Russische Behörden haben nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen
(RSF)
in diesem Monat sechs Journalisten
festgenommen. Unter den Festgenommenen ist demnach auch die Journalistin
Antonina Faworskaja, die jahrelang über die Verfahren gegen den im Februar verstorbenen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny berichtete.

Der russischen Menschenrechtsorganisation OWD-Info zufolge wird Faworskaja vorgeworfen, sich an
einer “extremistischen Organisation” beteiligt zu haben, weil sie Beiträge auf den Social-Media-Kanälen von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung veröffentlicht haben soll. Faworskaja hatte
Nawalnys Gerichtsanhörungen begleitet und auch das letzte Video von ihm
vor seinem Tod angefertigt.

Zwei weitere Journalistinnen,
Alexandra Astachowa und Anastassia Mussatowa, seien ebenfalls
vorübergehend festgenommen worden, nachdem sie Faworskaja in dem
Haftzentrum, in dem sie festgehalten wird, besucht hätten, berichtete
RSF. Ihre Wohnungen seien durchsucht worden, dabei sei
auch Ausrüstung beschlagnahmt worden. 

Schläge und Androhung von Gewalt

Ekaterina Anikjewitsch
von der russischen Nachrichtenseite SOTAvision und Konstantin Jarow vom
Medium RusNews seien festgenommen worden, als sie von der Durchsuchung
von Faworskajas Wohnung berichtet hätten. Jarow sei von Polizisten
geschlagen, mit sexueller Gewalt bedroht und in ein Krankenhaus gebracht
worden, teilte RSF mit. Jarow werde “Ungehorsam” gegenüber der Polizei
vorgeworfen, ihm drohten 15 Tage Gefängnis.

In Ufa, 1.300
Kilometer östlich von Moskau, nahmen die russischen Behörden am Mittwoch
Olga Komlewa fest, eine Reporterin von RusNews. Auch ihr wird nach
RSF-Angaben Extremismus und eine Zusammenarbeit mit Nawalny und seiner
Organisation vorgeworfen.

Nawalnys Sprecherin Kyra Jarmysch
sagte, Faworskaja habe nichts auf den Plattformen von dessen Stiftung
veröffentlicht. Sie legte nahe, dass die russischen Behörden die
Journalistin festgenommen hätten, weil sie ihren Job gemacht
habe. “Welch Finsternis”, schrieb Jarmysch auf X.

Kampf gegen unabhängige Berichterstattung

Auf der jährlich veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von RFS belegte Russland im vergangenen Jahr den 164. von insgesamt 180 Plätzen.
Unabhängige Berichterstattung werde in Russland, auch infolge des
Ukrainekrieges, inzwischen fast vollständig unterdrückt, schrieb die Organisation in ihrem Jahresbericht.

Nach dem Überfall auf die Ukraine hatte das russische Parlament im Eilverfahren mehrere Gesetze erlassen, die die Pressefreiheit drastisch einschränken. Verboten ist Journalisten seither jede Berichterstattung über das Militär, die von der Version des russischen Verteidigungsministeriums abweicht. Wer sich auf Quellen außerhalb der staatlichen Propaganda stützt, verbreitet demnach Falschmeldungen. 

Bereits nach der Annexion Krim 2014 hatten sich die Arbeitsbedingungen für Journalisten laufend verschlechtert. 2019 hatte der russische Staatschef Wladimir Putin auch die Überwachung ausländischer Journalisten und Bloggerinnen in Russland verschärft.



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