München – Freunde treffen sich zum Essen, doch man selbst bleibt zuhause. Ein Urlaub ist dieses Jahr nicht drin. Und das eigene Kind kann auch nicht mit auf Klassenfahrt. 14,2 Millionen Menschen in Deutschland kennen solche Situation: Sie gelten als arm. Das geht aus dem Armutsbericht hervor, den der Paritätische Wohlfahrtsverband (Der Paritätische) am Dienstag für das Jahr 2022 vorgestellt hat. Fast eine Millionen Menschen sind seit der Pandemie und der Energiekrise in die Armut gerutscht.

Arme nach Erwerbsstatus 2022 (in Prozent).
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Die Betroffenen? Rentner (23,2 Prozent), Erwerbstätige (26,4 Prozent) und Kinder (21,8 Prozent). Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst demnach in Armut auf – ein neuer Rekord. Für Bayern sieht es nicht viel besser aus: Der VDK Bayern teilt auf Nachfrage der AZ mit, dass 17,4 Prozent aller Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet seien. “Das ist eine Schande für so ein reiches Land wie Deutschland”, sagt die VDK-Landesvorsitzende Verena Bentele.

Inflation verschärft die Armut in Bayern und Deutschland

Als arm gilt ein Single in Deutschland, der weniger als 1189 Euro Einkommen pro Monat hat. Der Grenzwert steigt, je größer der Haushalt ist. Und hängt davon ab, wie hoch das eigene Einkommen im Vergleich zum mittleren (etwa 3645 Euro brutto) in ganz Deutschland ist. Das Problem an dieser Berechnung: Die Kaufkraft fließt nicht mit ein. Ulrich Schneider, Chef des Paritätischen, räumt ein: “Dass die Armen viel ärmer sind, taucht in dieser Statistik nicht auf.”

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, hält während der Bundespressekonferenz unter dem Motto "Armut in der Inflation" des Paritätischen Gesamtverbandes den Bericht zur Armutsentwicklung in der Hand.
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, hält während der Bundespressekonferenz unter dem Motto “Armut in der Inflation” des Paritätischen Gesamtverbandes den Bericht zur Armutsentwicklung in der Hand.
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Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, hält während der Bundespressekonferenz unter dem Motto “Armut in der Inflation” des Paritätischen Gesamtverbandes den Bericht zur Armutsentwicklung in der Hand.

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Sie trifft die Inflation besonders hart: “Weil sie ein Großteil ihres Einkommens für lebensnotwendige Dinge ausgeben müssen”, sagt eine Sprecherin des Paritätischen in Bayern der AZ. Nahrungsmittel verteuerten sich zwischenzeitlich über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Wenngleich die Inflationsrate wieder sinkt, schrumpfen die Preise nicht.

Diese Region in Bayern ist am ärmsten

Im Ländervergleich zeigt sich, wie ungleich die Armut in Deutschland verteilt ist: In Bayern ist jede achte Person betroffen, in Bremen jede dritte. Auch innerhalb des Freistaats klaffen große Lücken zwischen den Regionen: In München liegt die Armutsquote bei 9,5 Prozent, in Oberfranken-Ost bei 17 Prozent.

Allerdings erhalten nur knapp vier Prozent der Bayern Grundsicherung. “Armut ist weit über den Kreis der SGB II-Beziehenden heraus anzutreffen. Zum Beispiel bei Menschen in Niedriglohnjobs”, sagt eine Sprecherin des Paritätischen in Bayern. Mehr Menschen in Jobs zu bringen, schützt also nicht unbedingt vor Armut. Das sieht das bayerische Sozialministerium anders.

“Ein guter Arbeitsmarkt und ein durchgängiges Erwerbsleben sind die beste Armutsprävention”, sagt Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) der AZ. Der Paritätische schlägt hingegen vor, den Mindestlohn auf 15 Euro und das Bürgergeld von 563 auf 813 Euro anzuheben. Sowie eine “armutsvermeidende Kindergrundsicherung” einzuführen.





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