Bei der Präsidentschaftswahl im Senegal hat sich wenige Stunden nach
Schließen der Wahllokale ein deutlicher Vorsprung für
Oppositionskandidat Bassirou Diomaye Faye abgezeichnet. Obwohl am
Sonntagabend keine Ergebnisse zentral verkündet wurden, zeigten von
Beobachtern und Medien veröffentlichte Auszählungen aus etwa der Hälfte
der Wahllokale überwiegend den 43-jährigen Faye vorn. Straßen in der
Hauptstadt Dakar füllten sich daraufhin mit jubelnden Anhängern.

Die Wahl
ist richtungsweisend für das westafrikanische Land mit seinen rund 18
Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Es geht um die Nachfolge des seit 2012 regierenden
Macky Sall
. Dessen als Nachfolger nominierter Ex-Premierminister Amadou Ba (62) landet nach ersten Auszählungen auf dem zweiten Platz. Erhält
kein Kandidat im ersten Durchgang mehr als 50 Prozent der Stimmen, gibt es eine
Stichwahl. Insgesamt traten 19 Kandidaten an.

Vor der Wahl
hatte es eine wochenlange politische Krise gegeben. Sall hatte zwar nach
politischem Druck auf eine Kandidatur für eine umstrittene dritte
Amtszeit verzichtet, aber dann die für den 25. Februar angesetzte
Präsidentenwahl am 3. Februar überraschend abgesagt, weil es
Unstimmigkeiten wegen der Zulassung der Kandidaten gegeben hatte. Nach
Protesten mit vier Toten und wochenlangem Tauziehen zwischen den
Institutionen fand die Wahl schließlich mit rund einem Monat Verspätung
statt. Registriert waren gut 7,3 Millionen Wähler. Über den Ausgang entscheiden vor allem junge Menschen: Etwa
75 Prozent der senegalesischen Wählerinnen und Wähler sind unter 35
Jahre alt. Das offizielle
Ergebnis wird im Laufe der kommenden Woche erwartet.

Entlassung aus der Haft zehn Tage vor der Wahl

Faye trat
für das Lager des Oppositionsführers Ousmane Sonko und dessen aufgelöste
Partei Afrikanische Patrioten Senegals Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit
(Pastef) an. Der vor allem bei jungen Senegalesen als Elitenkritiker
und Korruptionsbekämpfer verehrte Sonko durfte wegen einer Verurteilung
in einem Verleumdungsprozess nicht selbst antreten. Sonko und Faye waren erst zehn Tage vor der Präsidentschaftswahl aus dem Gefängnis entlassen worden. Der seit Juli 2023 inhaftierte Sonko war von der Wahl ausgeschlossen worden. Stattdessen trat sein Stellvertreter Faye an, der seit April 2023 in Haft war. Ihm wurden Richterbeleidigung, Verleumdung und Gefährdung des öffentlichen Friedens zur Last gelegt, nachdem er das Vorgehen der Justiz gegen Sonko kritisiert hatte.

Macky Sall darf nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren. Sall wird
für Erfolge in der wirtschaftlichen Entwicklung in dem Land gelobt, in
dem in diesem Jahr die Förderung von Öl und Gas beginnen soll.
Menschenrechtler kritisieren aber die Einschränkung politischer
Freiheiten während seiner Amtszeit.

Senegal galt lange Zeit als eine der stabilsten Demokratien Westafrikas. Seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich
1960 hat das Land anders als andere Staaten der Region keinen Umsturz oder
Militärputsch erlebt.



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