Die Bahn ist mit ihrem Eilantrag gescheitert. Seit Dienstagfrüh bestreikt die GDL den Personenverkehr. Auch bei der Lufthansa wird erneut gestreikt.

Ein rotes Licht leuchtet am leeren Gleis auf dem Flughafenbahnhof in Köln

Ein leeres Gleis am Flughafenbahnhof in Köln Foto: Oliver Berg/dpa

BERLIN rtr/afp | Der bundesweite Streik der Lokführer im Fern- und Nahverkehr hat wie geplant in der Nacht zum Dienstag begonnen. Fahrgäste müssen seit zwei Uhr wieder mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Während der 24-stündigen Arbeitsniederlegung soll nach Angaben der Bahn bundesweit noch ein Grundangebot von 20 Prozent des regulären Fahrplans im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr rollen. Es sei mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen, teilte die Bahn mit. Im Güterverkehr stehen die Züge bereits seit dem Abend still.

Die Bahn war zuvor vor dem Arbeitsgericht Frankfurt mit einem Eilantrag gegen den Ausstand der in der GDL organisierten Lokführer gescheitert. Die Berufung wird erst im Laufe des Dienstags verhandelt.

„Das Gericht hat es zum wiederholten Male bestätigt: Die Streiks der GDL sind verhältnismäßig, zulässig, rechtmäßig und somit geeignet, die berechtigten Forderungen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner mittels Arbeitskampf weiter zu verfolgen“, erklärte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky.

Die Bahn hatte den inzwischen sechsten Arbeitskampf der GDL und den ersten sogenannten Wellenstreik hingegen als „unverhältnismäßig“ bezeichnet. Personalvorstand Martin Seiler sagte, insbesondere der „viel zu kurze Vorlauf von nur 22 Stunden im Güterverkehr“ sei eine „blanke Zumutung“. Dem folgte das Gericht nicht. Der Streik sei nicht unverhältnismäßig, urteilte die vorsitzende Richterin Stephanie Lenze.

Kernforderung: 35 statt 38 Stunden pro Woche

Die Bahn hatte bereits Ende vergangenen Jahres einmal versucht, einen Ausstand zu verhindern. Auch damals war sie vor Gericht gescheitert. Die Bundesregierung erklärte, sie werde sich aus der Auseinandersetzung beim Staatskonzern heraushalten. Beide Seiten sollten aber die Auswirkungen auf die Menschen im Blick haben, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Das Verkehrsministerium von Minister Volker Wissing betonte, der Appell richte sich vor allem an die GDL. Nötig sei ein förmliches Schlichtungsverfahren. Die GDL überspanne den Bogen, sagte ein Sprecher.

Personalvorstand Seiler hatte die Streikankündigung angeprangert. „Diese Unplanbarkeit des Zugverkehrs ist nicht hinnehmbar. Menschen müssen zur Arbeit, Waren müssen in die Fabriken, Kohle muss in die Kraftwerke, ohne die Bahn geht nichts mehr in diesem Land.“ Wer eine Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden fordere und in einem Gesamtpaket 36 Stunden bekommen könnte, der dürfe nicht das ganze Land lahmlegen.

Florian Weh, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverband MOVE, erklärte nach der Gerichtsentscheidung: „Wir haben mehrfach betont, dass eine 35-Stunden-Woche – das ist eine dreistündige Absenkung der heutigen Arbeitszeit – zu enormen Kapazitätsproblemen im Bahnverkehr führen wird. Es besteht die Gefahr, dass Züge stehen bleiben.“

Die GDL hatte für einen Verzicht auf Streiks ein neues und verbessertes Angebot der Bahn gefordert. Die Bahn wiederum hatte am Wochenende neue Verhandlungen auf Grundlage eines von Moderatoren in der vorigen Verhandlungsrunde ausgearbeiteten Konzepts angeboten. Dieses sah unter anderem eine Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 36 Stunden mit vollem Lohnausgleich vor, derzeit sind es 38. Die GDL fordert aber eine Reduzierung auf 35 Stunden.

Auch die Flugbegleiter streiken

GDL-Chef Weselsky hatte vor der Auslandspresse in Berlin gesagt, er sehe durchaus noch Verhandlungsspielraum bei der Arbeitszeit. So könne man über die stufenweise und zeitliche Streckung der Einführung der 35-Stunden-Woche sprechen. Mit anderen Unternehmen hat die GDL dies bis 2028 vereinbart. „Die 35 Stunden als solches sind eigentlich nicht verhandelbar.“ Er hat auch Streiks über Ostern nicht ausgeschlossen: „Wir werden nicht sagen, wie viel wir streiken und bis wann.“

Parallel zum GDL-Streik haben auch bei der Lufthansa und ihrer Regionalflugtochter Cityline die Flugbegleiter einen auf zwei Tage angelegten Streik begonnen. Sie bestreiken am Dienstag die Abflüge von Frankfurt am Main und dann am Mittwoch die Abflüge von München. Der Ausstand soll jeweils von 04.00 Uhr bis 23.00 Uhr dauern.

Betroffen sind nach Angaben der Lufthansa am Dienstag in Frankfurt 600 Flüge und 70.000 Passagiere. Am Mittwoch werden es den Angaben zufolge dann in München 400 Flüge und 50.000 Passagiere sein.

Verhandlungen im ÖPNV gescheitert

Aufgerufen zu dem Streik hat die Gewerkschaft UFO (Unabhängige Flugbegleiter Organisation). Sie fordert unter Verweis auf den Rekordgewinn der Lufthansa von knapp 1,7 Milliarden Euro 15 Prozent mehr Lohn bei 18 Monaten Laufzeit, 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie und höhere Zulagen. Zudem will die Gewerkschaft erreichen, dass eine zweite, niedrige Vergütungstabelle bei Lufthansa Cityline „rückabgewickelt“ wird.

Am Donnerstag und Freitag erst hatte das Bodenpersonal der Lufthansa erneut gestreikt. Die Airline konnte an beiden Tagen nur etwa 10 bis 20 Prozent des Flugprogramms anbieten.

Am Dienstagmorgen erklärte zudem Verdi NRW die Tarifverhandlungen über die Arbeitsbedingungen der rund 30.000 Beschäftigten in den kommunalen Verkehrsbetrieben für gescheitert. Das sagte Verdi-Nahverkehrsexperte Peter Büddicker am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.



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