Berlin. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich erneut gegen Kritik an seinen Äußerungen zu einem „Einfrieren“ des Ukraine-Kriegs gewehrt. „Ich bin kein Russlandversteher, auch wenn es manche gebetsmühlenartig wiederholen“, sagte Mützenich der „Süddeutschen Zeitung“. „Wer mir unterstellt, ich stellte Diplomatie über das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine, versteht meine Worte absichtlich falsch.“

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Mützenich räumte ein, zurzeit deute nichts darauf hin, dass Russlands Präsident Wladimir Putin bereit sei, „von sich aus die Gewalt zu stoppen, geschweige denn zu Gesprächen“. „Trotzdem sollten wir nicht in dem Versuch nachlassen, ihn dazu zu bewegen.“ Chancen müsse man erarbeiten und am besten nicht anderen überlassen. Er fügte aber hinzu, auch er habe nicht den „Schlüssel für eine Lösung“.

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Fraktionsübergreifend scharfe Kritik

Der SPD-Fraktionschef hatte in einer Bundestags-Debatte über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gefragt: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“ Dafür war er von der Union, aber auch aus den Reihen der Koalitionspartner Grüne und FDP scharf kritisiert worden. Auch SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius distanzierte sich: „Es würde am Ende nur Putin helfen“, sagte er.

Mützenich widersprach in dem Interview der Frage, ob der Begriff Einfrieren nicht bedeutet, dass die Ukraine die von Russland besetzten Landesteile aufgeben soll. „Der Begriff ‚Einfrieren‘ bedeutet ja gerade, dass nichts endgültig entschieden ist. Sondern, dass man erst einmal verhandelt.“

dpatopbilder epa04170019 Crimean people watch a TV broadcast with Russian President Vladimir Putin speaking during his annual call-in live broadcast, on the seafront in Sevastopol, Crimea, 17 April 2014. The decision to send tanks and combat aircraft to eastern Ukraine is another serious crime committed by the authorities in Kiev, Putin said. He called on the Ukrainian government to engage in 'real dialogue' with its Russian-speaking population, adding that the deployment of 'military planes and tanks' would not solve the crisis in eastern Ukraine. In his televized call-in show Putin said that Kiev's decision to curb the protests in the eastern region of Donetsk with military force was a 'crime.' EPA/ANTON PEDKO ++

„Der Westen hat dem Treiben Russlands zu lange tatenlos zugeschaut“

Mit einem Duma-Beschluss wurde die russische Annexion der Krim am 20. März 2014 offiziell. Vorausgegangen waren die Pro-Europa-Demonstrationen auf dem Maidan in Kiew und die Gründung separatistischer Republiken im Osten der Ukraine. Der Westen schaute den Entwicklungen untätig zu – aus Trägheit und Bequemlichkeit, sagt Historiker Tim Geiger.

Mützenich will Chinas Einfluss auf Putin nutzen

Es gebe Beispiele für eingefrorene Konflikte – Mützenich nannte Korea, Südossetien und Zypern. Auf den Einwand, dass sich in Korea oder Zypern harte Grenzen manifestiert hätten, erwiderte er: Diese seien weder international anerkannt, noch gebe es einen Friedensvertrag. „Die Ukraine behält natürlich auch dann unsere volle Unterstützung bei der Wiederherstellung ihrer nationalen Souveränität und territorialen Integrität.“

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Mützenich spekulierte, ob China möglicherweise in Zukunft Druck auf Russland ausüben könnte. „China hat sicher den größten Einfluss auf Putin und hat dem Aggressor ja auch bereits zu verstehen gegeben, dass mit Atomwaffen nicht gedroht werden sollte und dass sie auch nicht zum Einsatz kommen dürfen“, sagte er. Derzeit habe China noch ein Interesse daran, den Ukraine-Krieg laufen zu lassen, weil dies die USA in der hegemonialen Auseinandersetzung mit Peking binde. „Aber vielleicht hat China nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen irgendwann wieder ein Interesse an größerer Stabilität in Europa. Und diesen Augenblick zu nutzen und darauf vorbereitet zu sein, das ist auch die Kunst der Diplomatie.“

RND/dpa



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