Sahra Wagenknecht zählt zu den bekanntesten Politikern der Republik – und zu den streitbarsten. Selbst in der
Partei „Die Linke“ wurde sie verehrt oder gehasst. Für Ihre Direktheit, Ihre Konsequenz und Unverblümtheit, aber auch für ihre Ruhe, die sie bei jeder noch so hitzigen Debatte bewahrte.
Wie beharrlich sie sein kann, hat sie bereits im zarten Alter von zwei Jahren bewiesen. Sie weigerte sich so vehement, in den Kinderhort zu gehen, bis ihre Mutter nachgab. Sahra konnte laut ihrer Mutter ein „kleiner Terrorist“ sein, wenn etwas nicht nach ihren Willen ging, gab Wagenknecht gegenüber der taz zu.
Sahra Wagenknecht über ihre Kindheit
- Wagenknecht wurde als Tochter einer Deutschen und eines Iraners am 16. Juli 1969 in Jena geboren. Die um die 1,75 Meter große Frau musste schon früh den Verlust ihres iranischen Vaters verkraften. Der Westberliner Student musste in seine Heimat zurückkehren – eine Trennung für immer.
- Die kleine Sahra war ein verschlossenes Kind. Ende der 1980er-Jahre durfte sie nicht studieren – trotz eines sehr guten Abiturs. Der Grund war ihre Verschlossenheit gegenüber dem Kollektiv, so die Begründung damals.
- Sie wurde in einen Sekretärinnenjob gesteckt, den sie nicht ausführen wollte. Erst nach der Wende durfte die ruhige Intellektuelle Philosophie und Neuere Deutsche Literatur in Jena, Berlin und Groningen studieren.
- Wagenknecht ist hochbegabt, hat als Kind wenig Freunde. Bereits als Vierjährige brachte sie sich das Lesen bei. Als junge Frau las sie die Werke von Marx, Hegel und Goethe – bis zu 15 Stunden am Tag.
Sahra Wagenknecht privat: Ihre Liebe zu Lafontaine und Joop
Wagenknecht war 16 Jahre lang mit dem Westdeutschen Ralph T. Niemeyer verheiratet, mit dem sie ein Haus in Irland besaß. 2014 heiratete sie ihren Politiker-Kollegen Oskar Lafontaine, über den sie in einem Interview mit der Gala gesagt hat: „Oskar ist mein bester Freund.“
Das Ehepaar liebt gutes Essen und Fahrradtouren, die über hundert Kilometer lang sein können. „Durch die Weinberge zu radeln oder an der Saarschleife und der Mosel, das ist wunderschön“, schwärmte Wagenknecht ungewohnt emotional gegenüber t-online.
Kinder hat die Politikerin keine. „Irgendwann war es leider zu spät. Und vorher ging es mir wie vermutlich vielen Frauen, die im Beruf sehr eingespannt sind: Man denkt, man hat noch viel Zeit“, so ihr Resümee im Interview mit t-online. Doch Zeit schreitet voran „und plötzlich stellt man fest: Es ist vorbei. Ich hätte gern ein Kind gehabt, diese Leerstelle bleibt“.
Mehr Zeit für Sahra: Wagenknechts Mann Oscar Lafontaine ist am 17. März 2022 aus der Linkspartei ausgetreten. Einen Tag zuvor hatte der Saarländer zudem seine politische Karriere beendet. Mit der Landtagswahl im Saarland am 27. März 2022 kehrt er nach mehr als 50 Jahren der aktiven Politik den Rücken.
