von bestehenden Arbeitszeitwahlmodellen unterbreitet.
„Wir waren bereit, Schritte bei der Arbeitszeitverkürzung zu gehen, die weit über unser letztes Angebot hinausgehen“, hieß es nun von Personalvorstand Martin Seiler. Details nannte er allerdings nicht. Die GDL habe sich hingegen „keinen einzigen Millimeter bewegt“. Sie habe „bis zuletzt dogmatisch auf der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich“ beharrt.
Auch beim Lohn habe die Deutsche Bahn laut Seiler „große Zugeständnisse“ gemacht und sei bereit gewesen, „eine Entgelterhöhung mit Festbeträgen zu vereinbaren, die in der Höhe mit den Abschlüssen von EVG und öffentlichem Dienst vergleichbar sind“. Was allerdings kein großes Zugeständnis wäre. Mit Hinweis auf die eigentlich zwischen allen Beteiligten vereinbarte Vertraulichkeit kommentierte die GDL die Aussagen des Bahnvorstands nicht, sondern will erst am Montag dazu Stellung nehmen.