Bei der Präsidentenwahl in Russland und den besetzten Gebieten in der Ukraine liegen inzwischen erste Zahlen zur Wahlbeteiligung vor. Laut der russischen Wahlleitung sei der Wert aus dem Jahr 2018 – er hatte damals bei 67,54 Prozent gelegen – um kurz vor Mittag überschritten worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Zwei Stunden später gab Wahlleiterin Ella Pamfilowa die Wahlbeteiligung mit rund 70,8 Prozent an. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, auch weil keine unabhängigen Wahlbeobachterinnen und -beobachter vor Ort sind.

Die Wahl in Russland ist weder frei noch fair. Dass Wladimir Putin als Sieger aus ihr hervorgehen und seine fünfte Amtszeit antreten wird, gilt als gesichert. Dies liegt unter anderem daran, dass die Wahlbehörde seines Landes keine aussichtsreichen Gegenkandidaten zugelassen hatte. Obwohl damit das Ergebnis weitestgehend feststeht, dürfte insbesondere die Höhe der Wahlbeteiligung ein wichtiger Wert für das Regime sein. Fällt diese hoch aus, könnte Putin versuchen, die Zustimmung zu sich und zum Krieg gegen die Ukraine international zu legitimieren.

Firmen sollen Mitarbeiter zur Stimmabgabe gedrängt haben

Um möglichst viele Menschen zur Stimmabgabe zu bewegen, hatte der Staat mehrere Maßnahmen getroffen. So können die Russinnen und Russen erstmals drei Tage lang abstimmen. Zudem sollen Staatsbetriebe ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu drängen, an der Wahl teilzunehmen. Hunderte Unternehmen posteten Fotos in den sozialen Netzwerken, auf denen ihre Belegschaft vor dem Wahllokal zu sehen ist. Auf Videos war außerdem zu sehen, wie Menschen
in Bussen zu Abstimmungsorten gefahren wurden.

Zusätzlich stimmten Millionen Menschen – Berichten zufolge, teilweise auf behördlichen Druck – online ab. Laut der Wahlkommission in Moskau nutzten 7,74 Millionen bis 11.00 Uhr die Online-Abstimmung, was knapp sieben Prozent der Wahlbeteiligung entsprach. Kritiker merkten an, das Online-Verfahren sei leicht manipulierbar. Auch gab es Zweifel über die Anzahl jener Menschen, die laut russischen Angaben wahlberechtigt sind.

Offenbar mehr als 70 Menschen festgenommen

Im Verlauf der Präsidentschaftswahl gab es vereinzelte Protestaktionen. Für den Sonntag hatte das Nawalny-Team zudem aufgerufen, sich um zwölf Uhr Mittag an den Wahllokalen anzustellen. Bilder und Videos zeigen zum “Mittag gegen Putin” lange Schlangen an den Einrichtungen in Russland und vor russischen Botschaften im Ausland. Laut OWD-Info nahmen Einsatzkräfte im Land dabei mehrere Menschen fest. Die Organisation zählte 74 Festnahmen – vor allem in den Großstädten Kasan, Moskau und St. Petersburg.

Zu der Präsidentschaftswahl sind neben Putin drei Gegenkandidaten zugelassen. Sie alle stammen von Parteien, die Putin unterstützt und im Wahlkampf keine Kritik am Präsidenten geübt hatten. Noch nie hatte es bei einer Wahl in Russland weniger Gegenkandidaten gegeben. Die Stimmabgabe endet am Sonntagabend mit der Schließung der letzten Wahllokale um 19.00 Uhr in Kaliningrad.



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