Zu ihrem Freundeskreis zählt unter anderem ein prominenter Modedesigner: „Wolfgang Joop und ich haben viele Gemeinsamkeiten. Er schickt mir handschriftliche Briefe“, so Wagenknecht im Interview mit der Superillu. Kennengelernt haben sich beide bei einer Talkshow. „Die Begegnung mit Wolfgang Joop ist für mich wirklich eine Bereicherung.“
Frisuren-Thematik und Porsche-Debatten
Immer wieder ein beliebtes Thema ist Wagenknechts akkurat sitzende Frisur. Gegenüber der faz verriet sie, warum sie ihre schwarzen Haare nie offen trägt: „Weil ich mich dann mehrmals am Tag neu föhnen müsste […] im Politalltag finde ich es viel zu mühsam, mir morgens auch noch eine aufwendige Frisur zu föhnen – wo man eh so wenig Schlaf hat.“ Ihre markante Hochsteckfrisur trägt sie seit ihrem 16. Lebensjahr. „Aus dem Zopfalter war ich irgendwann raus, und dann hatte ich die Idee, einen französischen Zopf zu flechten und ihn hinten hochzuziehen“, erklärt die Politikerin im Interview.
- Immer wieder Thema waren in der Vergangenheit auch ihre schönen Beine. So titelte der Merkur 2011 etwas kitschig: „Im kurzen, schwarzen Kleid, die 42-Jährige lässig auf den Treppenstufen und gibt den Blick frei auf ihre schönen Beine – sie scheint von innen zu strahlen. So glücklich und entspannt lächeln kann nur eine verliebte Frau.“
- Im selben Jahr kam eine weitere, bizarre Debatte auf: Dürfen Links-Politiker Porsche fahren? „Ich habe keinen Führerschein und stehe deshalb nicht in der Versuchung, mir einen zu kaufen. Aber ich fand die Debatte absurd. Darf ein Linker Porsche fahren? Oder wie bei mir: Darf eine Linke Hummer essen?“, fragt Wagenknecht in der Morgenpost und schiebt eine Antwort gleich hinterher:
- „Inakzeptabel ist es, wenn ein Linker Hummer isst oder Porsche fährt und das Geld dafür dadurch erwirbt, dass er seine Überzeugungen verkauft. Etwa, weil er sich von der Finanzlobby aushalten lässt wie Riester oder von Energiekonzernen wie Schröder und Fischer.“
Sahra Wagenknechts politische Karriere
- Ihr Arbeitseifer hat sich ausgezahlt. Seit 2009 ist die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin Mitglied des Deutschen Bundestages, war 2004 bis 2009 Mitglied des Europaparlaments und bekleidete bis 2019 den Posten der Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei.
- Ihre politische Haltung ist rigoros. Immer wieder fordert Wagenknecht mehr soziale Gerechtigkeit. „Ich wünsche mir, dass unser Land wieder sozialer wird“, sagte sie gegenüber dem Playboy. Im selben Interview gab sie auch zu, dass Äußerlichkeiten in der Politik ebenfalls eine gewisse Rolle spielen.
- „Man muss Robert Habeck nicht mögen, aber er sieht nach Ansicht vieler gefällig aus. Das ist auch bei Männern ein Vorteil“, so die Politikerin und fügte nüchtern hinzu: „Wenn man sich etwa das Personal anguckt, das aktuell in der Bundesregierung sitzt, ich will da jetzt nicht persönlich werden – aber ich zumindest habe auf der Regierungsbank noch keinen Sex-Appeal entdeckt.“
- Offenheit und Ehrlichkeit lebt Wagenknecht auch bei ihrem Gehalt vor. Auf ihrer Internetseite ist ihre Abgeordnetenentschädigung angegeben, die aktuell bei 10.083,47 Euro im Monat liegt (Stand September 2020).
- Überraschend: Nach der US-Wahl 2020 brach Wagenknecht eine Lanze für Trump, Zitat: „Biden steht für alte Politik“
- 10. April 2021: Wagenknecht ist trotz heftiger innerparteilicher Kritik an ihrem
neuen Buch erneut zur Spitzenkandidatin der NRW-Linken für den Bundestag nominiert. - 26. September 2021: Wagenknecht hat nach dem Fiasko bei der Bundestagswahl den Kurs ihrer Partei kritisiert. Deshalb solle man jetzt eigene Fehler auch wirklich offen eingestehen und diskutieren.
