Utting – Das sanfte Plätschern des Wassers, weiße Boote, die über das glasklare Wasser segeln, und grüne Wiesen, die zum erholsamen Sonnenbaden einladen – das ist für viele der Ammersee. Die Realität ist – gerade für Anwohner – oft eine andere. Lärm, Saufgelage und Müll machen dem Seevolk zu schaffen. Das schildert zumindest der Anwohner, der seit Monaten gegen die Seefeste in Utting vorgeht und damit für Aufruhr sorgt.

Anwohner kämpft gegen Seefeste am Ammersee: “Immer mehr Teilnehmer, immer mehr Aufführungen, immer mehr Lärm bis weit in die Nacht hinein”

Die Seebühne und der Summermarkt sind dem Anwohner, der nur wenige Meter vom Veranstaltungsort – dem Summerpark – wohnt, ein Dorn im Auge. “Aus den kleinen, überschaubaren Veranstaltungen ist sukzessive ein Massen-Event geworden”, sagt der Anwohner der AZ. Seinen Namen möchte er aus Angst vor Anfeindungen nicht nennen.

Für die Anwohner rund um den Park sei die Situation immer belastender geworden. “Immer mehr Teilnehmer, immer mehr Aufführungen, immer mehr Lärm bis weit in die Nacht hinein”, sagt der Mann, der am Ammersee aufgewachsen ist und die Entwicklungen im Park nach eigenen Angaben seit vielen Jahren verfolgt.

40-seitiges Anwaltsschreiben gegen die Seefeste

Im Februar hat der Mann mit einem 40-seitigen Anwaltsschreiben versucht, die Seefeste zu verhindern. Teil der “Aneinanderreihung von Unterstellungen”, wie Summermarkt-Veranstalter Miene Gruber die unliebsame Postsendung in der AZ genannt hat, war auch ein Lärmgutachten. In diesem werden laut dem Anwohner mitten in der Nacht Überschreitungen des Lärmgrenzwertes von über 30 Dezibel auf seiner Terrasse angegeben.

“Für viele Anwohner, auch in unserem Haus, sind Gärten und Terrassen abends über viele Tage hinweg kaum mehr nutzbar. Das wurde immer schlimmer – eine Trendwende war nicht in Sicht”, beklagt der Mann. Für den Anwohner ist das eine allgemeine Entwicklung, die sich im Summerpark vollzieht.

Probleme auch außerhalb der Festspielzeiten: “Müll, leere Flaschen, Fäkalien überall”

Die intensive Nutzung des Parks nehme auch außerhalb der Festspielzeiten stetig zu. “In den Tagen danach ist der Park nicht mehr wiederzuerkennen: Müll, leere Flaschen, Fäkalien überall – und leider auch in den Gärten der Anwohner.” Schon lange geht der Mann gegen die Probleme rund um den Park vor. Das bestätigt auch Armin Sieber, Kommunikationsberater aus München, der AZ. Der Anwohner hat ihn beauftragt, da der Wirbel um seine Person immer größer wurde.

Vor der Kulisse des Ammersees werden jährlich Theaterstücke inszeniert.
Vor der Kulisse des Ammersees werden jährlich Theaterstücke inszeniert.
© Dany Mayland
Vor der Kulisse des Ammersees werden jährlich Theaterstücke inszeniert.

von Dany Mayland

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Sieber sagt, dass die Gemeinde, das Landratsamt, die Veranstalter und Naturschutzbehörden wiederholt von seinem Mandanten kontaktiert worden seien. Lediglich die Untere Naturschutzbehörde habe dem Mann geantwortet. “Die haben gesagt, dass die Landschaft im Summerpark durch die Menschenmassen ohnehin überprägt ist und daher kein Landschaftsschutz greift”, sagt Sieber. Von der Gemeinde und den Veranstaltern sei hingegen keine direkte Reaktion gekommen. “Was ich bei dieser Auseinandersetzung feststelle, ist die mangelnde Fähigkeit zum Gespräch.”

