Die Europawahl rückt näher und die FPD hinterfragt aktuell ihre Rolle in der Ampel. Dadurch wird die Kanzlerfrage wieder wichtig. Doch will Markus Söder (CSU) überhaupt und was spricht für ihn? Einerseits führt der bayerische Ministerpräsident in diversen Umfragen. Seine Beliebtheitswerte liegen klar vor Friedrich Merz (CDU). Andererseits wird von Seiten der Opposition viel an dem bayerischen Landesvater aus Franken rumgemäkelt: Riesen-Osterei hier, Genderverbot da. Gegenteilige Migrationspolitik zum Bund und das auf eigene Faust. Mal grün, mal knallhart konservativ. Und immer kritisch mit der Ampel. Letzteres vermutlich ein Grund für Söders Erfolg.

Über seine Chinareise, als erster Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes seit Ende der Corona-Pandemie, bei der Markus Söder sich womöglich als großer Staatsmann inszenieren wollte, lassen sich Sandra Maischberger und ihr Experten-Gremium aus den Journalisten Jörg Pilawa (Sat.1), Dagmar Rosenfeld (Welt am Sonntag) und Markus Feldenkirchen (Spiegel) entsprechend lange aus. Doch vorher bekommt noch kurz Bundeskanzler Olaf Scholz sein Fett weg. Der hat seit gestern einen eigenen TikTok-Account. Möchte aber nicht tanzen. Spiegel-Journalist Feldenkirchen empfiehlt dem Kanzler ein “Praktikum in der Bayerischen Staatskanzlei. Dort sitz jemand, der nicht so mit den ganzen Sachen fremdelt wie er.” 

“Chinesischer Premier ist eine ganz andere Nummer”: Welt-Journalistin Rosenfeld erlaubt sich Spitze gegen Söder

Dann wird die Runde wieder Ernst. Sandra Maischberger zitiert den SPD-Politiker Michael Roth, der Söder “Größenwahn im Stile Ludwig II.” vorwirft und fragt, ob das gerechtfertigte Kritik ist. “Welt am Sonntag”-Chefin Dagmar Rosenfeld kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen: “Söder hat gesagt, es sei ein Treffen auf Augenhöhe. Das ist ein wenig übertrieben”, antwortet sie. Bayerischer Ministerpräsident klinge wie “der tollste Job der Welt, wenn man Söder zuhört, aber der chinesische Premierminister ist da schon eine ganz andere Nummer.” Feldenkrichen lacht. Die “Welt am Sonntag”-Chefredakteurin lobt allerdings Söders pragmatische Maxime “Realpolitik statt Moralpolitk” mit der er Annalena Baerbock kritisiert. Außenpolitisch hätte Söder aber nicht immer den richtigen Riecher, so Rosenfeld. 

“Können aber nicht nur allein in Niederbayern BMW oder Audi verkaufen”: Söder rechtfertigt seine China-Reise

Der bayerische Ministerpräsident wird von Maischberger als Erstes mit seinen China-Fotos von Instagram und TikTok konfrontiert. Nach Bildern von gebratenen Hühnerfüßen und Entenzungen (“Haben Sie die gegessen?” “Nein, aber ich hab’s ja fotografiert.”) hält sie ihm seine Panda-Fotos vor. Sowas sei typisch für Urlauber, aber ein Ministerpräsident würde damit chinesische Propaganda unterstützen, lautet der Vorwurf. “Das ist ja Quatsch!”, antwortet Söder. Er habe wichtig Gespräche unter anderem mit dem Handelsminister geführt, um für die bayerische Wirtschaft zu werben. “Ich hab mich übrigens mit Olaf Scholz abgesprochen. Wir haben das gleiche Ziel. Wir wollen das Risiko minimieren und die Situation für Deutschland verbessern”, erzählt Söder. Bayern habe tolle Automobilfirmen, “die können aber nicht nur allein in Niederbayern BMW oder Audi verkaufen.”

