Berlin. Die deutsche Klimapolitik bleibt umkämpft wie umstritten: Während der Bundesrat an diesem Freitag den Änderungen am Klimaschutzgesetz der Ampelkoalition zustimmte und dafür scharfe Kritik von Umweltverbänden erhielt, musste sich ihrerseits die Bundesregierung mit einer Niederlage vor Gericht befassen. Laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg muss die Ampel ihr Klimaschutzprogramm vom vorigen Herbst nachschärfen. Die bisher aufgelisteten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen, urteilten die Richter am Donnerstagabend – und gaben damit zwei Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die beschlossenen Pläne der Bundesregierung zur CO₂-Reduktion würden nicht vollständig die gesetzlichen Vorgaben erreichen, erklärte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle. Es sei jetzt bereits absehbar, dass von 2024 bis 2030 viele Sektoren die zulässigen Mengen an ausgestoßenen Treibhausgasen überschreiten werden. Diese seien jedoch verbindlich, betonte sie in der Urteilsbegründung.

16.05.2024, Berlin: Aktivisten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) protestieren mit Masken, die die führenden Mitglieder der Ampelregierung zeigen, vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin. Oberverwaltungsgerichtes. (Zu dpa «Berliner Gericht verhandelt über Klima-Klagen gegen Bundesregierung») Foto: Paul Zinken/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Klima-Urteil gegen die Ampel: Eine Ohrfeige – und ein Vorgeschmack

Die Bundesregierung muss ihr Klimaschutzprogramm verschärfen. So hat ein Gericht geurteilt und damit Klimaschutzaktivisten recht gegeben. Die Politik muss endlich einsehen, dass die Zeit der leeren Versprechen vorüber ist – sonst kassiert sie noch weitere Urteile dieser Art, kommentiert RND-Hauptstadtkorrespondent Steven Geyer.

Novelle des Klimaschutzgesetzes am Freitag ohne Auswirkung auf Urteil

Die am Freitag verabschiedete Novelle des Klimaschutzgesetzes hat keine Auswirkungen auf das Urteil, denn sie ändert nichts an den Klimazielen selbst: Deutschland soll weiterhin bis 2045 treibhausgasneutral werden. Neu ist vor allem, dass es künftig eine mehrjährige und sektorenübergreifende Gesamtbetrachtung des Treibhausgasausstoßes geben wird. Dieser soll dort gemindert werden, wo die größten Einsparpotenziale liegen. Damit entfällt die bisherige Verpflichtung für Sofortmaßnahmen für die Ministerien, die die Ziele verfehlten – bislang vor allem das von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Auf dessen Beritt hatten die Kläger gegen das Klimaprogramm vor allem gezielt: DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch erklärte denn auch nach dem Urteil, nun müsse die Bundesregierung rasch nachbessern – und empfahl vor allem Tempolimits im Straßenverkehr.

Das Bundesklimaministerium will das Urteil erst einmal prüfen, erklärte eine Sprecherin des Klimaschutzministeriums am Freitag in Berlin. Das gelte auch für die Entscheidung, ob die Bundesregierung Revision einlegen werde oder nicht.

Klimaschutz: Grüne fordern mehr Anstrengungen

Die Grünen forderten angesichts des Urteils, dass in der Ampelkoalition „die Anstrengungen für mehr Klimaschutz entschlossen fortgesetzt werden“, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) – und verknüpfte die Forderung mit den Finanzverhandlungen im Kabinett und im Bundestag: „Das betrifft insbesondere die Programme aus dem Klima- und Transformationsfonds bei den anstehenden Haushaltsberatungen“, so Dröge. „Hier gibt es keinen Spielraum für Kürzungen.“ Insbesondere der Verkehrssektor müsse allerdings „deutlich mehr liefern“.

So sieht es auch die SPD im Bundestag: Auch nach der Novelle des Klimaschutzgesetzes und unabhängig davon, ob die Bundesregierung gegen das Berliner Urteil in Revision gehe, müsse sie „vor allem im Mobilitätsbereich weitere Anstrengungen unternehmen“, sagte SPD-Klimaexperte Mathias Miersch dem RND.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Klima-Kompass

News und Entwicklungen rund um den Klimawandel. Jeden Freitag in diesem Newsletter.

Das sehen die Liberalen freilich ganz anders: „Mit dem neuen Klimaschutzgesetz haben wir die deutsche Klimapolitik bereits grundlegend reformiert“, erklärte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler dem RND: In Kombination mit dem EU-Emissionshandel könne Deutschland somit seine Klimaziele garantiert und kosteneffizient erreichen, betonte er. „Nach der heutigen Zustimmung des Bundesrats ist die planwirtschaftliche Klimapolitik der CDU-geführten Bundesregierung, die auf Sektorziele und teure Sofortprogramme setzte, endgültig beendet. Jetzt ist der Weg frei für eine marktwirtschaftliche Klimapolitik, bei der CO₂-Emissionen zuerst dort reduziert werden, wo es für Bürger und Unternehmen am wenigsten kostet.“

Die CDU/CSU kritisierte das Vorgehen der Ampel: „Wieder hat es die Ampel schwarz auf weiß: Sie verstößt gegen das Klimaschutzgesetz, es müsste mehr auf den Weg gebracht werden“, sagte Unionsfraktionsvize Andreas Jung dem RND. „Statt aber ihre Hausaufgaben zu machen, schafft sie die Hausaufgaben ab.“ Die Koalition wolle die Pflicht zur Nachsteuerung auch bei sektorenübergreifendem Verfehlen des Klimaziels loswerden, so Jung. „Damit steht dann fest: In der Regierungszeit der Ampel gibt es keine gesetzlichen Pflichten mehr, völlig unabhängig von den Entwicklungen der Emissionen. Klimaschutz wird damit schlicht in die Zukunft verschoben.“



Source link www.ln-online.de