Mehrere Hubschrauber landeten auf der Autobahn, Krankenwagen rasten zur Unfallstelle: Auf der A9 bei Leipzig ist am Mittwoch ein Reisebus des Anbieters “Flixbus” schwer verunglückt. Laut Polizei kamen dabei fünf Menschen ums Leben. Zur Identität, Alter und Geschlecht wurden zunächst keine Angaben gemacht. Mehr als 20 Insassen sind verletzt worden. Der Bus war auf dem Weg von Berlin nach Zürich. An Bord waren nach Angaben des Unternehmens 53 Fahrgäste und zwei Fahrer.

Nach ersten Erkenntnissen kam der Doppelstockbus auf gerader Strecke zwischen der Anschlussstelle Wiedemar und dem Schkeuditzer Kreuz aus noch unbekannter Ursache von der Fahrbahn ab. Dann raste das Fahrzeug noch knapp 100 Meter über den Grünstreifen, walzte Gebüsche sowie kleinere Bäume nieder und stürzte schließlich auf die Seite. An dem Unfall war wohl kein anderes Fahrzeug beteiligt, so ein Polizeisprecher. Der Busfahrer, der am Steuer saß, sei nicht unter den Todesopfern. Nach Angaben von “Flixbus” wurden alle Lenk- und Ruhezeiten eingehalten.

Mithilfe von Gurten wurde der Bus am Mittag aufgerichtet, um weitere Insassen bergen zu können. Das Geschehen war durch mobile Sichtschutzwände abgezäunt. Die Autobahn wurde zeitweilig komplett gesperrt, in Richtung Berlin am frühen Nachmittag aber wieder freigegeben. In Richtung München bleibt sie vermutlich noch bis zum Abend gesperrt. Die Bergungsarbeiten könnten noch andauern, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa.

Ein Schwerverletzter auf der Intensivstation

Krankenhäuser in der Umgebung hatten sich für einen Großeinsatz gewappnet. Die Notaufnahme wurde alarmiert und es wurden Operationssäle sowie Diagnostikräume für eintreffende Patientinnen und Patienten vorbereitet, sagte ein Sprecher des Diakonissen-Krankenhauses in Leipzig. Am Uniklinikum Leipzig wurden elf Verletzte versorgt, darunter ein Schwerverletzter, wie ein Sprecher am Nachmittag mitteilte. Dieser werde auf der Intensivstation behandelt.

Solche Unfälle seien schockierend, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dem Nachrichtensender Welt. “Und jetzt geht es darum, dass die Sicherheitskräfte vor Ort die Sache aufklären müssen, dass den Menschen geholfen werden muss, die jetzt dringend Hilfe brauchen.”

Sachsen: Einsatzfahrzeuge und Rettungshubschrauber stehen auf der A 9 an der Unfallstelle.

Einsatzfahrzeuge und Rettungshubschrauber stehen auf der A 9 an der Unfallstelle.

(Foto: Jan Woitas/dpa)

Der Anbieter “Flixbus” zeigte sich nach dem Unfall schwer betroffen. “Unsere Gedanken sind bei allen von diesem Unfall Betroffenen und ihren Angehörigen”, sagte ein Firmensprecher. Man arbeite eng mit den örtlichen Behörden und den Rettungskräften vor Ort zusammen und setze alles daran, die Unfallursache schnell und lückenlos aufzuklären.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach den Hinterbliebenen der Toten sein Beileid aus. Zudem “hoffe ich, dass es den Verletzten schnell wieder besser geht”. Schuster dankte den Rettungskräften für ihren professionellen Einsatz. Er habe in den Gesichtern der Feuerwehrleute gesehen, “wie schwierig diese Szenen waren”.

Moderne Fernbusse besitzen gute Sicherheitsvorkehrungen

Das Unglück wirft Sicherheitsfragen auf, auch wenn Johannes Hübner, Sicherheitsexperte beim Internationalen Bustouristik-Verband (RDA), betont, dass der Unfall bei Leipzig der erste schwere Fernbusunfall im Jahr 2024 gewesen sei. Statistiken des RDA zeigten, dass der Reisebus als Verkehrsmittel seit der Corona-Pandemie noch einmal an Sicherheit gewonnen hätte, so Hübner.

Das liege auch daran, dass die Sicherheitsvorkehrungen an Reisebussen kürzlich noch einmal stark erhöht wurden. Nachdem alle neuen Busse vor gut fünf Jahren mit Spurhaltemechanismen ausgestattet wurden, verfügen sie seit diesem Jahr auch über Notbremsassistenten. Dazu kommen Kameras, die den Fahrern eine bessere Sicht auf den Verkehr ermöglichen sollen. Da es sich beim verunfallten Bus um ein neues Modell gehandelt habe, sei davon auszugehen, dass er mit den nötigen technischen Hilfsmittel ausgestattet war.

Warum es dennoch zu dem Unfall kam, wird jetzt zu klären sein. Eine weitere Verbesserung der Sicherheit sei laut Hübner definitiv möglich, beispielsweise indem noch stärker für das Anlegen des Beckengurtes sensibilisiert werde. Wie Hübner sagt, seien die Busfahrer gerade in neuen Bussen des Anbieters “Flixbus” dazu verpflichtet, nach jeder Haltestelle ein Video abzuspielen, das die Gäste über das Anschnallen informiert. In der Praxis finde eine solche Einweisung allerdings oft nicht statt.

Abseits der Sicherheit an und im Bus wünscht sich der RDA-Experte, dass der Fokus auf ein größeres Verkehrssicherheitsproblem gerichtet wird. Für die Schwere des Unglücks am Autobahnkreuz Wiedemar macht er unter anderem die ungesicherte Fahrbahnabsenkung verantwortlich. “Wenn ich mir die Bilder anschaue, dann ist das eine fatale Unfallstelle, bei der es rechts eine Böschung gibt und keine Leitplanke”, so Hübner. Sobald ein Bus dort von der Fahrbahn abkomme, sei ein Unfall aufgrund der Höhe des Fahrzeugs nur schwer zu verhindern.



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