Sprachen viel über China: Markus Söder (CSU) und Sandra Maischberger
Sprachen viel über China: Markus Söder (CSU) und Sandra Maischberger
© ARD
Sprachen viel über China: Markus Söder (CSU) und Sandra Maischberger

von ARD

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“Man könnte ja mal an sich arbeiten”: Söder macht Witz über Journalisten

Es folgt ein längerer Hickhack zum Thema Menschenrechte, bei dem Sandra Maischberger Söder stellenweise kaum ausreden lässt. Der revanchiert sich, indem er sie ebenfalls nicht ausreden lässt. Sein Vorgänger Horst Seehofer habe Dissidenten getroffen, erklärt Maischberger und fragt, ob er das Thema überhaupt angesprochen habe. “Wir haben den Fokus in erster Linie auf Wirtschaft gelegt. Angesprochen haben wir es schon.” Es sei aber nicht so, dass die Chinesen etwas automatisch änderten, wenn man es anspricht, so Söder. Maischberger kritisiert, dass Söder es nicht öffentlich angesprochen habe. Der CSU-Chef verzieht das Gesicht leicht verärgert: “Ich hab es hinterher öffentlich gemacht”, antwortet er nachdrücklich. “Dort sind die Dinge anders. Da gab es keine gemeinsamen Pressekonferenzen.” Der Franke erlaubt sich ein kleinen Seitenhieb: In China würden Journalisten nach jeder Frage applaudieren. “Hier passiert das natürlich nicht. Man könnte ja mal an sich arbeiten”, sagt der frühere Journalist Söder scherzhaft.

“Bin kein Missionar oder NGO-Vertreter”: Söder verteidigt seine Realpolitik

Man müsse bei ernsten Dingen wie Menschenrechten einfach im Gespräch bleiben. Auch wenn es erst nichts bringe, würde das irgendwann wirken. “Wir sind nicht allein die Welt und ich bin kein Missionar und kein NGO-Vertreter und ich muss auch schauen, dass ich die Interessen Deutschlands und die Interessen Bayerns vertrete.” Ein kaum merklicher Anspielung auf die feministische Außenpolitik von Annalena Baerbock. Sofort konfrontiert ihn die Moderatorin mit einem TV-Ausschnitt, in dem Merkel China bei einem dortigen Staatsbesuch kritisiert. “Geht doch!”, sagt sie triumphierend zu Markus Söder. Der CSU-Politiker wiederholt ruhig, dass es in diesem Fall nicht möglich gewesen sei, weil kein chinesischer Regierungsvertreter auf seiner Konferenz war. Er habe es aber angesprochen: “Was genau haben Sie gefordert?”, hakt Maischberger mehrfach nach. “Ich habe den genauen Wortlaut nicht so genau da”, verteidigt sich Söder und zitiert dem  indischen Premierminister Narendra Modi. Modi habe ihm auf der Münchener Sicherheitskonferenz bei einer Unterhaltung über den Ukrainekrieg gesagt: “Ihr Europäer müsst lernen, dass eure Probleme nicht mehr automatisch die Probleme der Welt sind. Und die Probleme der Welt nichts mit euch zu tun haben.” Insbesondere Deutschland käme mit seinem ständigen moralisieren nicht immer überall in der Welt gut an.

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“Ist das ein Seitenhieb gegen Annalena Baerbock?”, fragt Maischberger. “Nein!”

“Ist das ein Seitenhieb gegen Annalena Baerbock?”, fragt Maischberger. “Nein!”, antwortet Söder etwas zu lammfromm. Ein paar Zuschauer klatschen belustigt. Baerbock könne den chinesischen Präsidenten einen Diktator nennen, meint der bayerische Ministerpräsident: “Der Eindruck ist bei Frau Baerbock schon, dass die moralischen Dinge mehr im Vordergrund stehen. Das kann sie machen, besonders als ehemalige Grünen-Vorsitzende, ob es im Interesse von Deutschland ist, weiß ich nicht”, meint Söder. Maischberger spielt darauf einen kurzen Clip vor, in dem Altbundeskanzler Gerhard Schröder Baerbock auf ähnliche Weise kritisiert und rückt Söder so in die Nähe eines Putin-Freundes. “Ist komisch nicht?”, sagt sie leicht säuerlich.

