Kiel. Betroffene von Sturmfluten sollen künftig Geld aus einer bundesweit geplanten Pflichtversicherung gegen Elementarschäden erhalten. Darauf haben sich die Regierungschefs der Länder auf Initiative Schleswig-Holsteins verständigt. Ein entsprechender Passus soll nachträglich in den Leistungskatalog aufgenommen werden. Im Gegenzug könnten sich die Länder aus der Entschädigung von Hochwasseropfern zurückziehen.

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Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) spricht von einem echten Erfolg: „Die Jahrhundertflut im Oktober 2023 hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Menschen auch gegen diese Schäden versichert sind.“ Sehr zum Ärger der Länderchefs lässt aber ein entsprechender Regelungsvorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) seit einem Jahr auf sich warten. Das sei „mit Blick auf die jüngsten Schadensereignisse nicht hinnehmbar“.

FDP-Mann Kumbartzky bezeichnet Pflichtversicherung als Bürokratiemonster

Wie Buschmann fassen auch die Liberalen im Norden das Thema mit spitzen Fingern an. „Daniel Günther will sich mit der Schaffung einer Pflichtversicherung aus der Verantwortung stehlen und Kosten des Landes auf alle Menschen abwälzen – unabhängig davon, ob sie von Sturmfluten überhaupt betroffen sind“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky. Er bezeichnet die Versicherung als Bürokratiemonster.

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Nach der Jahrhundertflut hatte sich die Koalition aus CDU und Grünen auf einen Notkredit verständigt. Er soll im laufenden Jahr 154 Millionen Euro betragen. Eine Regierungssprecherin betont, dass Schäden „von einer versicherten Gemeinschaft“ getragen werden sollen, wenn Menschen aufgrund von Extremwetterlagen vor dem Ruin stehen. Eine breite, privatrechtliche Versicherungslösung würde die Bürokratie deutlich reduzieren.

Die meisten Fraktionen verweisen auf voranschreitenden Klimawandel

Beim Eigentümerverband Haus & Grund hält man dieses Argument für vorgeschoben. „In Wirklichkeit geht es doch darum: Der Staat will angesichts klammer Kassen Steuern sparen und die Kosten sozialisieren“, sagt Landeschef Alexander Blažek. Geeigneter wäre ein ausreichender Hochwasserschutz. „Dafür zahlen die Menschen hierzulande Steuern und Abgaben.“

Vertreter von CDU, Grünen, SPD und SSW mahnen aufgrund des voranschreitenden Klimawandels dagegen zur Eile und sprechen vom Solidarprinzip, das für ganz Deutschland gelten müsse. „Die von der Ostseesturmflut betroffenen Grundstückseigentümer wären heute froh, wenn es bereits vor der Katastrophe eine Pflichtversicherung gegeben hätte, die auch Sturmflutschäden abdeckt“, sagt CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch. Bisher sei ihnen das in gefährdeten Lagen verwehrt.

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Eine Wohngebäudeversicherung wird von Fachleuten zwar dringend empfohlen, ist aber bislang freiwillig. Der Bund der Gesamtversicherer warnt, dass die geforderten neuen Konditionen mancherorts zu unbezahlbaren Prämien führen könnten. Bisher besteht die Branche darauf, dass Besitzer von hochgefährdeten Gebäuden vor Vertragsabschluss risikomindernde Maßnahmen ergreifen. Das könnte man bei einer Pflichtversicherung nicht mehr einfordern.

KN



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