Die Nato investiert knapp 1,5 Billionen Euro in Verteidigung, so viel wie nie zuvor. Davon können Posten für Bildung, Infrastruktur oder Klimaschutz nur träumen.

Ein Kampfjet unter Polarlichtern.

Britisches Kampfflugzeuge vom Typ F-35B Lightning auf dem Flugdeck eines Flugzeugträgers während der Nato-Übung Steadfast Defender Foto: Lphot Belinda Alker/dpa

Es sind bittere Zeiten, wenn die Freude über Investitionen in Waffen und Militär die Schlagzeilen dominiert. Rund 1,5 Billionen Euro, schätzt die Nato, könnten bis Ende des Jahres bei den Mitgliedern des Militärbündnisses zusammenkommen. Von der größten Steigerung seit Jahrzehnten spricht Noch-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Von solchen Investitionen können die Posten für Soziales, Bildung, Infrastruktur oder Klimaschutz in den Ländern nur träumen. In Zeiten von Krieg mitten in Europa ist dies wohl eine Art Realitätscheck, welche Prioritäten die Staaten setzen.

Und diese wappnen sich mittelfristig gegen die anhaltende russische Aggression. Ein Ende der Bombardierung ukrainischen Territoriums ist nämlich nicht in Sicht. Stattdessen wird die hybride Kriegsführung sichtbarer, mit Angriffen auf die baltischen Staaten und Polen. Georgien oder Moldau sind ohnehin im Visier des Diktators und wollen sich hinter das Bollwerk Nato ­stellen.

Die höheren Investitionen sind eine Selbstvergewisserung in der Unterstützung für die Ukraine – und eine Präventivmaßnahme für den Fall Trump. Zieht er wieder ins Weiße Haus ein, wird vieles ungewiss, worauf die Staaten sich in den vergangenen 2,5 Jahren verlassen konnten: Solidarität mit der Ukrai­ne, Initiativen für Luftabwehr und Munition, Geld. Natürlich waren und sind Absprachen und Beratungen sperrig und langwierig. Doch immerhin gibt es ein gemeinsames Ziel. Mit einem US-Präsidenten Trump drohen dagegen wilde Debatten und jede Menge unberechenbarer Entscheidungen.

Aber: Es sind Schätzungen und Ankündigungen, die Stoltenberg stolz anpreist. In etlichen Nato-Staaten gibt es derzeit politische Turbulenzen und harte Debatten über die nationalen Haushalte. In Frankreich, Großbritannien, Italien, auch in Deutschland wird gerungen um die Budgets. Auch wenn die politische Gemengelage vielfältig und jeweils komplex ist, ist eines sicher: Der Zugzwang, unter dem die Staats- und Re­gie­rungs­che­f:in­nen stehen, wird auch die zuverlässigen Ukraine-Hilfen in Bedrängnis bringen.



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