Aber Sie sind ja nicht der Kanzler. Noch nicht zumindest!” “Schade eigentlich”, sagt Söder leise.

Als Söder China als “echtes kommunistische System, wie wir sie früher erlebt haben” statt als Diktatur bezeichnet, wird die Moderatorin erneut aggressiver in der Gesprächsführung: “Aber hat die CSU nicht kommunistische Systeme früher immer kritisiert.” Söder versucht zu antworten, nach mehreren Unterbrechungen schafft er es: “Ich habe mich schon immer gefragt, warum wir in Deutschland Weltmeister im Wortklauben, aber nicht mehr in der Produktion sind.” Wieder klatsch das Publikum. Er wäre gespannt, was der Kanzler zu Xi Jinping sagen würde. Maischberger kontert hart: “Aber Sie sind ja nicht der Kanzler. Noch nicht zumindest!” Wieder Applaus. “Schade eigentlich”, sagt Söder leise. Zur Wirtschaft und “Wandel durch Handel” erklärt er nüchtern, dass es nicht möglich ist, nur mit Partnern, die gleich denken, zu handeln.

“Habe festgestellt, dass Sie seit neustem kein Bayern-Gen mehr in sich tragen”: Maischberger lästert über das Genderverbot

“Ich habe festgestellt, dass Sie seit neustem kein Bayern-Gen mehr in sich tragen”, leitet Maischberger zum Thema Innenpolitik über. “Haben Sie es bei mir gesucht?”, witzelt Söder. Die ARD-Moderatorin bleibt unbeeindruckt und konfrontiert ihn mit seiner Aussage, dass die  Grünen kein Bayern-Gen hätten, weil sie alles verbieten wollen. “Die eigentliche Verbotspartei ist die CSU”, so Maischberger. Natürlich meint sie das Genderverbot. “Gibt es gute Verbote?” Söder bleibt gelassen: “Ja klar! Mord und Todschlag wird verboten”, sagt der Nürnberger. “Und das Gendern auch?”, fragt Maischberger. Es könne jeder mit oder ohne Sternchen sprechen, wie er wolle und sich dabei verschlucken, antwortet Söder, aber da Mehrheit es ablehne, habe Bayern es in Behörden und Institutionen verboten.

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“So wie die drauf ist, legalisieren die das auch noch”: Söder kritisiert Drogenpolitik der Ampel

“Die Mehrheit der Leute ist auch für eine Tempolimit”, wirft die Moderatorin  ein. “Sie haben heut tolle Bezüge”, meint Söder genervt und kommt vom Autofahren schnell zu Cannabis-Legalisierung (“Nach Pisa ist das die Superstrategie.”). Natürlich vergleicht Sandra Maischberger den Cannabiskonsum sofort mit Alkoholkonsum: “Nirgendwo wird so viel Bier getrunken, wie in Bayern.” Söder fühlt sich verpflichtet, dieses Bayern-Klischee sofort zu widerlegen. Er selbst trinke fast keinen Alkohol: “Alkohol zu verbieten ist gesellschaftlich schwierig, aber das Argument kann doch nicht sein, dann erlaub ich auch Cannabis. Da müsste man ja auch Kokain erlauben. Und so wie unsere Bundesregierung drauf ist, legalisieren die das auch noch vor der nächsten Wahl”, schimpft er.

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Zum Schluss gibt es noch eine kurze obligatorische  Runde zum Thema K-Frage. Die Talkshow-Moderatorin möchte wissen, was Markus Söder von Armin Laschet gelernt hat: “Da muss ich bis zur nächsten Sendung überlegen”, antwortet Söder. Maischberger bringt Schäubles Memoiren ins Spiel. Dank Schäuble wisse man nun, dass er bei der Kanzlerkandidatur einen Rückzieher gemacht hätte, behauptet sie. “Er hatte immer eine sehr einseitige Sicht auf die Partei”, kommentiert Söder. Ganz so sei nicht gewesen. Er sei gezwungen gewesen, zurückzuziehen, um einen Streit mit der Schwesterpartei zu verhindern.  “Mal schauen, wer’s beim nächsten Mal wird”, beendet Maischberger die Diskussion ohne weitere Nachfragen.





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