Athen. Normalerweise sind die Techniker des 355. Geschwaders der griechischen Luftstreitkräfte auf dem Stützpunkt Eleusis bei Athen um diese Jahreszeit noch damit beschäftigt, ihre Canadair-Löschflugzeuge für die kommende Waldbrandsaison zu warten. Aber jetzt müssen die Maschinen schnell in die Luft. Denn viel früher als gewöhnlich flammen in Griechenland die ersten Brände auf. Zwölf waren es im vergangenen Monat, acht davon zwischen dem 29. und 31. März.

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Was kommt auf das Land in diesem Sommer zu? Die Wettermodelle lassen keine präzise Prognose für lange Zeiträume zu, sagte Kostas Kartalis, Professor für Meteorologie an der Universität Athen, jetzt der Zeitung „Kathimerini“. Aber ein Trend sei erkennbar: Nach einer Analyse des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECWMF) werden die Durchschnittstemperaturen im östlichen Mittelmeer im kommenden Sommer etwa um 0,5 bis 1,5 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1993 bis 2016 liegen. Das ECWMF ist ein unabhängiges internationales Forschungsinstitut, das von 35 Ländern getragen wird. Es veröffentlicht globale Wettervorhersagen für bis zu zwölf Monate. Nach den Analysen des Instituts sei nicht auszuschließen, dass der kommende Sommer noch heißer werde als der vergangene, sagt Kartalis.

Temperaturen schon wieder über 30 Grad

2023 meldete Griechenland reihenweise Wetterextreme: Es war das heißeste und trockenste Jahr seit 1991. Die Wassertemperaturen stiegen auf den höchsten Stand seit über 20 Jahren. In Athen fiel das Thermometer für 300 Stunden am Stück nicht unter 30 Grad. Das Hoch „Cerberus“ bescherte dem Land im Juli die längste Hitzewelle seit Menschengedenken. Sie dauerte 15 Tage. In Athen stieg das Thermometer auf 45,4 Grad, in Gythio auf der Halbinsel Peloponnes wurden 46,4 Grad gemessen.

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Die Monate September bis Dezember waren die wärmsten seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts. Auch dieser März war in Griechenland einer der wärmsten seit Menschengedenken. Örtlich wurden Temperaturen von 30 Grad gemessen, zwölf Grad mehr als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Der April begann im mittelgriechischen Livadia mit 31 Grad.

Die Waldbrände der vergangenen Tage wecken schlimme Erinnerungen und böse Vorahnungen. Im vergangenen Jahr führten die extreme Hitze und Trockenheit zu zahlreichen verheerenden Bränden. Besonders schlimm traf es die Ferieninsel Rhodos. Dort gingen im Juli über 17.000 Hektar Wald- und Buschland sowie landwirtschaftliche Flächen in Flammen auf. Fast 12 Prozent der Fläche der Insel wurden eingeäschert. 19.000 Einwohnerinnen, Einwohner, Touristinnen und Touristen mussten evakuiert werden. 2000 Menschen wurden von den Stränden mit Booten in Sicherheit gebracht, weil die Flammen alle Fluchtwege abgeschnitten hatten. Auch auf der Insel Korfu mussten Tausende Touristinnen und Touristen vor den Bränden fliehen.

Einen Monat später brach ein großer Waldbrand im Nationalpark Dadia in Nordostgriechenland aus. Tagelang kämpften die Feuerwehren vergeblich gegen die Flammen. Nach Satellitenbildern des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus war es der größte je beobachtete Waldbrand auf europäischem Boden. Insgesamt verbrannten in Griechenland vergangenes Jahr 175.000 Hektar Land. Das war das Vierfache des Durchschnitts der Jahre 2006 bis 2022.

Erst Hitze, dann die Sintflut

Im mittelgriechischen Thessalien folgten auf die wochenlangen Hitzewellen im September mit dem Sturmtief „Daniel“ die schwersten Niederschläge seit Menschengedenken. Innerhalb von 72 Stunden fielen örtlich über 1000 Millimeter Regen. Der Deutsche Wetterdienst sprach von einer „Sintflut“. Noch heute, über sechs Monate später, stehen in Thessalien ganze Landstriche unter Wasser. Tausende Landwirtinnen und Landwirte habe alles verloren: Haus und Hof, Herden, Felder und Maschinen.

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Auch wenn die Flut in Thessalien laut Deutschem Wetterdienst „außerhalb der bekannten Erwartungswerte und Wiederkehrzeiten“ liegt, sich also so bald nicht wiederholen werde, bestätigt sie den Trend zu häufigeren Extremwetterlagen. In Athen hat sich die Zahl der Tage mit mehr als 39 Grad Höchsttemperatur in den vergangenen 50 Jahren versiebenfacht. Der Meteorologe Kostas Kartalis erwartet, dass sich der Trend in der Zukunft fortsetzt: „Wir werden mehr und längere Hitzewellen haben.“ Eine Studie der griechischen Zentralbank prognostiziert bis 2050 eine Zunahme der Hitzewellen um weitere zehn bis 15 Tage pro Jahr. Bis 2100 könnte es sogar 30 bis 50 mehr Hitzetage geben.



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