Veranstalter wehrt sich gegen Vorwürfe: “Für mich keine Grundlage für ein Gespräch”

Miene Gruber wehrt sich in der AZ gegen diesen Vorwurf. “Dass der Mann sich als kommunikationsbereiter Nachbar darstellt, ist für mich keine Grundlage für ein Gespräch”, sagt er. Der Anwohner habe ohne Ankündigung und vorheriges Gespräch das Anwaltsschreiben rausgeschickt. “Wenn jemand kommt und sinngemäß sagt, ,ich mache euch kaputt’, dann ist das keine tolle Basis, um zu sprechen”, sagt Gruber. Zuvor habe nie ein persönliches Gespräch mit dem Anwohner stattgefunden.

Zu den Entwicklungen am Summerpark sagt er: “Nach dem Corona-Lockdown, als die Jugendlichen wieder frei gelassen wurden, sind die schon ausgeflippt.” Leute seien mit dem Zug angereist und hätten mit lauten Musikboxen Partys veranstaltet und Radau gemacht. “Das war tatsächlich ein Problem, was aber seitdem wieder abgenommen hat.” Auch sein 17-jähriger Sohn würde ihm das so erzählen. Viel Polizei sei vor Ort und es sei bei Weitem nicht so wie von dem Anwohner beschrieben.

Dennoch werden auch in diesem Jahr zusätzliche Sicherheitskräfte im Park für Recht und Ordnung sorgen, wie der „Kreisbote“ berichtet. Der Gemeinderat in Utting habe diese Entscheidung in seiner jüngsten Sitzung getroffen. Vor allem von Juni bis September sollten die Mitarbeiter nach 19 Uhr die Einhaltung der strengen Parkordnung im Summerpark kontrollieren.

Für viele der Anwohner Uttings sind die Seebühne ab Juli und der Summermarkt im Juni das letzte verbliebene Stück Kultur. Miene Gruber hat als Reaktion auf das Vorgehen des Anwohners innerhalb kürzester Zeit 4000 Unterschriften für eine Petition zum Erhalt der Seefeste sammeln können. Die Welle der Solidarität mit den Veranstaltern ist groß. Auch der Anwohner empfand die Feste als etwas Gutes. Aber: “Im Laufe der Zeit ist daraus ein reines Sauf- und Fressfestival geworden”, sagt er. “Mit Tradition und dem sympathischen, alten Summermarkt, den es bis 2019 gegeben hat, hat das nichts mehr zu tun.”

Seither hat Miene Gruber die Leitung des Kunsthandwerkmarktes übernommen. Größer oder ausufernder sei dieser seitdem jedoch nicht geworden, sagt Gruber. Unter seiner Vorgängerin hätten in Spitzenzeiten über 100 Aussteller ihre Ware auf dem Markt angeboten und die Bands hätten bis Mitternacht gespielt. “Da hat es überhaupt keinen interessiert.” In diesem Jahr seien es etwa 70 Aussteller.

Krisenberater des Anwohners bemängelt fehlende Kommunikation: “Alles wird nur über die Medien gemacht”

Gruber und Seebühnen-Chef Florian Münzer kamen dem Anwohner kürzlich sogar entgegen. Sie machen in diesem Jahr schon um 22 Uhr Schluss mit Musik und Gastronomie. Die Seebühne reduziert zudem ihre Aufführungen im Juli von 20 auf 16 Tage. Dazu kann Krisen- und Kommunikationsberater Sieber nichts sagen. “Das wurde nie direkt an uns herangetragen – alles wird nur über die Medien gemacht.”

Der Uttinger Gemeinderat hat die beiden Veranstaltungen nach den Änderungen im März einstimmig genehmigt und so den Veranstaltern den Rücken gestärkt. Die Reduzierung der Öffnungszeiten könnte laut Sieber zumindest ein Ansatz für weitere Gespräche sein. “Wenn da ein Paket geschnürt wird, bei dem am Ende etwas Sinnvolles herauskommt, dann wäre das ja prima.”

Miene Gruber sieht hingegen keinen Anlass mehr für persönliche Gespräche. Er lasse sich in der Vorbereitung nicht weiter stören. “Wir lassen uns nicht die gesamte Grundlage der Uttinger Kultur nehmen.” Er werde notfalls den juristischen Weg weitergehen, den der Anwohner begonnen hat.





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