- 03. November 2021: Die Linken-Bundestagsabgeordnete Wagenknecht sieht sich in der Diskussion um Corona-Impfungen auch durch Kritiker in der eigenen Partei diffamiert. Wagenknecht sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ): „Es sind immer die gleichen Leute, die mich schon seit Jahren bekämpfen und jetzt versuchen, mich öffentlich als Impfgegnerin zu diffamieren. Das ist völlig absurd.“
- Die frühere Fraktionschefin hatte in der Talksendung „Anne Will“ gesagt, sie lasse sich nicht gegen das Coronavirus impfen, weil sie kein Vertrauen in die bislang zugelassenen Impfstoffe habe. Daraufhin waren auch etliche Linkenpolitiker auf Distanz gegangen. Sie stehe dem Impfen nicht skeptisch gegenüber, erklärte Wagenknecht, „aber ich habe Bedenken angesichts völlig neuartiger genetischer Impfstoffe, deren Langzeitfolgen aktuell niemand kennt“.
-
12. November 2021: Wagenknecht hat ihre Aussagen zur Corona-Impfung verteidigt. Sie sehe sich nicht als Corona-Leugnerin, teilte sie dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ auf Anfrage mit. „Ich halte es für unverantwortlich, die Gefahren von Covid-19 zu leugnen. Weltweit sind Millionen Menschen daran gestorben“, schrieb Wagenknecht. Sie weise nur darauf hin, dass der Impfstoff neuartig und schwer einzuschätzen sei.
- 25. November 2021: Wagenknecht zitiert Top-Virologen auf Twitter – Lauterbach ist außer sich (Video)
- 26. November 2021: Der Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP manifestiert nach den Worten Wagenknechts „Blockade statt Fortschritt“. Sie sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Statt die wachsende gesellschaftliche Ungleichheit durch eine gerechte Steuerreform mit einer deutlichen Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen zu begrenzen, kündigt die Ampel für Arbeitnehmer und Rentner neue Zumutungen durch höhere Pflegebeiträge und weniger Rentenerhöhungen an.“
- 2G Plus im Bundestag im Januar 2022: Ungeimpfte Wagenknecht wettert gegen neue Corona-Regel
- 25. Januar 2022: Wagenknecht: „Deutsche Politik hat sich bei der Impfpflicht verrannt“
- 26. Januar 2022: Die weiterhin ungeimpfte Wagenknecht hat sich mit Corona infiziert.
- 24. Februar 2022: Wagenknecht gibt zu, sich in Putin geirrt zu haben (Video)
- Identitätskrise der Linken – Gregor Gysi rechnet hart mit Wagenknecht ab
- 21. Oktober 2022: Wagenknecht nennt Grüne im Video „gefährlichste Partei“
- Auf FOCUS Online können Sie Wagenknechts Meinung lesen. Hier finden Sie: Weitergedacht – Die Wagenknecht-Kolumne
- 10. Februar 2023: Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer haben in einem gemeinsamen Manifest für Frieden vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs gewarnt.
- 03. März 2023: Wagenknecht will nicht mehr für die Linke kandidieren
- 06. März 2023: In einem Punkt ist Wagenknecht „besser als fast alle anderen Politiker“, sagt ein Kommunikationsexperte
- 10. September 2023: Wagenknecht will ihre eigene Partei gründen- und nennt vier Kernpunkte
- 23.Oktober 2023: Sahra Wagenknecht verkündet offiziell die Gründung ihrer eigenen Partei und kommt direkt auf 12 Prozent in Umfragen
Dass Wagenknecht politisch aktiv ist, wissen wir. Um auch junge Menschen zu erreichen, betreibt sie sogar einen eigenen YouTube-Kanal. Die Abonnenten-Zahl beläuft sich im Oktober 2022 auf knapp 580.000.