Tausende Menschen sind nach Angaben von Mitstreitern des im Februar in Haft gestorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny dessen Aufruf gefolgt, sich am dritten Tag der russischen Präsidentschaftswahl um 12 Uhr Ortszeit vor Wahllokalen anzustellen. Wie das Nawalny-Team in einem Livestream auf Youtube zeigte, standen in mehreren russischen Städten Menschen um die angekündigte Ortszeit Schlange vor Wahllokalen.

Wie das unabhängige russische Exilmedium Meduza berichtete, kam es etwa in Nowosibirsk zu größeren Schlangen vor Wahllokalen. Die Stadtverwaltung erklärte die Schlangen demnach mit angeblichen “zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen”, die den Wahlvorgang verlangsamten. Sie seien nötig, weil es in den vergangenen Tagen zu Störungsversuchen der dreitägigen Wahl gekommen sei. Mehrere Menschen waren festgenommen worden, weil sie beispielsweise Tinte in Wahlurnen gossen.

Dem Nawalny-Team zufolge standen vor einem Wahllokal in Jekaterinburg Hunderte Menschen an. Laut einem weiteren Meduza-Bericht bildeten sich schon vor 12 Uhr in Moskau größere Ansammlungen als bei früheren Wahlen. 

Justizbehörde droht Protestteilnehmern mit Haftstrafen

Zu der Aktion mit dem Namen “Mittag gegen Putin” hatte Nawalny kurz vor seinem Tod in einem russischen Straflager am 16. Februar aufgerufen. Zahlreiche Exiloppositionelle unterstützten den Aufruf. Die Aktion soll russischen Wahlberechtigten ermöglichen, mit dem zeitgleichen Erscheinen Präsenz zu zeigen und dadurch auf legalem Weg gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu protestieren.   

Ob sich bei dem Vorgehen aber tatsächlich nicht gefährden, ist nicht sicher. So warnte Moskaus Staatsanwaltschaft am Donnerstag vor der Teilnahme an der Aktion. Sie habe das Ziel, den Wahlvorgang zu behindern, teilte sie mit. Die Behörde verwies auf einen Paragrafen des russischen Strafrechts, demzufolge für die Behinderung des Wahlvorgangs Haftstrafen von bis zu fünf Jahren drohen.

Großer Andrang vor russischen Botschaften im Ausland

Größere Menschenmengen gab es am letzten Wahltag vor allem vor russischen Botschaften und Konsulaten im Ausland. Das unabhängige russische Investigativmedium Agentstwo veröffentlichte Videos von Hunderte Meter langen Schlangen in der usbekischen Hauptstadt Taschkent, Armeniens Hauptstadt Jerewan und den kasachischen Metropolen Astana und Almaty. Auch vor der russischen Botschaft in Berlin kam es demnach zu einer langen Schlange.

Inwiefern es sich bei den teilnehmenden Wahlberechtigten um Protestierende handelt, ist allerdings schwer einzuschätzen. Auch bei früheren Wahlen war es vor ausländischen Botschaften und Konsulaten oft zu großem Andrang gekommen. Die Unterbesetzung der Auslandsvertretungen dürfte vor allem in EU-Ländern durch die Verkleinerung des diplomatischen Personals nach Beginn des Krieges in der Ukraine verschärft worden sein.



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